Meldungsdatum: 20.06.2019
Vom 23. Juni (Eröffnung: 11.30 Uhr) bis 15. September wird im Kulturgeschichtlichen Museum des Museumsquartiers Osnabrück die Ausstellung „Das Vertraute Unbekannte“ mit Gemälden und Zeichnungen von Friedrich Einhoff präsentiert. Der Eintritt ist frei.
Der Mensch ist ein Rätsel. Unzählige Male am Tag blickt man Personen ins Gesicht und kann doch nicht erkennen, was in Ihnen vorgeht. Jeden Tag begibt der Mensch sich in Rollen, maskiert sein Wesen.
Friedrich Einhoffs (1936-2018) künstlerisches Interesse galt dem Menschenbild. Zeitlebens stand die menschliche Figur im Mittelpunkt, nicht um sie abzubilden, sondern nach ihr zu suchen und sie in einem langwierigen Prozess entstehen zu lassen. Wenn der Künstler mittels gebrochener Linien, aufgelöster Konturen oder ineinanderfließender Flächen das äußere Erscheinungsbild des Menschen auflöst, taucht in den Werken – gleich einer Erinnerung – das Innere auf: Zweifel, Offenheit und Verletzlichkeit menschlicher Existenz.
Rätselhaft erscheinen seine Figuren, wenn Umrisse verschwimmen, schorfige Flächen sich über Augen oder Nase ausbreiten, Schlieren Gesichter und Figuren verzerren, als würden sich die anthropomorphe Gestalt und ihre Oberfläche zersetzen. Diese „Figurenspuren“, wie Einhoff sie nennt, entstehen in einem künstlerischen Prozess des ständigen Befragens: des Auf- und Abtragens von Farbe, des Linienziehens und -löschens, des Abkratzens oder Abschmirgelns und Freilegens. Die Präparierung der Leinwand oder des Papiers mit ungewöhnlichen Materialien wie Asche, Sand oder Erde gibt den Werken eine haptische Qualität, eine fühl- und sichtbare Oberflächenstruktur: „... eine Bildhaut wachsen lassen durch Ertasten, Bedecken, Betreten, und Begreifen mit Farbe, Sand und Kohle. Aus der Unförmigkeit des Beginns entstehen Figuren als vertraute Unbekannte“ (Friedrich Einhoff).
In seiner Kindheit war es die existentielle Erfahrung von Gewalt, die seine Erinnerungen prägte. Seine Kinderaugen bezeugten eine Welt kriegsversehrter Körper und verwundeter Seelen. Die menschenverachtende Massenvernichtung im Nationalsozialismus war Realität, der sich nicht nur das Nachkriegsdeutschland zu stellen hatte. In einer Zeit, in der viele Künstler und Künstlerinnen sich der abstrakten Kunst zuwendeten, hielt Friedrich Einhoff konsequent an der Figur fest und fand Anregungen unter anderem bei Francis Bacon, Jean Dubuffet und Francisco de Goya wie auch bei Paula Modersohn-Becker oder Maria Lassnig.
Die Ausstellung zeigt mit einer Auswahl von circa 70 Werken – Gemälde und Zeichnungen – aus den verschiedenen Schaffensphasen des Künstlers eine umfassende Werkschau im Kulturgeschichtlichen Museum Osnabrück. In den Kabinetten laden Leihgaben aus der Hamburger Kunsthalle zu einer ruhigen, konzentrierten Betrachtung über die Themenfelder „Gruppe/Masse“ sowie „Individuum/Auflösung“ ein.
Im Oberlichtsaal lässt die kreative Hängung die Atelierwelt des Künstlers nachempfinden. Friedrich Einhoff kombinierte in seinem Atelier Werke zu Personenensembles, die sich gegenseitig beeinflussten. Zu Gruppen an der Wand, häufig ohne Rahmen oder auf dem Boden ausgelegt, konnten verschiedene Perspektiven eigenommen werden. Stand ein Bild längere Zeit im Atelier, nahm Einhoff es auch noch Jahre später wieder auf, um es zu verändern. „Das eigene Sehen verändert sich ja auch von Tag zu Tag, von Woche zu Woche, auch dem eigenen Bild gegenüber. Den endgültig fertigen Zustand eines Werks gibt es wahrscheinlich überhaupt nicht. Es gibt nur Versuche, sich einer Figurbildung anzunähern“ (Friedrich Einhoff).
Die Ausstellung ist eine Kooperation mit der Hamburger Kunsthalle.
Pressekontakt: Claudia Drecksträter | Öffentlichkeitsarbeit Museumquartier Osnabrück | Lotter Str. 1 | 49078 Osnabrück | Telefon 0541 323-4581 | E-Mail: dreckstraeter@osnabrueck.de
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