11. Dezember 2018
#Kreis Viersen#
Landrat Dr. Andreas Coenen hat auf den offenen Brief der Firma Reterra zum Projekt des Bioabfallverbandes Niederrhein zum Neubau einer Bioabfallbehandlungsanlage in einem ebenfalls offenen Brief geantwortet. Den genauen Wortlaut finden Sie im Folgenden:
Viersen, 11. Dezember 2018
Bioabfallverwertung im Kreis Viersen
Ihr offener Brief vom 21.11.2018
Sehr geehrte Frau Junker,
Ihren offenen Brief vom 21.11.2018 zum Projekt des Bioabfallverband Niederrhein (BAVN) zum Neubau einer Bioabfallbehandlungsanlage mit vorgeschalteter Teilstromvergärungsanlage am Standort Asdonkshof in Kamp-Lintfort habe ich erhalten.
Ich finde es bemerkenswert, dass Sie es bevorzugen, die Form des offenen Briefes zu wählen, um Ihre Position in der Sache zu verbreiten, ehe Sie Ihre Sichtweise mit der Kreisverwaltung Viersen auf fachlicher Ebene diskutieren. Ich halte das nicht für einen guten Stil, jedenfalls ist es nicht Stil der Kreisverwaltung Viersen.
Trotzdem will ich auf einige Punkte Ihres Schreibens eingehen. So behaupten Sie, dass auf die Bürgerinnen und Bürger des Kreises Viersen – bezogen auf eine Vertragslaufzeit von 28 Jahren – eine Mehrbelastung von insgesamt ca. 25 Mio. € zukommen würde.
Dabei prognostizieren Sie für die dem BAVN entstehenden Kosten Preissteigerungen bis zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme (voraussichtlich Ende 2022) und vergleichen diese von Ihnen „nach oben“ gerechneten künftigen Kosten mit dem für den Kreis Viersen gültigen aktuellen Behandlungspreis (Stand 2018) für Bioabfall am Standort Viersen-Süchteln. Ihre Vorgehensweise, Preissteigerungen für die öffentliche Hand einzupreisen, für die Privatwirtschaft aber auszuschließen, sucht seinesgleichen.
Der BAVN hat die Kosten für die zu errichtende Bioabfallbehandlungsanlage am Standort Asdonkshof in Kamp-Lintfort seriös und solide kalkuliert. Selbstverständlich kommen zum Selbstkostenpreis von 79,53 Euro netto noch Kosten für Umschlag und Transport von etwa 20 Euro netto hinzu, die dem Kreistag Viersen auch jederzeit so transparent gemacht wurden.
Weiterhin gibt es bei einer Ausschreibung der Leistung der Bioabfallentsorgung für die kommunalen Mengen des Kreises Viersen bekanntlich keine Garantie, dass diese wieder mit einem Angebot für 83 Euro netto submittiert werden würde. Im Gegenteil: Der Kreis muss, realistisch betrachtet, damit rechnen, dass der Preis nach einer erneuten Ausschreibung steigt. So lagen die Kosten für die Entsorgung des Bioabfalls durch die EGN im Jahr 2016 noch bei rund 120 Euro netto pro Tonne. Im Jahr 2018 wurde dann ein Preis von 83 Euro netto pro Tonne aufgerufen. Daraus kann man den Schluss ziehen, dass die Entsorger EGN und Reterra (als Betreiber der Anlage in Viersen-Süchteln) allein im Jahr 2016 auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger im Kreis Viersen 1,3 Mio. Euro zusätzlich verdient haben.
In einem Punkt teile ich Ihre Auffassung. Der Kreis Viersen geht von einer ähnlichen Zahl von LKW-Fahrten nach Kamp-Lintfort aus, wie Sie es in Ihrem Schreiben darstellen. Sie beklagen die angeblich dadurch entstehenden Belastungen der Luft, der Umwelt und der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger im Kreis Viersen.
