Kreis Steinfurt. Wie steht es um die Bildungs- und Berufschancen von Frauen mit Migrationshintergrund und welche Erfahrungen macht diese Gruppe im deutschen Bildungssystem und bei der Arbeitssuche? Diese Fragen standen im Mittelpunkt der 18. Fachkonferenz „Zuwanderung, Aufenthalt, Integration“ zu der das Kommunale Integrationszentrum (KI) des Kreises Steinfurt jetzt rund 80 Akteure aus Politik, Kommunen, Behörden, Institutionen, Verbänden und Migrantenorganisationen im Steinfurter Kreishaus begrüßte.
Zunächst gab Oliver Klöpper, Leiter der Ausländerbehörde des Kreises Steinfurt, einen Einblick in Zahlen, Daten und Fakten rund um (neu-)zugewanderte Frauen und Männer im Kreis Steinfurt. „Frauen mit Migrationshintergrund nehmen häufig Ausbildungen in klassischen Frauenberufen auf“, erklärte Klöpper eine Auswertung der von der Ausländerbehörde erteilten Ausbildungsduldungen.
Prof. Dr. Schahrzad Farrokhzad von der Technischen Hochschule Köln zeigte im Anschluss auf, dass Frauen mit und ohne Migrationshintergrund im Vergleich zur jeweils männlichen Gruppe bildungserfolgreicher sind, davon jedoch beim Einstieg in Führungspositionen und in Form von höheren Einkommen nur wenig profitieren. Für Frauen mit Migrationshintergrund ist der Zugang zur Ausbildung teilweise bereits aufgrund des „ausländischen“ Namens erschwert und die Anerkennung von Bildungs- und Berufsabschlüssen ist oft schwierig. Auch sind sie seltener erwerbstätig und haben ein deutlich höheres Armutsrisiko im Vergleich zu Frauen ohne Migrationshintergrund.
Farrokhzad empfahl daher unter anderem Schulungsformate, die den Blick auf die Lebenssituationen und Potenziale von Frauen mit Migrationshintergrund schärfen. „Die Bemühungen, die Teilhabe am Arbeitsmarkt speziell von Frauen mit Migrationshintergrund auszubauen, sind in den letzten Jahren sichtbar gestiegen und auch im Schulsystem sind Verbesserungen in Bezug auf die soziale und migrationsbedingte Selektivität des Schulsystems erkennbar. Es bleibt aber noch viel zu tun“, resümierte die Expertin.
Im Anschluss an den Vortrag stellten Kerstin Jung vom Caritasverband Rheine und Trainerin Karin Kastner das Mädchenprojekt „Aazaadeh“ vor, das das Kommunale Integrationszentrum finanziell unterstützt. Das Projekt setzt sich präventiv gegen sexualisierte Gewalt ein und versucht junge Frauen aus Syrien, Indien, Sri Lanka, Angola, Deutschland und der Mongolei gezielt zu stärken, sich mutig in neuen Dingen auszuprobieren und Hilfenetze vor Ort kennenzulernen.
Als ein Höhepunkt der Veranstaltung gaben mit Wiam Abu-Tair, Mariya Lorke und Yasemin Örlü Köksal drei Frauen mit Migrationshintergrund Einblick in ihre eigenen Erfahrungen im Bildungssystem und bei der Arbeitssuche. Die Interviewten berichteten dabei unter anderem von nicht wertgeschätzter Mehrsprachigkeit in Kitas und Schulen und dem Bedarf interkultureller Sensibilisierung aller Akteure im Bildungssystem. Besonders wichtig sei es auch, dass Mütter eine Vorbildfunktion für ihre Kinder übernehmen und hierfür entsprechende Unterstützungsangebote erhalten. „Je gebildeter die Mutter, umso gebildeter die Kinder“, berichtete Köksal von ihren Erfahrungen. Den Wunsch nach einem gesellschaftlichen Wandel und einer stärkeren Akzeptanz von Unterschieden teilten alle drei.
„Das KI wird die interkulturelle Sensibilisierung der Bildungs- und Arbeitsmarktakteure auch zukünftig unterstützen und ausbauen,“ sicherte Lilli Schmidt, Leiterin des Kommunalen Integrationszentrums Kreis Steinfurt, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zum Abschluss zu.