Meldungsdatum: 14.10.2021

„Der zinger fun noyt“ – Die Stimme der Armen

Uwe von Seltmann über das jiddische Lied und live-Musik im Rahmen der Reihe „Jiddische Klangperspektiven im Felix-Nussbaum-Haus“

Jiddisch. Einige denken da zuerst an altertümliche Begriffe Schlamassel, Tacheles, Maloche und Mischpoke. Anderen fällt dazu die Klarinette mit ihrem unverwechselbaren Klezmer-Klang ein. Die Assoziationen sind zahlreich – und bezeugen ein kollektives Gedächtnis großer Gemeinsamkeiten.

Jiddische Musik! Einer der Orte, an denen sie häufig zu hören ist, ist das Museumsquartier Osnabrück. Seit 2011 richtet dort das Felix-Nussbaum-Haus, einem Museum und Gedenkort für den 1944 im KZ Auschwitz getöteten Maler, Workshops und Konzerte zu ihr aus.

Auch dieses Jahr findet die „Jiddische Musikreihe“ statt, trotz Corona. Sie ist Teil des bundesweiten Programms #2021JLID „Jüdisches Leben in Deutschland“, das in rund 1000 Veranstaltungen bezeugt, wie weit die jüdische Geschichte in Deutschland zurückreicht: mehr als 1700 Jahre, bis in die römische Spätantike.

Jiddische Lieder sind die Ausprägung einer Kultur, die über Jahrhunderte ein bedeutender Teil des europäischen Lebens war - und die durch die Diktatur des Nationalsozialismus nahezu vollständig ausgelöscht wurde. Gegenwärtig erlebt die jiddische Musik, insbesondere die Klezmermusik, einen eindrucksvollen Aufschwung.

Ziel der Konzerte und Werkstattgespräche ist es, jüdisches Leben erlebbar zu machen und für ein tieferes Verständnis zu sorgen. Eine wichtige Aufgabe in einer Zeit, in der rechtsnationales Gedankengut eine beunruhigende Renaissance erlebt, in der es gilt, dem Wiedererstarken des Antisemitismus entgegenzutreten.

Einzelschicksale, Geschichten von Menschen mit außergewöhnlichen Lebenswegen, stehen im Mittelpunkt der Reihe. Die Mitwirkenden zeigen, wie vielfältig jüdisches Leben in Deutschland ist. Ihre Suche nach den eigenen Wurzeln, die Frage der Identität und der Heimat(losigkeit), sind in unserer Gegenwart aktueller denn je.

Kuratorin und Moderatorin der Reihe ist Stella Jürgensen. Als leidenschaftliche Musikerin und Kennerin der jiddischen Musik- und Kulturszene ist einer ihrer sieben Bühnensprachen Jiddisch – als Interpretin von „Stella's Morgenstern“.

Am 30. Oktober, 20 Uhr, berichtet der Autor, Filmemacher und Musikethnologe Uwe von Seltmann in einem multimedialen Vortrag, wie sich jiddische Sprache und Lebenshaltung musikalisch artikulieren. Er erzählt anhand von Hörbeispielen, Fotos, Faksimiles und Filmausschnitten unter anderem über den „Vater des jiddischen Liedes,“ Mordechai Gebirtig und andere Protagonisten, die die jiddische Kultur maßgeblich prägten. Insbesondere von 1860 bis 1940 erlebte diese säkulare Bewegung ihre Blüte. Wären nicht Millionen Juden mitsamt ihrer Kultur vernichtet worden, wäre der jiddische Liedermacher heute so populär wie Woody Guthrie und Bob Dylan. Gebirtig wurde 1942 im Krakauer Ghetto von Nationalsozialisten ermordet. Seine Lieder sind ein bedeutendes Zeugnis jüdisch-europäischer Kultur und werden weltweit von namhaften Künstlern interpretiert. Die Protestlieder haben angesichts des wachsenden Antisemitismus ihre Relevanz und Aktualität behalten. Mit Bildmaterial und Zeitzeugnissen erschließt von Seltmann die Rolle Gebirtigs und anderer Kulturschaffender im Krakauer Kulturleben, das Netzwerk, ihren Zorn, ihr Leiden an Demütigungen aller Art, aber auch ihre Würde. Hörbeispiele und Videos zeigen, wie vielfältig Künstler Gebirtig interpretieren.

Stella’s Morgenstern wird im Duo live jiddische Lieder spielen. Moderiert wird die Veranstaltung von Stella Jürgensen.

Der Eintritt kostet ermäßigt 13 Euro, 15 Euro im Vorverkauf und 17 Euro an der Abendkasse.

Aufgrund von jeweils aktuell geltenden Maßnahmen und Verordnungen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus ist derzeit nicht abzusehen, welche Veranstaltungen vor Ort mit Publikum durchgeführt werden können. Informationen vor dem Besuch sind im Internet unter www.museumsquartier-osnabrueck.de oder Telefon 0541 323-2237.

Pressekontakt: Heiko Mitlewski | Fachbereich Kultur | Tel. 0541 323-3217 | E-Mail: mitlewski@osnabrueck.de


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