Bei 35.000 t anfallenden Bioabfall aus dem Kreis Viersen pro Jahr, einer durchschnittlichen Beladung eines LKW mit 22 t, einer Fahrtstrecke hin zum Asdonkshof und zurück von 92 km, einer Emission von 0,000063 t CO2-Äquivalente pro transportierter Tonne und LKW-km (Quelle: Well-to-Wheel-Treibhausgasemissionen in Anlehnung an DIN EN 16258) und insgesamt 1.590 Fahrten werden pro Jahr 202 t CO2-Äquivalente freigesetzt. Bei dieser Rechnung habe ich der Einfachheit halber nicht berücksichtigt, dass auf dem Rückweg vom Asdonkshof die LKW unbeladen sein werden und hierdurch weniger Kraftstoff als auf dem Hinweg verbraucht wird. Somit werden tatsächlich pro Jahr weniger als 202 t CO2-Äquivalente freigesetzt. Weiterhin ist damit zu rechnen, dass der durch die Bioabfalltransporte entstehende CO2-Ausstoß durch die technische Entwicklung bei den Fahrzeugantrieben in Zukunft erheblich reduziert wird.
Bei Ihrem Hinweis auf die Umweltbelastung durch die Bioabfalltransporte lassen Sie aber folgenden wesentlichen Umstand außer Acht: Am Standort Asdonkshof soll eine Bioabfallbehandlungsanlage mit vorgeschalteter Teilstromvergärung errichtet werden. Diese Behandlungstechnik ist am Standort Viersen-Süchteln nicht verfügbar. Somit bleibt die im Bioabfall enthaltene Energie, die als Wärme freigesetzt wird, an diesem Standort ungenutzt, wohingegen am Standort Asdonkshof sie bei der Vergärung gezielt zur Biogaserzeugung genutzt werden kann. Bei der kombinierten Behandlungsart am Standort Asdonkshof ist pro Tonne behandeltem Bioabfall von einer Klimagutschrift von 194 kg CO2-Äquivalenten auszugehen (Quelle: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – BMU). Daraus errechnet sich für den Kreis Viersen eine Klimagutschrift von 6.790 t CO2-Äquivalenten, nach Abzug der Transportemissionen mithin eine Gesamt-Gutschrift von 6.588 t CO2-Äquivalenten pro Jahr. Mit dem Bioabfallprojekt am Standort Asdonkshof leistet der Kreis Viersen also einen nennenswerten und nachhaltigen Beitrag zum Klimaschutz.
Der Bau einer Vergärungsanlage am Standort Viersen-Süchteln ist nicht möglich, weil dies auf der Basis des aktuellen Planungsrechts nicht genehmigungsfähig ist. Folglich dürfte Ihnen die Umsetzung Ihrer Idee, zu unveränderten Konditionen Ihre Anlage um eine Vergärungsanlage zu erweitern, nicht möglich sein.
Im Übrigen dürfte Ihnen bekannt sein, dass Absprachen über die Erbringung zukünftiger Leistungen vergaberechtswidrig sind und durch den Kreis Viersen selbstverständlich nicht getroffen werden.
Zu Ihrem Hinweis, dass bei Realisierung des Projektes des BAVN zukünftig Ihre am Standort Viersen-Süchteln beschäftigten Mitarbeiter „keine Sozialabgaben oder Einkommensteuer mehr ….. an die Kommunen des Kreises Viersen“ entrichten werden, möchte ich lediglich anmerken, dass die Kommunen in Deutschland von den Beschäftigten weder unmittelbar Einkommensteuerzahlungen noch Sozialabgaben erhalten, da sie nicht Träger der Sozialversicherung sind.
Abschließend verwahre ich mich nachdrücklich gegen Ihre Polemik auf Seite 2 im letzten Absatz Ihres Schreibens, sowohl meine Mitarbeiter als auch die Mitglieder des Kreistages würden, ohne Verantwortung zu übernehmen, dieses Projekt vorantreiben.
Die Mitglieder des Kreistages Viersen erhalten eine Kopie dieses Schreibens.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Andreas Coenen
Herausgeber:
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