Meldungsdatum: 10.12.2021
Vom 11. Dezember bis 13. November ist im Felix-Nussbaum-Hauses des Museumsquartiers Osnabrück die Ausstellung „13 April, 13 April, 13 April. Self-Portraits“ von Mounira Al Solh zu sehen.
Berichte über Flucht, Vertreibung, Exil begegnen uns täglich in den Nachrichten. Sie lassen uns hilflos und erschrocken zurück: Das Werk von Mounira Al Solh (geb. 1978, Beirut, Libanon) ist von den politischen Umständen des Nahen Ostens geprägt. Die Tochter eines libanesischen Vaters und einer syrischen Mutter gehört zu der Generation, die im Chaos des Kriegszustandes und im inneren Exil zwischen dem Libanon und Syrien aufgewachsen ist. Mit der Serie „13 April, 13 April, 13 April“ nimmt sich Mounira Al Solh selbst in den Blick. Das Datum im Titel der Ausstellung, wie bei einem Klagelied mehrfach wiederholt, markiert den Beginn des libanesischen Bürgerkriegs 1975. Ohne Jahreszahl wird der 13. April Ausdruck von einem nicht enden wollendem Konflikt und immer wieder angefachten Traumata.
Parallelen zu Felix Nussbaum
Al Solh stellt sich in ihren Zeichnungen der eigenen Verwundbarkeit, den intimen Wünschen, Hoffnungen, Verletzungen und Schmerzen. „Das ist intensiv, herausfordernd, nichtsdestotrotz notwendig und wichtig“, so die Künstlerin. Mit der Ausstellungsreihe „Gegenwärtig“ schlägt das Felix-Nussbaum-Haus im Museumsquartier Osnabrück eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Existentielle Themen wie Angst, Gewalt oder Hoffnung prägen Felix Nussbaums Bilder; seine Themen wie Diffamierung, Flucht und Vertreibung haben bittere Aktualität. Wie begegnen Künstler:innen unserer Zeit diesem Leben und Werk?
Nacktheit als radikaler Akt der Selbstbefragung
Die Ausstellung der documenta-Teilnehmerin im Felix-Nussbaum-Haus ist das Ergebnis der sehr persönlichen Selbst-Befragung, die – angestoßen von der Auseinandersetzung mit dem Leben und Werk Nussbaums – sich mit den dramatischen Ereignissen im Libanon, wie den Protesten und zuletzt der apokalyptischen Explosion in Beirut am 4. August 2020 beschäftigt. Nacktheit in den Werken ist Ausdruck des Sichtbarmachens und der Selbstbestimmung.
Das Genre des Selbstporträts hat Mounira Al Solh dem Maler Felix Nussbaum entlehnt. In seinem Frühwerk, besonders intensiv aber zu der Zeit seiner eigenen Isolation im Versteck nutzt er dieses Medium der Selbstanalyse. Er zeigt sich einerseits in Rollen und verschiedenen Emotionen, anderseits nackt: schutzlos und menschlich. Beide Künstler:innen ergreifen die Kunst als Möglichkeit, angesichts der politisch-gesellschaftlichen Zustände selbstermächtigt zu handeln. Der Einblick in die Innenwelt regt an, darüber nachzudenken und zu diskutieren, wie Konflikte, Ungerechtigkeit, Frauenfeindlichkeit, Gewalt, Wahn und Vertreibung unsere heutige Welt formen.
Die Ausstellung ist eine Kooperation mit der Felix-Nussbaum-Gesellschaft e.V.
Das Vermittlungsprogramm wird gefördert durch die VGH-Stiftung.
Wegen der derzeitigen Allgemeinverfügung der Stadt Osnabrück ist für den Museumsbesuch „2G” und das Tragen einer FFP2 Maske erforderlich. Es ist ein Nachweis über eine vollständige Impfung oder einen Genesenennachweis erforderlich.
Biographie
Mounira Al Solh künstlerische Praxis umfasst unter anderem Video und Videoinstallationen, Zeichnung und Malerei, Stickerei und kollektive Stickerei, performative Gesten und geheimnisvolle Veröffentlichungen, und sie initiierte ihr kollaboratives und fortlaufendes NOA (Not Only Arabic) Magazin.
In Al Solhs Werk geht es um vergangene und aktuelle Kriege im Nahen Osten (insbesondere im Libanon und in Syrien), um die unterschiedlichen und schizophrenen Positionen von Frauen in der arabischen Welt, um das Erzählen von Geschichten und Mikrogeschichte, um soziales Engagement in Zeiten von Katastrophen, um Biografien und Geschichtsschreibung als Mittel gegen die aufgezwungene Amnesie, um die Flucht vor dem Politischen als Überlebensstrategie, um Sprache gegenüber Immigrant:inen und Sprache gegenüber Einheimischen.
Al Solh studierte von 1998 bis 2001 Malerei an der Libanesischen Universität (Beirut) und von 2003 bis 2006 Bildende Kunst an der Gerrit Rietveld Akademie (Amsterdam). In den Jahren 2007 und 2008 war sie als Forschungsstipendiatin an der Rijksakademie (Amsterdam) tätig.
Ihre Arbeiten wurden international in Gruppenausstellungen gezeigt, unter anderem im Centre Carré D'art in Nîmes (2018), auf der Documenta 14 in Athen und Kassel (2017), auf der Biennale in Venedig (2007 und 2015), im New Museum in New York (2012 und 2016), im Haus der Kunst in München, im Ashkal Alwan in Beirut, beim Abraaj Art Prize in Dubai und auf der Istanbul Biennale (2009).
In jüngster Zeit hatte sie Einzelausstellungen im Art Institute in Chicago, bei Mathaf in Katar, Jameel Art in Dubai, Sfeir-Semler Gallery in Beirut und Kunst-Werke Institute for Contemporary Art in Berlin.
Al Solh wurde mit Kunstpreisen und Nominierungen ausgezeichnet, darunter der Uriot-Preis der Rijksakademie, der VideoBrazil-Preis der Internationalen Festivaljury und die Nominierung für den Abraaj Art Prize.
In den Jahren 2018 und 2019 unterrichtete Al Solh als Gastdozentin am St. Joost Masters Programm in den Niederlanden.
Pressekontakt: Claudia Drecksträter | Öffentlichkeitsarbeit Museumquartier Osnabrück | Lotter Str. 1 | 49078 Osnabrück | Telefon 0541 323-4581 | E-Mail: dreckstraeter@osnabrueck.de
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