Meldungsdatum: 03.03.2021

Landeshauptstadt und Universität ehren renommierten Forscher

Eike-von-Repgow-Preis für Prof. Roman Czaja

Der von der Landeshauptstadt Magdeburg und der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg gemeinsam gestiftete Eike-von-Repgow-Preis ist für das Jahr 2020 dem polnischen Rechtshistoriker Prof. Dr. hab. Roman Czaja verliehen worden. Stadt und Universität würdigen damit unter anderem seine Leistungen bei der Erforschung der mittelalterlichen Stadtgeschichte. Wegen der aktuellen Situation konnte der Preis nicht persönlich übergeben werden. Es ist aber geplant, Prof. Roman Czaja zu einem späteren Zeitpunkt nach Magdeburg einzuladen.

 

„Er erfüllt in hohem Maße den in der Zielsetzung des Preises formulierten Wunsch, die Verbindung Mitteldeutschlands mit anderen Teilen Europas, vor allem West- und Osteuropas zu erforschen“, hebt das Kuratorium in seiner Begründung hervor. „Sein akademischer Werdegang zeigt bereits sehr früh die Bereitschaft zur Aussöhnung und das Interesse an dem wissenschaftlichen Austausch mit der Forschung in Deutschland. Dieses Interesse an der grenzübergreifenden Zusammenarbeit hat er zuletzt auch durch seine intensive Mitarbeit an der Vorbereitung der Ausstellung „Faszination Stadt. Die Urbanisierung Europas im Mittelalter und das Magdeburger Recht“ als Mitglied des wissenschaftlichen Beirates, Beitragender der vorbereitenden Tagung sowie als Autor des Kataloges unter Beweis gestellt.“

 

Prof. Roman Czaja hat sich für den Preis bei der Landeshauptstadt und der Otto-von-Guericke-Universität ausführlich bedankt. In einer mehrseitigen Erwiderung schreibt er unter anderem: „Die Verleihung des Eike-von-Repgow Preises ist für mich eine sehr große Ehre. Ich freute mich sehr, dass in der Begründung meine grenzübergreifende Zusammenarbeit hervorgebracht wurde. In meinem Verständnis der wissenschaftlichen Arbeit eines Historikers spielt die Zusammenarbeit über nationale Grenzen hinweg eine grundlegende Rolle. Aufgrund meiner persönlichen Erfahrung kann ich bestätigen, dass Studium und Lehre im Ausland eine unabdingbare Voraussetzung für die Ausbildung eines Forschers sind.  Deswegen möchte ich mich bei der Verleihung des Eike-von-Repgow Preises bei meinen deutschen Lehrern und Freunden sehr herzlich bedanken.“

 

Sobald die Situation es zulässt, wird die Landeshauptstadt Magdeburg mit dem Eike-von-Repgow-Preisträger 2020 wieder Kontakt aufnehmen, um eine persönliche Begegnung zu vereinbaren.

 

Prof. Dr. Roman Czaja

- Studium der Geschichte an der Universität Toruń

- 1983: Erlangung des Titels eines Magister artium

- 1984-1991: wissenschaftlicher Assistent an der Universität Toruń

- 1988-1989: Promotionsstudium an der Universität Münster und dem Institut für

   vergleichende Städtegeschichte

- 1991: Promotion mit einer Arbeit zur Sozialtopographie der Stadt Elbing im Mittelalter

- 1984-1999: wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Geschichte der Universität

  Toruń

- 1999: Habilitation mit einer Habilitationsschrift zum Verhältnis der preußischen Städte

   zum Deutschen Orden im Mittelalter

 

- 2000: Berufung auf den Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte an der Universität

  Toruń

- 2000-2001 Stipendium der Alexander von Humboldt Stiftung an der Humboldt-

  Universität Berlin

- 2013-2014 Gastwissenschaftler an der Universität Hamburg

 

Prof. Roman Czaja ist Autor und Mitautor zahlreicher wissenschaftlicher Schriften und Publikationen.

 

Eike-von-Repgow-Preis

Der Eike-von-Repgow-Preis wird gemeinsam von der Landeshauptstadt Magdeburg und der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg verliehen. Die erste Verleihung fand 1998 statt. Seit dem Jahr 2004 wird der Preis im jährlichen Wechsel mit dem Eike-von-Repgow-Stipendium verliehen.

