Braunschweig.
Den aktualisierten Planungsstand zum Thema Stadthallensanierung und Hotelneubau haben heute Erster Stadtrat Christian Geiger und Wirtschaftsdezernent Gerold Leppa dem Rat und den Medien vorgestellt. Dabei wurden auch weitere Details und erste Ansichten aus der in den vergangenen Monaten erarbeiteten Entwurfs- und Genehmigungsplanung vorgestellt. Diese ist die Grundlage für die Ausschreibung zur Vergabe des Gesamtprojekts an einen Totalunternehmer, die dem Rat zum Jahresende vorgelegt werden soll.
Ziel des Vorhabens ist die bauliche und insbesondere die technische Sanierung des zwischen 1962 und 1965 errichteten Multifunktionsgebäudes, damit die auch nach über 50 Jahren immer noch von einer guten Funktionalität, hoher Qualität von Gebäudestruktur, Akustik und Gestaltung sowie einer hervorragenden Lage geprägte Stadthalle weiter für hochwertige Veranstaltungen und Konzerte sowie Tagungen und Kongresse genutzt werden kann. Auf dem Gelände soll weiterhin ein Hotel von einem privaten Investor errichtet werden, um weitere Zimmerkapazitäten zu schaffen, Synergien zur Stadthalle zu nutzen und den Kongressstandort Braunschweig zu stärken.
Neben den sehr aufwändigen technischen Erneuerungen im gesamten Gebäude, nicht zuletzt im Großen Saal und Congress-Saal, stehen bei der Sanierung die Erweiterung mit zusätzlichen Räumen für den Seminar- und Tagungsbetrieb („Break-out-Räume“) im Bereich des heutigen Restaurants „Löwenkrone“, die optische Aufhellung des Foyers im Saalgeschoss sowie der verbesserte Brandschutz im Zentrum der geplanten Erneuerungen. Für einen derzeit in der Planung nicht vorgesehenen möglichen dritten Saal für Konzerte werden die technischen Voraussetzungen geschaffen. Eine spätere Umsetzung ist abhängig vom künftigen gesamtstädtischen Bedarf an Konzertsälen. Zudem werden an der Außenfassade alle Waschbetonplatten gereinigt, so dass das Gebäude eine zeitgemäße Anmutung erhält.
Erster Stadtrat Christian Geiger, in dessen Dezernat die Stadthallensanierung federführend geplant wird, verdeutlichte die Komplexität des Gesamtprojekts. Nach der Grundsatzentscheidung des Rates Ende 2017 habe die Verwaltung, begleitet von der Beratergesellschaft Partnerschaft Deutschland (PD) und deren Planerteam, das Vergabeverfahren für die Beauftragung eines Totalunternehmers vorbereitet, der das gesamte Projekt verantworten sowie nach Fertigstellung die gesamte Instandhaltung sowie Teile der Betriebsleistungen für 20 bis 25 Jahre übernehmen soll. Diese technische Planung sei jetzt im Grundsatz weitgehend abgeschlossen. Parallel dazu würden derzeit weitere Vergabeunterlagen erarbeitet, so Geiger.
In Vorbereitung all dessen waren in den vergangenen Monaten eine Vielzahl von Prüfungen und intensive Beratungen und Abstimmungen zu komplexen technischen und organisatorischen Fragen nötig. Die stadtinterne Projektgruppe hat über 150 Mal getagt. Die jetzt vorliegende Entwurfsplanung umfasse allein etwa 600 Pläne, hob der Dezernent hervor. Einige Beispiele verdeutlichen dies: Ein Großteil des Sanierungsvorhabens betrifft Installationen und Leitungen, die sich in Wänden und hinter den im gesamten Gebäude zu erhaltenden Teakholz-Verkleidungen befinden, und nur schwer freizulegen und zu untersuchen sind. „Einen Großteil der Verbesserungen, die diese Sanierung leisten wird, wird man gar nicht sehen können. Und doch sind gerade diese Arbeiten unabdingbar für einen weiterhin zeitgemäßen Betrieb der Stadthalle.“
Eine zusätzliche Herausforderung: Im Februar 2018, also nach dem Grundsatzbeschluss des Rates, erklärte das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege die Stadthalle zum Baudenkmal, was die Ansprüche an die Sanierungsplanung noch einmal wesentlich erhöhte. Mit der Ausweisung zum Baudenkmal wurden zusätzliche Untersuchungen der Fassade und Akustikmessungen nötig. Die Waschbetonplatten der Fassade sind zu erhalten, ihre Aufhängung muss jedoch erneuert werden. Zahlreiche Anforderungen stiegen zudem durch die Denkmalschutzvorgaben, zum Beispiel bezüglich des Parketts im Foyer des Saalgeschosses, das zu erhalten oder optisch gleichwertig zu ersetzen ist, obwohl der Estrich darunter ausgetauscht werden muss.
