Meldungsdatum: 28.11.2019

Celebration Factory

Ausstellung von Filip Markiewicz in der Kunsthalle Osnabrück

Die Kunsthalle Osnabrück präsentiert vom 29. November (Eröffnung: 19 Uhr) bis 2. Februar die Ausstellung „Celebration Factory“ mit Werken von Filip Markiewicz. Kuratiert wird die Ausstellung von Enrico Lunghi.

„Filme, Bücher, Theaterstücke haben einen Anfang und ein Ende, eine Ausstellung nicht“, sagt Filip Markiewicz, der für die Kunsthalle Osnabrück die vierte Auflage von „Celebration Factory“ entwickelt hat. 2017, im NN Contemporary Art im britischen Northampton, 2018 im Casino Luxembourg und Anfang 2019 im CCA Derry - Londonderry hatte Filip Markiewicz bereits die politischen wie moralischen Krisen Europas und der Welt auf stets unterschiedliche Weisen in Szene gesetzt, immer unter Bezugnahme ortsspezifischer Adaptionen. Nun lädt die Kunsthalle Osnabrück mit dem Ausstellungs- und Performance-Projekt „Filip Markiewicz: Celebration Factory“ dazu ein, in ein Universum von Zeichen und Bildern einzutauchen, das die Leere der aktuellen Diskurse greifbar machen soll.

Das sich fortschreibende Konzept des luxemburgischen Künstlers mit polnischer Herkunft beinhaltet mit jeder Neuauflage eine für den jeweiligen Ort neugeschriebene Performance. In Osnabrück umtanzt Joran*Yonis aka Pia Tabea Visse (*1992) nun farbige, vieldeutig fragmentierte, rostende Autoteile sowie ein verwahrlostes Klavier. Die Performance trägt den Titel „Weil ein Gemälde atmet, wenn man es anschaut, aber es stirbt, wenn man es fotografiert“ und bezieht sich auf ein Bild der Ausstellung. Die Videoperformance ist Teil der Ausstellung, ebenso wie die Installation aus Autowrackteilen, die während der Ausstellung den Witterungsbedingungen im Innenhof der Kunsthalle Osnabrück ausgesetzt sind. Sie findet während der Eröffnung statt, die am Freitag, 29. November, um 19 Uhr beginnt.

Im Chor des Kirchenschiffs der ehemaligen Dominikanerkirche hängt das jüngste Gemälde des Künstlers: ein Joker, der mit „Impeach“ überschrieben ist und in Vorbereitung der Osnabrücker Ausstellung entstanden ist. „Impeach“ (Anhörung) zeigt ein Porträt des Bösewichts „Joker“ aus dem Batman Universum aus der der gleichnamigen Neuverfilmung (2019) mit Joaquin Phoenix in der Hauptrolle. Das Ölgemälde ist wie ein Altarbild zentral im Chor angebracht und scheint den Betrachter zu sich hinzuziehen. Darüber hängen drei rote Flaggen auf der Höhe der Kirchenfenster, die als eine Art fiktives Logo aus den Sternen der Europa-Flagge und einem Kreuz in schwarz auf rotem Grund entstanden sind und der Szenographie eine mit der deutschen modernen Geschichte verbundene Bedeutsamkeit verleihen.

Auf die „Anhörung“ des Jokers läuft räumlich ein gelber „Catwalk“ zu, der am Ende der Ausstellung die Fußspuren des Publikums tragen und vermutlich seine Farbe verändert haben wird. „Celebration Factory“ schafft mit dem „Catwalk“ eine Bühne, auf der überdimensional große Banknoten das trügerische, obszöne Spektakel der Selbst-Repräsentation von Politik- und Wirtschaftsvertretern vorführen. Markiewicz macht das Publikum zu Mitspielerinnen und Mitspielern in einem Theaterstück, dessen Ende noch geschrieben werden muss, dessen Grundstimmung jedoch apokalyptisch scheint.

Im Chorkreuz des Kirchenschiffs schwebt – gleichsam als Menetekel - eine der beiden bedeutenden Leihgaben des „Bühnen Archiv Oskar Schlemmer“, mit dem die Kunsthalle Osnabrück kooperiert hat: die „Grosse Maske Riesenmarionette“ (1926). Neben dem Joker hängt das „Bauhaus Signet“ von Oskar Schlemmer aus dem Jahr 1923. Die beiden Leihgaben als historische Referenzen verleihen dem Projekt kulturhistorische Tiefe, ebenso wie die kubistischen Porträts auf der gegenüberliegenden Seite des Kirchenschiffs. Hier hat der Künstler Popikonen wie z.B. die US-Präsidententochter mit ihrem „Grinsen“ mit idealisierten Rembrandtporträts verschmolzen. Sie treten in einen vieldeutigen Dialog mit den anderen Exponaten, die auf Fragmenten von Baugerüsten oder einer unvollendeten Kunstmesse inszeniert sind. Bilder wie „Hashtag Depression“ deuten an, dass irgendetwas sehr Existenzielles die Zivilisationen beschleicht.

