Meldungsdatum: 04.05.2022

Unfälle vermeiden – Lebensträume erhalten

Wie sich folgenschwere Unfälle vermeiden lassen, steht im Mittelpunkt der Veranstaltung „Traffic Deadline“ im Märkischen Kreis. Bei dem Aktionstag berichten Retter und Unfallopfer von ihren Erfahrungen. Erstmalig fand die Veranstaltung nach pandemiebedingter Pause am Eugen-Schmalenbach-Berufskolleg des Märkischen Kreises in Halver statt.

Es ist still in der Sporthalle vom Eugen-Schmalenbach-Berufskolleg des Märkischen Kreises in Halver. Die rund 60 Schülerinnen und Schüler sitzen angespannt auf den Bänken. Plötzlich gibt es einen lauten Knall. Im nächsten Moment wird klar: Der blaue Luftballon, den Timo Freiberg, Polizeioberkommissar Kreispolizeibehörde Märkischer Kreis, vor ein paar Sekunden noch in den Händen hielt, ist geplatzt. Doch das ist nicht alles. Mit ihm sind auch die Lebensträume, welche die jungen Menschen auf Zettel am Ballon geschrieben hatten, nicht mehr da. „Die Ausbildung schaffen, eine Familie gründen oder ein Haus bauen – das waren Träume von euch. Wie schnell solche Träume durch folgenschwere Unfälle Geschichte sein können, habe ich euch durch den geplatzten Luftballon symbolisch gezeigt. Es sind Sekunden, die alles verändern können“, sagt Timo Freiberg.

Um Schülerinnen und Schüler über Verkehrsunfälle und ihre Ursachen sowie Folgen aufzuklären, findet der Aktionstag unter dem Motto „Traffic Deadline. Der Tod auf dem Weg nachhause“ statt. Bei der Veranstaltung berichten Polizeibeamte der Kreispolizeibehörde des Märkischen Kreises, die Freiwillige Feuerwehr Halver, der Rettungsdienst des Märkischen Kreises sowie Seelsorger über Erfahrungen ihrer alltäglichen Arbeit im Straßenverkehr.

Rettungswerkzeuge praktisch erleben

„Ich möchte ungerne erleben, einen von euch aus einem zu Auto befreien, weil ihr einen Verkehrsunfall hattet“, erzählt Jessica Stübner von der Freiwilligen Feuerwehr Halver vor der Gruppe junger Menschen. „Kommt es doch einmal zu einem Einsatz und ihr müsst gerettet werden, seht ihr einen Überblick unserer Rettungswerkzeuge“. Sie zeigt auf die Ausstattung, die auf dem Boden ausgelegt ist. Dazu gehören unter anderem ein Spineboard und eine Rettungsschere. „Beispiele für Werkzeuge, die wir nutzen, um Verkersunfallopfer aus einem Fahrzeug zu befreien. Mit der Rettungsschere trennen wir unter anderem das Autodach oder eine Autotür ab“, berichtet Stübner.

Im nächsten Schritt müssen die Schülerinnen und Schüler selbst aktiv werden. Mit Unterbaubalken aus Holz sollen sie ein Fahrzeug stabilisieren. Während in Kleingruppen die hölzernen Mittel am Fixpunkt aufgebaut werden, gibt Jessica Stübner den Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit auf den Weg: „Für die Rettung von Unfallopfern ist wichtig, dass die Fahrzeuge felsenfest stehen. Damit sorgen wir durch solche Unterbaubalken. Auch hier gilt: Im Einsatz zählt jede Sekunde.“

Einblicke in weitere Geräte der Feuerwehr gibt es weiterhin am Löschfahrzeug. „Ob Pumpen, Schläuche oder Strahlrohre – das ist alles in diesem Auto. Es kommt nicht nur bei Verkehrsunfällen zum Einsatz, sondern zum Beispiel auch bei Bränden“, sagt Darius Frigo von der Freiwilligen Feuerwehr Halver. Beispielhaft holt er die Atemluftflasche raus. Als die Blicke der Schülerinnen und Schüler auf die gelbe Falsche gerichtet sind, empfiehlt Feuerwehrmann Marc Gißelmann: „Während uns die Atemluftflasche beim Einsatz hilft, könnt ihr unseren Einsatz durch eine Rettungskarte im Auto erleichtern. Sie zeigt uns unter anderem, wo ein Fahrzeug aufgeschnitten werden kann oder wo Airbags verbaut sind. Durch solche Infos können wir euch schneller befreien.“ Eine Empfehlung: den Aufkleber mit dem Schriftzug „Rettungskarte im Fahrzeug“ außerhalb des Sichtbereiches am Rand der Windschutzscheibe anbringen und die Rettungskarte hinter der Sonnenblende platzieren.

