Meldungsdatum: 02.08.2022
Referent Lange ging auf die abwechslungsreiche Brauerei-Geschichte in Bocholt ein. "Gebraut wurde in Bocholt schon immer", so Lange. Häufig brauten Schenkwirte Bier, um es in der eigenen "Kneipe" aufzutischen. Neben solchen kleineren Hausbrauereien wie die 1823 gegründete Schenkwirtschaft Wildör in der Ravardistraße hatten sich im Bocholt des 19. Jahrhunderts vier gewerbliche Brauereien entwickelt, die ihr Bier in Flaschen und Fässern verkauften.
So auch Joseph Deipenbrock. Der gebürtige Ramsdorfer Braumeister kam 1887 nach Bocholt, um eine Schenkwirtschaft mit Brauerei in der Ravardistraße 26 zu übernehmen. Weil Deipenbrocks Söhne im Ersten Weltkrieg als Soldaten dienten und "fielen", wurde die Brauerei mangels Nachfolger 1917 eingestellt.
Die Bocholter Brauer wie Deipenbrock hatten mit verschiedenen Problemen zu kämpfen. Zunächst benötigten sie genügend Eis, um ihr Bier das ganze Jahr über zu kühlen. Dazu wurden z.B. Wiesen jenseits der Schwanenmühle unter Wasser gesetzt. Fror das Wasser zu Eis, so wurde es "geschlagen" und eingelagert. Die Brauereien hielten mit Eis ihr Bier kühl und belieferten damit sogleich die hiesigen Wirtschaften.
Grundwasser zum Bierbrauen geeignet
Neben Eis war eine gute Grundwasserqualität für die Brauereien wichtig. Da schien der Bocholter Süden prädestiniert zu sein. Denn einst führte der Rhein über das Gebiet Biemenhorst-Lankern. Die hinterlassenen Lehmschichten des einstigen Flussbettes filterten das Grundwasser so gut, dass es sich zum Brauen von Bier hervorragend eignete. So entstanden um 1870 eine Brauerei in Biemenhorst und eine in Lankern. Das "Waldschlößchen" in Biemenhorst war bis 1889/90 in Betrieb.
Später wurde es als Wohngebäude genutzt. Einige hundert Meter weiter eröffneten die Gebrüder Amsen aus Bocholt zur gleichen Zeit eine Brauerei in Lankern. Der Sitz des Unternehmens blieb aber stets Bocholt, so auch, als Ende der 1880er Jahre Bernard Langenhoff die Brauerei übernahm. Er führte außerdem in der Bocholter Nordstraße 10 ein bekanntes, bürgerliches Lokal, welches später sein Sohn Heinrich fortführte. Dieser wurde 1915 als Soldat eingezogen, ebenso sein Braumeister. Die Bergbrauerei Langenhoff stellte daraufhin ihren Betrieb ein.
Hirsch-Brauerei Tangerding erlebt Blütezeit
Historiker Lange berichtete auch über die Geschichte der Stenerner Hirsch-Brauerei Tangerding, die zu unbekannter Zeit von der Gutsbesitzerfamilie gegründet wurde. Ein noch erhaltenes Brauereigebäude, in dem der Vortrag stattfand, lässt sich vermutlich auf 1826 datieren. Das Unternehmen muss offenbar floriert haben. Denn 1896/97 erfolgte der großzügige Ausbau zur fabrikmäßigen Dampf-Bierbrauerei. "Hirschbräu", das Bier der größten Brauerei im Westmünsterland, wurde in vielen Bocholter Kneipen getrunken.
Die „Hirsch-Brauerei“ produzierte verschiedene Biersorten wie Export, Pilsener, Alt und das alkoholfreie und „ärztlich empfohlene“ Sanitäts-Malzbier. Außerdem gab es Fassbrause und später die bei Kindern beliebte „fruli“-Fruchtlimonade. Mit Pferd und Wagen wurden Bierfässer und Flaschenbier in die Stadt gefahren, wo „Tangerdings“ in vielen Gaststätten zum Ausschank gelangte. Mit dem Ersten Weltkrieg avancierte Tangerding zur einzigen Brauerei im Westmünsterland.
Pressekontakt: Büro des Bürgermeisters, Pressesprecher Karsten Tersteegen, Telefon 0 28 71 95 33 27, E-Mail: karsten.tersteegen@mail.bocholt.de
Der Vortrag des Bocholter Historikers Dr. Marius Lange zog auf Hof Tangerding viele Besucherinnen und Besucher an.
Viele Besucherinnen und Besucher nutzten die Gelegenheit auf dem Hof der ehemaligen "Hirsch-Brauerei" Tangerdings zu einer Verkostung.
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