Meldungsdatum: 06.11.2019

Progromnacht 1938: "Es gab Neugierige satt und genug..."

Gedenkveranstaltung am Samstag, 9. Novembe 2019r, 19:30 Uhr, vor "Haus des Handwerks"

Zum stillen Gedenken an die den Juden in der Nacht vom 9./10. November 1938 zugefügten Verbrechen kommt die Bocholter Bevölkerung am Samstag, 9. November 2019, um 19:30 Uhr an der Gedenkstätte für die Synagoge vor dem Haus des Handwerks (Europaplatz 17) zusammen. Die stellvertretende Bürgermeisterin Elisabeth Kroesen hält die Gedenkrede. Schülerinnen und Schüler des Mariengymnasiums tragen musikalisch und mit Texten zum Gedenken bei.

Die „Bühne Pepperoni“ lädt um 20:30 Uhr in die Aula des St.-Josef-Gymnasiums unter dem Titel „Und weil der Mensch ein Mensch ist“ zum Gedenk-Konzert „Lager – Lieder – Widerstand“ mit  der international bekannten Gruppe „Die Grenzgänger“ ein.

"Der Südwall war schwarz von Menschen"

Die damals achtzehnjährige Maria Wolsing kann sich an die Nacht vom 9./10. November 1938 erinnern: „Es gab Neugierige satt und genug. Der  Südwall  war schwarz von Menschen.  In der Villa [Friede] lagen die zerschlagenen Einmachgläser etwa einen halben Meter hoch. Eine Frau, von der ich annahm, daß es Frau Friede war, sagte den SA-Männern, daß sie die Einmachgläser mitnehmen sollten. Doch die Männer trampelten weiter in den auf dem Boden liegenden Einmachgläsern herum. Niemand von den Vielen, die dort herumstanden, sagte den SA-Männern, daß sie mit den Zerstörungen aufhören sollten“.

Pogromnacht in Bocholt

Bocholter Nazis waren am Abend des 9. November 1938 zu einer Gedenkfeier für die „Opfer der Bewegung“ in das Schützenhaus befohlen worden. Dabei wurden sie wegen des Attentats von Herschel Grynszpan auf den Botschaftsbeamten vom Rath in Paris zu einer „Aktion gegen Juden“ aufgehetzt. Dann schickte man die in Gruppen eingeteilten Nazis zu den von Juden bewohnten Häusern und zur Synagoge. Den Männern wurden befohlen, die Fensterscheiben einzuwerfen, die Einrichtungen der Wohnungen zu zerstören und die Synagoge in Brand zu setzen. Auch über das Haus der Familie Max Friede im Südwall 7 (gegenüber der heutigen VHS) machte sich der Nazi-Mob her.

Heute stellt sich die Frage, wie die Bocholter Nazis und ihre Mitläufer derart aufgeputscht werden konnten, dass sie ihre jüdischen Nachbarn fast zu Tode ängstigten. War es Hass, Massensuggestion oder Angst, die nur in sehr wenigen Fällen das Einschreiten zugunsten der verfemten jüdischen Menschen ermöglichte? Es blieb übrigens für die Wenigen, die sich mutig vor ihre Nachbarn gestellt hatten, ohne Folgen.

 

Pressekontakt: Büro des Bürgermeisters, Presse- und Informationsdienst, Bruno Wansing, Telefon +49 2871 953-571, E-Mail: bruno.wansing@mail.bocholt.de


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Erinnerungskultur: Gedenktag am 9.11.

Am 9.11.1938 wurde die Synagoge in Bocholt vom Nazi-Mob in Brand gesetzt - Foto: Stadtarchiv Bocholt