Meldungsdatum: 17.12.2021
Gute Nachrichten für den Kreis Borken: Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat für das Forschungsprojekt zur Weiterentwicklung des Telenotarztsystems nun den beteiligten Projektpartnern Förderbescheide mit einem Gesamtumfang von gut 3,3 Millionen Euro übersandt. So kann in den kommenden drei Jahren gemeinsam geforscht werden, um die Potenziale, die der 5G-Mobilfunkstandard bietet, für eine Integration neuer Geräte und Leistungen in das Telenotarztsystem nutzbar zu machen. „Ich freue mich, dass wir die Fördermittelbewilligung nun in Händen halten. Das Projekt ist ein wichtiger Schritt hin zu einer weiteren Verbesserung der rettungsdienstlichen und notfallmedizinischen Versorgung der Bevölkerung. Hier kann der Kreis Borken wichtige Entwicklungsarbeit leisten“, sagt Landrat Dr. Kai Zwicker.
Es ist ein beachtliches Konsortium aus Forschungseinrichtungen, Anwendern und Unternehmen, das der Kreis Borken federführend um sich versammelt hat, um das Projekt „5G-Telerettung“ anzugehen. Bereits 2019 hatte sich der Kreis erfolgreich im 5G-Innovationswettbewerb des BMVI um die Förderung der Konzeptentwicklung beworben. Nun bekommen die in dieser Phase einbezogenen Partner auch für die Umsetzung des Forschungsprojektes eine Förderung.
Das Telenotarztsystem, das Anfang des Jahres im Kreis Borken eingeführt wurde, arbeitet ergänzend zum „realen“ Notarzt und ermöglicht den vor Ort im Rettungseinsatz tätigen Kräften eine unmittelbare, sichere und zuverlässige Konsultation mit einem in einer Telenotarzt-Zentrale befindlichen Notfallmediziner. Aktuell erfolgt diese Konsultation über eine Übertragungseinheit, die den LTE-Mobilfunkstandard nutzt.
Doch inzwischen wird nach und nach bereits ein neuer Mobilfunkstandard eingeführt: Mit 5G können große Datenmengen in kürzester Zeit zuverlässig und sicher übertragen werden. So könnten zukünftig beispielsweise Ultraschalluntersuchungen bereits im Rettungswagen durchgeführt und die Ergebnisse gemeinsam mit anderen Daten des Patienten quasi „live“ an den Telenotarzt übertragen werden, um frühzeitig erste Diagnosen und Sofortmaßnahmen abzustimmen. Hierfür sollen über einen sogenannten „Internet of Things“ (IoT)-Ansatz neben dem Ultraschallgerät auch weitere medizinische Geräte zur Beatmung und Reanimation in das System integriert werden. Dabei sollen die Rettungskräfte bei den Untersuchungen mithilfe von sogenannten „Smart Glasses“ (Datenbrillen) extern angeleitet werden können. In besonders schwierigen Fällen soll es möglich werden, in einem sogenannten „Telekonsil“ zusätzlich Spezialisten hinzuzuziehen.
Soweit die Potenziale, die das Konsortium sieht. Doch wie kann das technische System genau funktionieren? Welche Anforderungen müssen an die 5G-Versorgung gestellt werden, damit es auch zuverlässig funktioniert? Welche Mehrwerte des 5G-Standards können tatsächlich genutzt werden? Welche Medizingeräte können zusätzlich eingebunden werden? Wie sind die Rettungskräfte zu schulen? Wie ist der Datenschutz zu gewährleisten? Unter anderem diesen Fragen wird sich das Projektkonsortium nun widmen.
Das 5G-Campusnetz, das am Standort Bocholt der Westfälischen Hochschule eingerichtet werden wird, ermöglicht die Erprobung des erweiterten Systems in einer idealtypischen Mobilfunkumgebung. Es bietet zudem ein Potenzial, das weit über das Projekt hinausgeht, sagt Prof. Dr. Peter Kerstiens, der den Aufbau federführend leitet: „Durch die vorgesehene Einrichtung eines 5G-Campusnetzes können in Bocholt in Zusammenarbeit mit der Westfälischen Hochschule perspektivisch auch weitere Anwendungen z. B. aus der Wirtschaft in einer echten 5G-Umgebung erprobt und weiterentwickelt werden. Dies wird für die gesamte Region des Westmünsterlandes einen Mehrwert haben.“
In der zweiten Projekthälfte soll das weiterentwickelte System zudem in einem sogenannten „Reallabor“ erprobt werden, um zu prüfen, ob es auch „in der Fläche“ funktioniert und wie es künftig organisatorisch, rechtlich und finanziell umgesetzt werden könnte. Gemeinsam mit dem Klinikum Westmünsterland wird beispielsweise erforscht, wie die Schnittstellen zur Datenübergabe an die behandelnde Klinik gestaltet sein müssen und wie sich das Telekonsil technisch und praktisch umsetzen lässt. Die Feuerwehr- und Rettungsdienstakademie Bocholt als Ausbildungspartnerin für den Rettungsdienst arbeitet mit an der Entwicklung eines Schulungskonzeptes, das auch die Nutzung von „Augmented Reality“-Anwendungen mithilfe der „Smart Glasses“ vorsieht.
Die beteiligten Projektpartner (in alphabetischer Reihenfolge):
• Aachener Institut für Rettungsmedizin und zivile Sicherheit (ARS)
• Fachhochschule Südwestfalen
• Feuerwehr- und Rettungsdienstakademie Bocholt (ohne eigenen Förderbescheid)
• L2R GmbH
• Klinikum Westmünsterland
• Kreis Borken (Kreisentwicklung und Rettungsdienst) als „Lead Partner“
• Oculavis GmbH
• umlaut telehealthcare GmbH
• WEINMANN Emergency Medical Technology GmbH + Co. KG
• Westfälische Hochschule am Standort Bocholt
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