Kreis Steinfurt. Seit April 2020 bieten die WertArbeit Steinfurt, das Sozialunternehmen des Kreises Steinfurt, und die GEBA (Gesellschaft für Berufsförderung und Ausbildung) gemeinsam das Projekt FAMOS (Familien orientieren und stärken im Kreis Steinfurt) an. Die Zielgruppe sind Familien und Alleinerziehende mit Kindern unter 18 Jahren aus dem Kreis Steinfurt, die Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe oder Kinderzuschlag beziehen beziehungsweise Anspruch darauf haben. Familiencoachs der beiden Träger beraten und unterstützen die teilnehmenden Familien in den verschiedensten Lebensbereichen und leisten praktische Alltagshilfe: Arbeit, Wohnen, Kinderbetreuung, Kommunikation mit Behörden (zum Beispiel bei der Antragstellung für Sozialleistungen), psychische oder Motivationsprobleme sind beispielsweise Themen, bei denen die Coachs den Teilnehmenden unter die Arme greifen. Übergeordnetes Ziel ist es, die Teilnehmenden, die im Schnitt 30 bis 45 Jahre alt sind, in Arbeit zu vermitteln beziehungsweise bestehende Arbeitsverhältnisse auszuweiten und ihnen dadurch wieder ein Leben ohne eine Abhängigkeit von Grundsicherungsleistungen zu ermöglichen.

Markus Tedsen ist einer der FAMOS-Teilnehmenden. Der heute 36-Jährige wanderte mit Anfang 20 nach Asien aus und lebte dort über zehn Jahre – unter anderem in Vietnam, Japan und zuletzt lange in China. Im Mai 2021 kehrte er gemeinsam mit seiner Frau, die er in China kennengelernt hat, und seinen beiden Töchtern (zwei und vier Jahre) nach Deutschland zurück – zurzeit erwartet die Familie ihr drittes Kind. „Als ich nach Deutschland zurückkam, habe ich leider schnell gemerkt, dass die Berufserfahrung, die ich in China in den verschiedensten Bereichen gesammelt habe, hier nicht viel wert ist. Ich habe viele Bewerbungen geschrieben, aber bin nicht zu Vorstellungsgesprächen eingeladen worden und habe mich einfach perspektivlos gefühlt,“ berichtet der gelernte Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik. Die Familie lebte so von Arbeitslosengeld II.

Hilfe erhielt der Familienvater schließlich über das FAMOS-Projekt, an dem er seit Oktober 2021 teilnimmt. Thomas Heitkamp, Familiencoach bei der GEBA, betreut ihn in diesem Rahmen. „Auch, wenn unser übergeordnetes Ziel ist, unsere Teilnehmenden in Arbeit zu vermitteln, gibt es vorher oft noch viele anderen Dinge, bei denen wir helfen. Denn wer zurück ins Arbeitsleben finden möchte, braucht beispielsweise zunächst ein Wohnumfeld, in dem er sich wohlfühlt, oder muss Kinderbetreuung organisieren. So habe ich auch Markus Tedsen in verschiedenen Lebensbereichen unterstützt“, erklärt Heitkamp. So half er Tedsen beim Kontakt und der Kommunikation mit dem jobcenter, bei weiteren Behördengängen und vermittelte ihm eine Wohnung, in die die Familie im Dezember 2021 einziehen konnte. Anfang des Jahres erreichte Markus Tedsen dann das große Ziel: Thomas Heitkamp vermittelte ihm eine Stelle bei der Bundeswehr, die er Mitte August antreten kann.

„Ich kann das FAMOS-Projekt nur jedem sehr empfehlen, der sich in einer ähnlichen Situation wie ich befindet. Ich erfahre hier eine außerordentlich gute und umfassende Unterstützung in den unterschiedlichsten Lebensbereichen. Ohne FAMOS wäre ich heute nicht da, wo ich jetzt bin,“ schwärmt Tedsen von dem Projekt. Der typische Ablauf sieht dabei wie folgt aus: Das Jobcenter des Kreises Steinfurt aber auch andere Institutionen schlagen der WertArbeit und der GEBA Teilnehmende vor. Diese können sich dann freiwillig entscheiden, ob sie teilnehmen möchten oder nicht. Die Beratung findet entweder Zuhause bei den Teilnehmenden oder an den verschiedenen Standorten der beiden Träger im Kreis Steinfurt statt – das entscheiden die Teilnehmenden selbst.

Die Besonderheiten des Projektes erläutert Bianca Köhler, Familiencoach bei der WertArbeit: „Wir passen die Beratung sehr individuell an die Teilnehmenden an und fragen sie, in welchen Bereichen sie welche Unterstützung benötigen. Die Kommunikation findet dabei völlig auf Augenhöhe statt.  Wir lernen die Teilnehmenden sehr genau kennen und schlagen dementsprechend Ideen vor – aber die Teilnehmenden entscheiden zu einhundert Prozent eigenständig, welche Hilfe sie annehmen. Da das Projekt in Gänze freiwillig ist, sind die Teilnehmenden in der Regel motiviert, etwas zu erreichen. Das Eigenengagement ist also oft bereits vorhanden, wird von uns aber auch gefördert und gefordert, wenn dies noch nicht der Fall ist. Wir zeigen auf, welche Möglichkeiten es links und rechts des Weges gibt, bringen die Teilnehmenden so dazu, ihren Tunnelblick abzulegen, und schaffen neue Perspektiven. Dabei profitieren sie auch von unserem großen Netzwerk.“

Das FAMOS-Projekt wird im Rahmen des Programms „Akti(F) – Aktiv für Familien und ihre Kinder“ durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Europäischen Sozialfonds gefördert. Zum 31. Dezember 2022 läuft die Förderung aus, sodass die Träger Stand jetzt nur noch bis Mitte des Jahres neue Teilnehmende aufnehmen können. Der Antrag auf eine Verlängerung ist aufgrund des großen Erfolgs aber bereits in Vorbereitung, sodass möglicherweise auch im kommenden Jahr wieder vielen Familien aus dem Kreis Steinfurt in schwierigen Situationen Hilfe über FAMOS-Projekt erhalten.

Weitere Informationen zum FAMOS-Projekt und die Kontaktdaten der Familiencoachs finden Interessierte auf der Website der WertArbeit unter www.wertarbeit-steinfurt.de/infos-fuer-kunden/famos.