Ein weiterer schwieriger Punkt war die Frage, ob die erforderliche Entfluchtung des Gebäudes in Form von neu zu errichtenden Außentreppen im Norden und Osten des Gebäudes gebaut werden soll, oder ob sie auch größtenteils innerhalb des Baus umgesetzt werden kann. Zum Zeitpunkt der Erstellung des Sanierungskonzepts und des Grundsatzbeschlusses des Rates zur Sanierung war man noch von Außentreppen ausgegangen. Nach umfangreichen Prüfungen, insbesondere unter Berücksichtigung des formalen Denkmalschutzstatus der Stadthalle, wird jetzt die zweite Variante umgesetzt. Dafür müssen noch Umplanungen erfolgen und in die Gesamtentwurfsplanung eingearbeitet werden.
Parallel zu den bautechnischen Untersuchungen und der Erarbeitung der Entwurfsplanung hat die Verwaltung in den vergangenen Monaten mit der PD ein Markterkundungsverfahren durchgeführt. Dabei ging es darum herauszufinden, unter welchen zeitlichen, organisatorischen und finanziellen Bedingungen ein möglicher Totalunternehmer in der Lage wäre, das Projekt umzusetzen. Dabei wurden 15 Unternehmen angeschrieben. Im Ergebnis wurde zudem festgestellt, dass die Bauzeit von bisher angenommenen 18 Monaten nicht ausreichen wird.
Die Verwaltung geht jetzt davon aus, dass vom Baustart (einschließlich viermonatiger Vorlaufzeit für den Totalunternehmer ab Vergabe) bis zur Wiedereröffnung mit bis zu 36 Monaten gerechnet werden muss. Kann der Auftrag an einen Totalunternehmer bis spätestens Ende 2020 vergeben werden, wäre mit der Wiedereröffnung bis spätestens Ende 2023 zu rechnen.
Dies hat neben der Komplexität des Vorhabens auch mit der Marktlage zu tun. Baufirmen sind derzeit aufgrund der Konjunktur außerordentlich nachgefragt, das wirkt sich auf Bauzeiten aus. Insofern wird das Jahr 2020 nach Einschätzung der Verwaltung benötigt, um den Totalunternehmer zu finden und zu beauftragen. „Ziel ist es, die bei einem solchem Vorhaben bestehenden Risiken für die Vergabephase und - bei erfolgreicher Vergabe - auch für die Bauphase durch eine gute Planung und realistische Rahmenbedingungen zu minimieren“, erläutert Erster Stadtrat Christian Geiger.
Aufgrund der Verschiebung wird es möglich, dass der Betrieb der Stadthalle bis mindestens Sommer 2020 fortgeführt werden kann und nicht bereits im April endet wie zunächst vorgesehen. Erste Veranstaltungen in diesem Zeitraum sind bereits verbindlich gebucht. Es wird von der Stadthallengesellschaft gemeinsam mit den zuständigen städtischen Stellen und dem Planerteam noch geprüft, in welchem Zeitraum und in welchem Umfang der Veranstaltungsbetrieb darüber hinaus fortgeführt werden kann. Im Vordergrund steht dabei die technisch reibungslose Veranstaltungsdurchführung.
