Meldungsdatum: 11.09.2019
Gewalt in Beziehungen ist keine Privatangelegenheit: Wenn Kinder ihre Eltern im Kampf als Opfer und als Täter erleben, so bleibt das nicht folgenlos für ihre Entwicklung, sie sind in jedem Alter erheblich belastet. Diese Erfahrung hinterlässt seelische Verletzungen. Gewalt zwischen Eltern gilt inzwischen als weitere anerkannte Form der Kindeswohlgefährdung. Die akuten Auswirkungen können unspezifisch sein wie Schlafstörungen, Schulschwierigkeiten, Entwicklungsverzögerungen, Aggressivität oder Ängstlichkeit.
Wichtige Erkenntnisse bietet die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). Die statistischen Daten sind stark davon abhängig, ob Gewalt in der Partnerschaft überhaupt angezeigt wird. In den vergangenen Jahren sind die Zahlen gestiegen. Zu mehr als 80 Prozent sind Frauen die Opfer, in den polizeilichen Kategorien Mord und Totschlag, Körperverletzung, Vergewaltigung, Bedrohung und Freiheitsberaubung.
1212 Straftaten stufte die Polizeiinspektion Osnabrück (Stadt und Landkreis Osnabrück) 2018 als „Häusliche Gewalt“ ein. In dieser Zahl sind 250 Fälle enthalten, bei denen Minderjährige direkt oder mittelbar betroffen waren. Darunter sind häufig Familien oder Partnerschaften mit mehr als einem Kind. Daher ist die Zahl der betroffenen Kinder deutlich höher (766 Minderjährige).
Grundsätzlich müssen die Kinder bei Partnerschaftsgewalt besonders in den Blick genommen werden. Die Eltern sind meist vollauf mit dem Streit beschäftigt, daher werden die Situation der Kinder und ihre Gefühlslage von den Eltern meist gar nicht wahrgenommen.
„Häufig glauben Eltern auch, die Kinder hätten die Gewalteskalation gar nicht mitbekommen und sie verneinen die Folgen, die sie für ihre Kinder hat“, sagt Wolfgang Ruthemeier, Leiter des Fachdienstes Familie - Sozialer Dienst bei der Stadt Osnabrück. Insofern brauchen die Mädchen und Jungen unbedingt Beachtung durch beteiligte Helfer und sie benötigen ungeteilte Zuwendung, das heißt das Gespräch sollte allein mit ihnen stattfinden. „Scham, Schuld und Angst belasten die Kinder.“ Allerdings sollten die Kinder auf keinen Fall ausgefragt werden, das beschämt sie noch mehr.
Wenn die Polizei sich mit dem Jugendamt in Verbindung gesetzt hat, findet zeitnah ein persönlicher Kontakt zum Opfer und den Kindern statt, auch um die aktuelle Situation für Hilfsangebote zu nutzen und eine Gefährdung zu prüfen. Erst im zweiten Schritt wird der Kontakt mit dem misshandelnden Partner aufgenommen.
In der Polizeiinspektion Osnabrück sind im Jahr 2018 vier Taten im Deliktsfeld versuchtes/vollendetes Tötungsdelikt in Zusammenhang mit häuslicher Gewalt bekannt geworden. In Osnabrück gibt es ein sogenanntes Fallmanagement zur Deeskalation bei häuslicher Gewalt in Bezug auf Hochrisikofälle. Die Vernetzungstreffen, zu denen die Polizeiinspektion Osnabrück einlädt, dienen der Verbesserung der Kooperation im Bereich Häuslicher Gewalt zum Schutz der Opfer.
Der Fachtag wurde organisiert vom Fachdienst Familie – Sozialer Dienst der Stadt Osnabrück in Kooperation mit dem Arbeitskreis Kinderschutz. Mit dabei: 160 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, darunter Fachkräfte der Jugend- und Gesundheitshilfe, Hebammen, Ärztinnen und Ärzte sowie Erzieherinnen und Erzieher in Krippen und Kitas, Schulen und Institutionen der offenen Jugendarbeit. Zudem nehmen Fachkräfte bei Polizei und Justiz aus der Stadt und Region Osnabrück teil. Es ist bereits der fünfte Fachtag zum Thema Kinderschutz, die Reihe war bisher überaus erfolgreich. Den Arbeitskreis gibt es jetzt seit elf Jahren.
Pressekontakt: Silke Brickwedde | Telefon 0541/323 2328 | E-Mail brickwedde@osnabrueck.de
Teilnehmer des Fachtages Kinderschutz: Wolfgang Ruthemeier, Leiter des Fachdienstes Familie - Sozialer Dienst bei der Stadt Osnabrück, Rita Alte-Bornholt; Kinderschutz-Koordinatorin der Stadt Osnabrück, Fachdienst Familie - Sozialer Dienst; Dr. med. Angelika Niemann-Pilatus, die Vorsitzende des Arbeitskreises Kinderschutz der Stadt Osnabrück sowie Maike Ahlrichs und Melanie Stolze von der Polizeiinspektion Osnabrück. Foto: Stadt Osnabrück, Silke Brickwedde
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