Einsatz von Drohnen bei Unfällen

Muss eine Rettung erfolgen, kann eine Drohne hilfreich sein. Darüber erzählt Jörn Maximowitz, Freiwillige Feuerwehr Halver, an der nächsten Station. „Sie ermöglicht uns zum Beispiel das Erkunden der Unfallsituation aus der Luft oder das Erstellen von Luftbildern. Unter anderem bedeutend für die Rekonstruktion des Unfallhergangs.“ Zusätzlich kommt die Drohne auch bei der Suche nach Unfallopfern zum Einsatz. „Realität ist, dass Personen aufgrund von Schock oder Alkohol- oder Drogeneinfluss den Unfallort verlassen. Die Drohne erleichtert uns die schnelle Personensuche, weil sich Menschen auf dem erzeugten Wärmebild durch ihre Körpertemperatur von der Umgebung abheben.“ Zur Simulation lässt Maximowitz die Drohne steigen. Die Schülerinnen und Schüler verfolgen die Bilder auf dem Bildschirm im Fahrzeug der Einsatzleitung.

Nachdem die Drohne wieder sicher gelandet ist, berichtet er: „Nicht nur die Drohne ist fester Bestandteil des Einsatzleiterfahrzeugs. Mit den Funkgeräten im Innenraum des Einsatzleiterwagens setzen wir beispielgebend Funksprüche ab oder empfangen diese. Zusätzlich werden hier einsatzrelevante Infos, zum Beispiel aus Landkarten, ermittelt. Es ist quasi das Zentrum, von dem aus der Einsatz organisiert wird“, betont Jörn Maximowitz.

Einblicke in reale Unfallsituationen

Ergänzend zur Arbeit der Feuerwehr spricht Milo Crico über die Arbeit des Rettungsdienstes. Im Klassenzimmer zeigt er ein Video der Dashcam eines Motorradfahrers. „Der Autofahrer hat sich beim Überholen des Motorrads fast verschätzt. Eine gefährliche Aktion für die Insassen der Fahrzeuge, den Gegenverkehr und den Motorradfahrer“, reflektiert Crico die Situation und ergänzt: „Ein Moment, durch den es zu einem folgenschweren Unfall hätte kommen können.“ Mit weiteren Einblicken in reale Unfälle mit PKW, LKW und Motorrädern leistet er praxisnahe Aufklärungsarbeit.

Aufgaben der Polizei

Einen Klassenraum weiter informiert die Kreispolizeibehörde des Märkischen Kreises ebenso über Unfälle und sensibilisiert die Schüler. Polizeioberkommissar Timo Freiberg beginnt mit den Fragen: „Wer von euch besitzt einen Führerschein? Und wer hatte schon mal einen Verkehrsunfall?“. Einige Finger der Schülerinnen und Schüler zeigen nach oben. „Kommt es zum Unfall, sind ebenso wir von der Polizei vor Ort. Wir führen dann zum Beispiel verkehrsregelnde Maßnahmen oder die Zeugenvernehmung durch. Alles unter der Leitfrage: Wie ist der Unfall entstanden?“, betont Freiberg. Zusätzlich gibt er Einblicke in die Ausstattung des Polizeifahrzeugs. „Maßbänder, Spiegelreflexkamera, Alkoholtestgerät oder Drogentest – Dinge, die wir am Unfallort benutzen.“

Über das Alkoholtestgerät und den Drogentest berichtet im Detail Polizeikommissar Patrick Verschueren. „Wer schon mal in einer Verkehrskontrolle war, kennt diese Geräte möglicherweise. Damit prüfen wir die Verkehrstüchtigkeit der Fahrer. Auch visuelle Eindrücke wie rote, glasige Augen oder vergrößerte Pupillen sind wichtige Signale für uns“. Danach können weitere Maßnahmen eingeleitet oder der Fahrzeugführer zur Polizeiwache gebracht werden. Ein abschließender Appell von Patrick Verschueren an die Schülerinnen und Schüler: „Fahrt niemals unter Alkohol- oder Drogeneinfluss. Es verzerrt eure Wahrnehmung und gefährdet euch und andere im Straßenverkehr.“