Dass das Vergabeverfahren erst Ende 2019 auf den Weg gebracht werden kann und damit etwa zehn Monate später als zunächst vorgesehen, hat mit den geschilderten komplexen Voruntersuchungen zu tun. Erster Stadtrat Geiger verdeutlichte, ihm sei bewusst, dass die Dauer der Sanierung nicht nur die Stadthallen-Geschäftsführung und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadthallen GmbH, sondern auch die Nutzer und Partner vor besondere Herausforderungen stelle. Das Staatstheater und weitere Nutzer der Stadthalle seien bereits informiert.
Das Staatstheater prüfe derzeit, ob es andere Ausweichmöglichkeiten für das Staatsorchester neben der Volkswagen-Halle gebe, so Geschäftsführer Stephan Lemke. „Wir bedauern die Verzögerungen und den voraussichtlich deutlich längeren Sanierungszeitraum, bitten jedoch um Verständnis, dass dies ein ausgesprochen anspruchsvolles Vorhaben ist, vielleicht das komplexeste Einzelprojekt einer Bestandssanierung, das wir als Stadtverwaltung derzeit selbst steuern, und wir auf einen wie leer gefegten Markt mit entsprechenden Risiken treffen“, ergänzt Projektleiter Markus Schlimme.
Die Kosten sind nach derzeitigem Planungsstand mit 59,4 Millionen Euro in der Größenordnung des Grundsatzbeschlusses (58,4 Millionen Euro). Nicht eingerechnet sind Kosten mögliche Veränderungen bezüglich der Entfluchtung sowie für eine umfangreiche Erneuerung von Entwässerungsleitungen auf dem Stadthallenareal. Abzuwarten bleibt, wie sich die angespannte Marktsituation auf die Baukosten auswirken wird. Die Verwaltung hat geprüft, ob für die Sanierung staatliche Fördermittel eingeworben werden könnten; dies ist jedoch nicht der Fall. Weitere Möglichkeiten zur Abschlussfinanzierung des Gesamtprojekts neben der bislang vorgesehenen Finanzierung über den Totalunternehmer und abschließender Forfaitierung mit Einredeverzicht werden noch einmal geprüft. Die Finanzierung während der Bauphase, die sogenannte Bauzwischenfinanzierung, soll über den Totalunternehmer erfolgen.
Neben der Sanierung des Stadthallengebäudes soll auch das Stadthallenumfeld wesentlich aufgewertet werden. Hierzu wird derzeit die Beauftragung einer städtebaulichen Studie vorbereitet.
Wirtschaftsdezernent Gerold Leppa erläuterte, auch die gemeinsamen Planungen mit der Volksbank Brawo bezüglich des Hotelneubaus seien vor diesem Hintergrund weiter konkretisiert worden. Die Volksbank als Investor stehe bereits mit möglichen künftigen Betreibern in Kontakt. Ein Gutachten im Auftrag der Volksbank habe zwischenzeitlich ergeben, dass eine einheitliche Zimmerkategorie von 3, 4 oder mehr Sternen nicht empfehlenswert sei. Statt dessen werde für die bis zu 180 Zimmer ein Hybridmodell aus Standardzimmern im mittleren Preisbereich und Komfortzimmern vorgesehen.
Das Hotel soll nicht mehr, wie ursprünglich vorgesehen, als Randbebauung direkt am Ring entstehen, sondern im rückwärtigen Bereich zum Friedhof hin, an der Leonhardstraße. Zum Ring hin entstünden so mit dem Abriss des Parkdecks Freiflächen, die ebenso wie das gesamte Gelände einschließlich der Flächen zwischen Stadthalle und künftigem Hotel neu gestaltet werden sollen. Dazu wird die Volksbank eine Konzeptstudie in Auftrag geben.
Durch den Bau einer Tiefgarage sollen rund 180 Parkplätze entstehen. Zusätzliche Parkplätze sollen auf dem Gelände des BraWo-Parks nachgewiesen werden.
Der Investor plant, das Hotel und die Außenanlagen parallel zur Wiedereröffnung der Stadthalle fertigzustellen. Nach Abschluss der Verhandlungen mit der Volksbank wird der Rat bezüglich des Grundstücksverkaufs an die Volksbank, der Tiefgarage und der Außenanlagen einen Entscheidungsvorschlag erhalten.