 

Im Vertrag über die Verleihung des Eike-von-Repgow-Preises heißt es unter anderem: „Die Vertragspartner wollen mit diesem Preis die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Geschichte und Kultur Mitteldeutschlands und des Gebiets der mittleren Elbe fördern sowie in Eike von Repgow eine bedeutende Persönlichkeit würdigen, die auf dem Boden Sachsen-Anhalts gewirkt hat. Zugleich soll der Preis an die Verbindung dieses Raums mit anderen Teilen Europas erinnern.“

„Der Preisträger soll sich entweder in seinem wissenschaftlichen oder literarischen Werk insbesondere mit der historischen Region Sachsen als Thema der Geschichte, der Rechtsgeschichte, der Germanistik oder der Sozialwissenschaften in herausragender Weise beschäftigt haben oder durch besondere wissenschaftsorientierte Leistungen zur Erforschung der historischen Region Sachsen ausgewiesen sein. Untersuchungsergebnisse über die Wirkung der historischen Region Sachsen auf den west- und osteuropäischen Raum sind erwünscht.“

 

Der Preis besteht aus einer Bronzestatuette des Magdeburger Bildhauers Heinrich Apel, die Eike von Repgow darstellt, einer Ehrenurkunde und einer Dotation in Höhe von 2.500 Euro.

 

Bisherige Eike-von-Repgow-Preisträger:

1998       Herr Prof. Dr. Dr. h. c. Ernst Eichler

1999       Herr Prof. Dr. phil. habil. Günter Mühlpfordt

2000       Frau Prof. Dr. Dr. h. c. Ruth Schmidt-Wiegand

2001       Herr Prof. Jürgen Goydke

2002       Herr Prof. Dr. Heiner Lück

2003       Herr Prof. Dr. Friedrich Wilhelm Ebel

2004       Frau Prof. Dr. Danuta Janicka

2006       Herr Prof. Dr. Dr. h. c. Karl Kroeschell

2008       Herr Prof. Dr. Rudolf Schieffer
2010       Herr Prof. László Blazovich

2012       Frau Dr. phil. Jolanta Karpavičiené

2014       Herr. Prof. Dr. Dirk Heirbraut

2016       Prof. Dr. Bernd Schneidmüller

2018       Prof. Dr. Clausdieter Schott

2020       Prof. Dr. hab. Roman Czaja

 

Darüber hinaus bekam Prof. Dr. Dr. hc. Rolf Lieberwirth 1988 die Repgow-Statuette verliehen und hat somit den Status eines Preisträgers.

 

Eike von Repgow

 

1220-1235:     drei Fassungen des „Sachsenspiegels“ in Niederdeutsch, Hochdeutsch und Latein

1225-1231:     „Sächsische Weltchronik“, erstes historisches Werk in deutscher Sprache

1233:               urkundlicher Nachweis als Zeuge eines Gerichtsvergleiches in Salbke/ Magdeburg

 

Der Schöffe und Ritter Eike von Repgow stammt vermutlich aus einer ostfälisch-sächsischen Familie. Die von Repgows sind Vasallen des Erzbischofs von Magdeburg. Eike von Repgow steht in verschiedenen Diensten, unter anderem auch als Rechtsberater verschiedener Fürsten. Nach den Maßstäben seiner Zeit ist er kein Gelehrter, aber er beherrscht die deutsche und lateinische Sprache, kann lesen und schreiben und kennt sich in kirchlichem und weltlichem Recht gut aus.

 

Als Lehnsmann und Rechtsberater des Grafen Hoyer von Falkenstein sowie in seiner Tätigkeit als Schöffe erwirbt Eike von Repgow umfassende Rechtskenntnisse. Von seinen Lehnsherren wird er motiviert, diese Kenntnisse aufzuschreiben. Er nennt seine Niederschrift den „Spiegel der Sachsen“. Von 1220 bis 1235 entstehen unter anderem auf der Burg Falkenstein mehrere Fassungen des „Sachsenspiegels“, zunächst in lateinischer, dann auch in deutscher Sprache. Niederdeutsche und hochdeutsche Elemente fließen in den Text ein.

 

Was Eike von Repgow niederschreibt, ist zum Teil das Recht, das zu seiner Zeit, in seinem Lebensraum gegolten hat. Zum Teil ist es Recht, das er durch seine Schöffentätigkeit selbst geschaffen hatte, und es beruht auf dem Recht der „guten Vorfahren“.

