Meldungsdatum: 12.02.2020
Die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen liefert Zahlen: „Fast jeden 3. Tag wird in Deutschland eine Frau ermordet. Jede vierte Frau wird mindestens einmal im Leben Opfer von körperlicher oder sexualisierter Gewalt. Etwa 600 versuchte Tötungen von Frauen und Mädchen gibt es pro Jahr“, heißt es.
Gewalt durch Männer gegen Frauen sei ein großes Problem in Deutschland: „Im Jahr 2018 wurden laut Bundeskriminalamt insgesamt 140.755 Menschen Opfer von Partnerschaftsgewalt. Davon waren 114.393 Opfer weiblich, 122 Frauen wurden getötet.“ Seit Beginn dieses Jahres seien bereits 24 Frauen in Deutschland von ihren (Ex)-Partnern oder Familienangehörigen getötet worden.
Täter = Männer?
Die Täter seien zumeist Männer, häufig Ehemänner, Partner, Ex-Partner oder Freunde. Frauen würden ermordet oder misshandelt, weil sie Frauen seien. „Sie werden ermordet oder misshandelt, weil Männer glauben, dass sie das Recht dazu haben. Sie werden ermordet oder misshandelt, weil sie ihr Recht auf ein eigenes Leben umsetzen. Frauen werden ermordet oder misshandelt, weil sie sich trennen wollen oder weil Männer ihren Frust, Hass und Wut an Frauen und Mädchen auslassen oder ihre Macht demonstrieren wollen“, schreibt die BAG kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen in einer Pressemeldung.
Das gelte für deutschstämmige Männer wie auch für Männer ausländischer Herkunft gleichermaßen und für alle sozialen Schichten.
Beziehungstat oder Femizid?
„Wer die Ermordung von Frauen als Beziehungstat, Familientragödie, Eifersuchtsdrama oder Ehrenmord bezeichnet, verharmlost die Morde und trägt dazu bei, den Grund für die Ermordung der Beziehung, der Familie oder der Herkunft zuzuschreiben und damit quasi zu entschuldigen“, meint Bocholts Gleichstellungsbeauftragte Astrid Schupp.
Das deutsche Strafrechtssystem unterscheide zwischen Mord und Totschlag. Morde an Frauen würden häufig als Totschlag eingestuft, also einer Tat aus niederen Beweggründen. „Der Mord an Frauen muss als das bezeichnet werden, was er ist: Femizid. Femizid bezeichnet die Ermordung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts. Und genau das ist auch in Deutschland der Fall“, so Schupp.
Kosten häuslicher Gewalt: 3,8 Milliarden Euro
Der Schaden und das Leid für Frauen, deren Kinder und Familien sei unermesslich. Der ökonomische Schaden der Gewalt an Frauen wird in Deutschland auf 3,8 Milliarden Euro jährlich beziffert (Studie BTU, Cottbus-Senftenberg). Dafür kommt die deutsche Gesellschaft auf, schreibt die BAG kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen.
Das Ausmaß geschlechtsspezifischer Gewalt an Frauen werde trotz der erschreckend hohen Zahl von Politik und Gesellschaft zu wenig ernst genommen oder verharmlost. Dabei sei es ein Phänomen, für das es Gründe gibt: tradierte Rollenmuster mit immer noch vorherrschenden männlichen Dominanz- und Besitzansprüchen.
Forderungen
Astrid Schupp, Bocholts Gleichstellungsbeauftragte: „Wir fordern ein angemessenes strafrechtliches Vorgehen gegen Femizide, eine verbesserte bundesweite Erhebung von Daten zu Gewalt an Frauen, um das Ausmaß und die Folgen von Häuslicher Gewalt deutlich zu machen. Wir fordern eine gründliche Erforschung von Gewaltpotentialen in Familie und Partnerschaft, um gezielt gegen Männergewalt vorgehen zu können, eine angemessene und institutionalisierte Förderung der Hilfsangebote für Opfer Häuslicher Gewalt. Wir fordern eine bundesweite Finanzierung von Täterarbeit und die richtige Benennung in der medialen Berichterstattung durch die Verwendung des Begriffs „Femizid“.“
Pressekontakt: Büro des Bürgermeisters, Pressesprecher Karsten Tersteegen, Telefon 0 28 71 95 33 27, E-Mail: karsten.tersteegen@mail.bocholt.de
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