Mit dem Betreten der Ausstellung im Foyer der Kunsthalle wird das Publikum mit einer vieldeutigen Neoinstallation konfrontiert, die den Titel „Euphoric Union“ trägt. Sie ist 2018 entstanden und korrespondiert mit dem Brexit-Schlachtruf „We‘re Out!“ aus der „Daily Mail“. Die Ausstellung zieht das Publikum in die globalen Konflikte hinein, lässt keine Distanzen zu. Markiewicz schafft mit seinen Inszenierungen vieldeutige Abgründe, deren revolutionäre wie emanzipatorische Impulse in Illusionen zu versinken drohen. Endloser Konsum, aber auch die Kunstwelt selbst befördert das „Fake Fiktion“. Die Ausstellung kann also immer auch als Medien- und Institutionskritik gelesen werden, oder als ein Versuch, die Unmöglichkeit eines Auswegs zu beschreiben.

Das Publikum der Kunsthalle Osnabrück ist durch das Programm der vergangenen Jahre eingestimmt auf Provokation, politische Statements, gewagte Grenzgänge zwischen den Disziplinen. Markiewicz zeigt, wie eng Ereignisse, Themen und Personen, die das globale Zeitgeschehen bestimmen, medial verschaltet sind. Die collageartige, dekonstruktive und multimediale Produktionsweise des Künstlers verarbeitet Elemente aus Kunst-, Kultur- und Politikgeschichte und setzt sie wechselnden Bedeutungshorizonten aus, dekliniert die Leitmetapher „Celebration“ in ihren vielfältigen Brechungen und ironischen Lesarten.

Doch nicht alles ist Auflösung: „‘Celebration Factory‘ 2019/20 bezieht sich auf die Gelbwesten-Demonstrationen in Frankreich, die Demonstrationen in Hongkong - vielleicht nicht so sehr auf die Freitagsdemonstrationen und Jugendproteste“, sagt Filip Markiewicz während der Aufbauarbeiten. Das Projekt hat nicht die Absicht, eine flüchtige Form des politischen Aktivismus zu entwickeln, sondern schlägt eine quasi-surrealistische Sprache vor, die verschiedene Ausdrucksformen verschränkt und analysiert. Filip Markiewicz erforscht die Möglichkeiten einer künstlerischen Sprache, die das individuelle Bewusstsein für einen Widerstand gegen die „Herrschaft der Angst“ sensibilisiert. Dabei verliest er keine Lektionen und weckt auch keine vergeblichen Hoffnungen. Seine Sprache ist ein utopisches Streben, eine Antithese zur sklavischen und „mephistischen“ Haltung des „Business As Usual“.

Die Ausstellung wird gefördert durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur und unterstützt vom Verein der Freunde der Kunsthalle Osnabrück e.V., von Ableton, dem FOCUNA Fonds Culturel National Luxembourg und dem Bühnen Archiv Oskar Schlemmer. Co-Kuratorin und Co-Kurator sind Catherine Hemelryk und Kevin Muhlen.“Celebration Factory“ ist ein sich entwickelndes Ausstellungs- und Performance-Projekt, das zuerst im NN Contemporary Art Northampton (2016) gezeigt wurde, 2018 im Casino Luxembourg - Forum d’Art Contemporain und 2019 im CCA (Centre for Contemporary Art) Derry~Londonderry fortgesetzt wurde. Die Kunsthalle Osnabrück ist die vierte Station. 

Kunsthalle Osnabrück
Hasemauer 1
49074 Osnabrück
Tel. 0541/323-2190
www.kunsthalle.osnabrueck.de

Öffnungszeiten:
Dienstag: 13 bis 18 Uhr
Mittwoch bis Freitag: 11 bis 18 Uhr
am zweiten Donnerstag im Monat: 11 bis 20 Uhr
Samstag/Sonntag: 10 bis 18 Uhr

Pressekontakt: Verena Voigt PR | E-Mail: kontakt@verena-voigt-pr.de | Telefon +49 (0)163 191 16 69


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©  CCA Derry~Londonderry & Simon Mills
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Filip Markiewicz: “Fake Better”, Installationsansicht im Casino Luxembourg (Performer: Tania Soubry) 2019 © Filip Markiewicz


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©  CCA Derry~Londonderry & Simon Mills
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Filip Markiewicz: “Celebration Factory”, Installationsansicht, CCA Derry~Londonderry, 2019 © Filip Markiewicz


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©  CCA Derry~Londonderry & Simon Mills
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Markiewicz Celebration Factory Installation view 2019, Filip Markiewicz photo