Meldungsdatum: 19.04.2022
Die Kunsthalle Osnabrück präsentiert vom 25. Juni bis 26. Februar mit ihrem Jahresthema „Romantik“ ein Ausstellungsprojekt mit den Künstlerinnen Anna Haifisch, Rosie Hasting/Hannah Quinlan, Gabriella Hirst, Irène Mélix, Henrike Naumann, Cemile Sahin und dem Forum demokratische Kultur und zeitgenössische Kunst. Sie widmet sich in sechs Einzelausstellungen sowie einem künstlerischen Forschungs- und Vermittlungsprojekt dem Thema „Romantik“.
In Zeiten einer globalen Pandemie möchte die Kunsthalle Osnabrück mit ihrem Ausstellungs- und Vermittlungsprogramm im Jahr 2022 fragen: Wie steht es mit unserer Sehnsucht nach Liebe, Identität und Zugehörigkeit? Das Jahres-thema „Romantik“ der Kunsthalle nimmt dazu die gleichnamige Kunst- und Literatur-Epoche als Zerrspiegel zur gegenwärtigen Verfasstheit der Gesellschaft zur Hand. Kaum eine andere Epoche hat in Deutschland und Europa mit ästhetischen Mitteln so sehr ein kollektives Gefühl geprägt — ein Gefühl zwischen Aufbruch, Nostalgie und Nationalismus. Im Kontext der mittelalterlichen Architektur der Kunsthalle soll zusammen mit den eingeladenen Künstler:innen, Kooperationspartner:innen und dem Publikum analysiert werden, ob das aktuelle Gefühl einer globalen Zerrissenheit mit einem Comeback der Bild- und Sprachwelten der Romantik einhergeht. Und was für Bestrebungen gibt es für ein neues Verständnis von Romantik als Gegenentwurf dazu?
Anna Haifisch – Comiczeichnerin und Illustratorin – wurde bekannt mit ihrem Comic „The Artist“: einem gebeutelten, dünnen Vogel, der als Spiegel zeitgenössischer Kämpfe einer Künstler:in im Neoliberalismus gelesen werden kann, aber auch als Abrechnung mit der immer noch präsenten Vorstellung eines Künstler-Genius. Für den Eingangsbereich und den Kreuzgang der Kunsthalle Osnabrück wird Anna Haifisch eine neue Arbeit entwickeln, die mehrere neue Geschichten des „Artist“ installativ in den Raum übersetzt und von Ende Juni 2022 bis Februar 2023 gezeigt wird.
Seit 2014 arbeitet Gabriella Hirst an einem stetig wachsenden Archiv von Pflanzen, die nach Konflikten oder Siegen, Schlachten oder Waffen sowie politischen und militärischen Persönlichkeiten benannt sind. Als Fortführung ihres Archivs konzipiert sie für die Kunsthalle Osnabrück unter dem Arbeitstitel „Battlefield“ ein dreiteiliges Ausstellungsprojekt, das sich mit Pflanzensorten als Erbe und Erinnerungskultur beschäftigt. Über die Zusammenstellung der Züchtungen entsteht eine alternative Erzählung der Geschichte, die im Gewand romantischer, phantastischer Pflanzenformen umso gewaltvoller erscheint (25. Juni 2022 bis 26. Februar 2023).
Im Zentrum der Filminstallation von Cemile Sahin (ab 5. November 2022) stehen die Verträge von Sèrves (1920) und Lausanne (1923), die nach dem Ende des Ersten Weltkrieges unterzeichnet wurden und das Territorium des Osmanischen Reiches aufteilten. Der Film, den die kurdisch-alevitische Künstlerin für die Kirche der Kunsthalle Osnabrück entwickeln wird, führt eine fiktive, zeitgenössische Figur in die historischen Fakten ein und zeichnet die Auswirkungen der Verträge auf die Region und die Familie der Protagonistin ein Jahrhundert nach deren Unterzeichnung nach.