Notfallrucksack als Hilfsmittel

Wenn es zu einem Unfall gekommen ist, bietet die seelsorgerische Betreuung eine wichtige Stütze. „Die Notfallseelsorge hilft, das Erlebte zu verarbeiten. Wir begleiten und Helfen im Umgang mit der Trauer. Im Austausch mit den Schülerinnen und Schüler wurde von eigenen Unfällen erzählt. Gemeinsam über das Passierte zu sprechen, ist ein erster Baustein unserer Arbeit“, informiert Ingeborg Schmermbeck vom Interessenverband für Unfallverletzte (IVU).

Weiterer Bestandteil der notfallseelsorgerischen Arbeit ist der Notfallrucksack. Mit ihm kommen Materialen zum Aufarbeiten von Ereignissen zum Einsatz. „Ob Kerze, Steine, Taschentücher, Klebeband oder ein schwarzer Bilderrahmen – Dinge, die den Opfern symbolisch helfen können. Auch eine leere Blumenvase kann symbolisch dafür stehen, die durch einen Unfall entstandene Leere wieder mit Inhalt zu füllen, zum Beispiel mit Erinnerungen“, fasst Notfallseelsorger Dirk Pollmann zusammen.

Zum Abschluss der Veranstaltung gibt es einen wichtigen Appell an die Schülerinnen und Schüler: „Fahrt vorausschauend und den Straßenverhältnissen angepasst. Keiner von uns möchte, dass durch einen Verkehrsunfall eure Lebensträume und die Anderer platzen oder ihr einen geliebten Menschen aus eurem Umfeld verliert.“

Hintergrund: „Traffic Deadline“ ist ein Projekt zur Verhinderung schwerer Verkehrsunfälle unter Beteiligung junger Erwachsener. Insbesondere die Gruppe der jungen Fahrer (17-24 Jahre) ist noch immer viel zu häufig an schweren Verkehrsunfällen beteiligt. Zur Aufklärung und Sensibilisierung berichten Experten über Erfahrungen ihrer alltäglichen Arbeit im Straßenverkehr.

Pressekontakt: Hannah Heyn 02351 966-6145


Zu dieser Meldung können wir Ihnen folgende Medien anbieten:

Retter und Unfallopfer haben bei der Veranstaltung "Traffic Deadline. Der Tod auf dem Weg nachhause" am Eugen-Schmalenbach-Berufskolleg des Märkischen Kreises in Halver über ihre Erfahrungen berichtet. Zentrale Frage war: Wie können sich folgenschwere Unfälle vermeiden lassen? Foto: Hannah Heyn/Märkischer Kreis

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Retter und Unfallopfer haben bei der Veranstaltung


Die Ausbildung schaffen, eine Familie gründen oder ein Haus bauen – verfasste Lebensträume der Schülerinnen und Schüler auf dem Luftballon, den Milo Crico (links), Rettungssanitäter beim Märkischen Kreis, und Polizeikommissar Patrick Verschueren in den Händen halten. Foto: Hannah Heyn/Märkischer Kreis

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Die Ausbildung schaffen, eine Familie gründen oder ein Haus bauen – verfasste Lebensträume der Schülerinnen und Schüler auf dem Luftballon, den Milo Crico (links), Rettungssanitäter beim Märkischen Kreis, und Polizeikommissar Patrick Verschueren in den Händen halten. Foto: Hannah Heyn/Märkischer Kreis


Welche Rettungswerkzeuge bei der Feuerwehr zum Einsatz kommen, konnten die Schülerinnen und Schüler bei der Veranstaltung erfahren. Foto: Hannah Heyn/Märkischer Kreis

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Welche Rettungswerkzeuge bei der Feuerwehr zum Einsatz kommen, konnten die Schülerinnen und Schüler bei der Veranstaltung erfahren. Foto: Hannah Heyn/Märkischer Kreis