 

Repgow spricht auch Privatrecht im Sinne des „Sachsenspiegels“. Es stützt den zu dieser Zeit aufkommenden Gedanken, dass die in einem Raum – Stadt, Land, Fürstentum, Siedlung usw. – lebenden freien Menschen einem gemeinsamen Recht unterworfen sein müssen. Grundsätzlich regelt der „Sachsenspiegel“ – im Gegensatz zum Stadtrecht – das Landes- und Lehnsrecht. Im „Sachsenspiegel“ ist das erste Mal in der Geschichte „Strafrecht“ nachzulesen bzw. in Bildern dargestellt.

 

Sachsenspiegel und Magdeburger Recht

Der „Sachsenspiegel“ ist das erste Prosawerk in deutscher Sprache und gilt als eines der ältesten Rechtsbücher. Der Legende nach verfasste Eike von Repgow den Sachsenspiegel auf der Burg Falkenstein bei Magdeburg.

 

Ab 1130 entwickelt sich in Magdeburg das Stadtrecht und wird der Stadt 1188 von Erzbischof Wichmann offiziell verliehen. Mit dem Sachsenspiegel gelangt das Magdeburger Stadtrecht nach Osteuropa und sogar bis nach Russland. Als sächsisch-magdeburgisches Recht findet es durch Rechtsverleihung Eingang in die Rechtskulturen vieler Landschaften und Städte Ost- und Mitteleuropas. Das Magdeburger Recht gilt als eines der bedeutendsten mittelalterlichen Stadtrechte. Es beinhaltet Regelungen zum Kaufmannsrecht, zum Ehegüter- und Erbrecht sowie zum Strafrecht. Der Magdeburger Oberhof mit seinen Schöffen fungiert über Jahrhunderte als führende Instanz der Region Mitteldeutschland.

Von Braunschweig über Stendal, Goslar, Halberstadt, Halle, Leipzig bis Dresden findet das Magdeburger Recht ebenso Verbreitung wie in Prag, Leitmeritz, Warschau, Posen oder Kiew sowie in verschiedenen russischen Städten bis nach Nowgorod. Man spricht deshalb auch von der Magdeburger Stadtrechtsfamilie. Bürger und Räte ost- und westelbischer Städte erbitten vom Magdeburger Schöffenstuhl Hilfe bei der Rechtsprechung.

 

Im Auftrag des Schöffenstuhls entsteht die ebenso verbreitete Magdeburger Schöffenchronik. Von den Rechtsverleihungen und Rechtsprechungen gehen wiederum Rückwirkungen für die Stadtentwicklung und das städtische Recht aus.

 

Der „Sachsenspiegel“ ist, wie alle Rechtsbücher des 13. Jahrhunderts, die private Aufzeichnung eines Rechtskundigen – also kein „Recht“ im eigentlichen Sinne. Erst durch die Rechtsprechung nach einer solchen Schrift, also dem Rechtsgebrauch, wird sie zum formalen Recht. Die bedeutendsten Sammlungen von Oberhofurteilen entstehen zu dieser Zeit in Lübeck und Magdeburg. Besonders die Magdeburger Rechtsaufzeichnungen lassen die Entwicklung des Rechts bis in die Neuzeit hinein verfolgen.

 

In Teilen Deutschlands, zum Beispiel im Herzogtum Anhalt, bleibt der „Sachsenspiegel“ bis zum 31. Dezember 1899 geltendes Recht. Ab dem 1.1.1900 trat das Bürgerliche Gesetzbuch in Kraft, aber noch im Jahre 1932 stützt das Reichsgericht in Leipzig ein Urteil auf den „Sachsenspiegel“. In Kiew gilt das Magdeburger Recht bis 1857, in anderen osteuropäischen Städten bis zur Wende zum 20. Jahrhundert.

 

Bis zum 15. Jahrhundert entstehen die vier Fassungen des „Sachsenspiegels“ und schließlich Bilderhandschriften, glossierte Handschriften und lateinische Sachsenspiegeltexte, die sich alle auf die vierte Fassung beziehen. Diese vierte Fassung entsteht zwischen 1261 und 1270 in Magdeburg, vermutlich durch den Schöffenstuhl. Ihr Ausgangspunkt sind jedoch die Repgowschen Texte. Mit dieser Fassung fand der Sachsenspiegel seinen inhaltlichen Abschluss. Insofern ist es völlig legitim – auch im Zusammenhang mit dem „Sachsenspiegel“ – vom „Magdeburger Recht“ zu sprechen.