Henrike Naumann ist eine der wichtigsten Künstler:innen, die die deutsch-deutsche Geschichte als Ausgangspunkt nimmt, um über grundsätzliche Fragen rechtsextremer Kontinuitäten in unserer Gesellschaft nachzudenken. In den 1990er Jahren selbst mit rechter Jugendkultur konfrontiert, interessiert sie sich in ihrer Arbeit für Mechanismen der Radikalisierung und der schweigenden Akzeptanz sowie Beiläufigkeit rechter Tendenzen und Ereignissen in unserem Alltag. Anlässlich von „Romantik“ wird Henrike Naumann ab 5. November 2022 im Neubau der Kunsthalle mehrere ihrer Arbeiten zum Thema Verschwörung erstmalig in einer raumgreifenden Installation miteinander in Beziehung setzen. Unter dem Titel „The Cathedral“ untersucht sie Strukturen der patriarchalen Dominanzgesellschaft und die Träume vom Systemumsturz.
Mit ihren Arbeiten mit den Medien Film, Zeichnung, Installation, Performance und Fresko setzen sich Rosie Hastings und Hannah Quinlan mit den soziokulturellen und politischen Strukturen auseinander, die Konservatismus und diskriminierende Praktiken innerhalb und im Umfeld der LGBTQ+-Gemeinschaft verstärken. Für das Kirchenschiff der Kunsthalle (25.6.–16.10.2022) wird das Künstler:innen-Duo eine ortsspezifische Installation aus neuen und bestehenden Arbeiten schaffen, mit der es die kontinuierliche Auseinandersetzung mit der Geschichte des Feminismus und der politischen Rechten in Großbritannien von der Edwardianischen Zeit bis heute fortsetzt.
Aufbauend auf der Auseinandersetzung mit antimodernen Bewegungen und Denkweisen wird das Forum demokratische Kultur und zeitgenössische Kunst (Forum DCCA) ab 25. Juni 2022 im Neubau der Kunsthalle eine neue Ausstellung entwickeln, die sich mit den heutigen politischen und kulturellen Auswirkungen sowie den Wechselwirkungen von Romantik, Idealismus und Kulturpessimismus beschäftigt. Die Neuproduktion, bestehend aus einer Gesamtinstallation aus Objekten, Text und Videos legt dabei ihren Fokus auf den Antisemitismus als eine jahrhundertealte globale Kulturtechnik. Dabei wird untersucht, wie unterschiedliche Bewegungen, beispielsweise in Deutschland, der Türkei oder den USA einen stark ausgeprägten Antisemitismus verfolgen, der sich vor allem aus einer Ablehnung der Moderne und einer gleichzeitigen Hinwendung zu einer identitären, völkischen und essentialistischen Gesellschaftsordnung ergibt.
Angelehnt an ihr langjähriges, transnationales Forschungsprojekt zu historischen Kontaktanzeigen, die in komplexer Weise als Stellvertreter: innen über die kollektiven Erfahrungen queeren Lebens erzählen, wird die Künstlerin Irène Mélix in Osnabrück vor Ort während der gesamten Laufzeit von „Romantik“ zu historischen und gegenwärtigen, queeren Erzählungen forschen. Das Projekt ist ergebnisoffen, Ort und Forschungsprozess zugleich. Es entsteht aus vielfältigen Gesprächen der Künstlerin mit den Menschen vor Ort und wird begleitet und erweitert durch das Team der Kunstvermittlung der Kunsthalle Osnabrück.
Das Jahresprogramm „Romantik“ wird maßgeblich gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes.
Öffnungszeiten
Di – So 11:00-18:00
Aufgrund der Corona-Pandemie sind alle Informationen unter Vorbehalt – Änderungen auf der Website der Kunsthalle Osnabrück.
Pressekontakt: Kristina Helena Pavićević | Kunsthalle Osnabrück | Presse- und Öffentlichkeitsarbeit | Hasemauer 1 | 49074 Osnabrück | Telefon 0541 323-2263 | E-Mail: pavicevic@osnabrueck.de
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