Meldungsdatum: 20.02.2023

Ein Jahr Fluchtbewegungen aus der Ukraine: Herausforde-rungen für die Stadt Osnabrück bleiben groß

Sorgen bereiten die Versorgung mit Wohnraum, Kita- und Schulplätzen

Rückblick auf ein Jahr Krieg in der Ukraine und die Herausforderungen bei der Stadt Osnabrück: Insgesamt 2.440 Geflüchtete aus der Ukraine haben sich seit Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar 2022 bei der Osnabrücker Ausländerbehörde gemeldet. Rund 75 Prozent der Erwachsenen sind weiblich und 500 Personen sind im schulpflichtigen Alter. Viele von ihnen haben bei Bekannten, Verwandten oder auf anderem Wege Unterkünfte gefunden. Insgesamt leben zurzeit mehr als 8.600 Menschen mit Fluchterfahrungen in der Stadt. Aktuell kommen weniger Menschen aus der Ukraine nach Osnabrück als in den vergangenen Monaten. 

„Dass sich diese Menschen, die von einem Tag auf den anderen ihre Heimat verlassen mussten, den Umständen entsprechend gut aufgenommen fühlen, ist vielen Helferinnen und Helfern zu verdanken. Behörden und Einrichtungen der Daseinsvorsorge sind eine tragende Säule in der Versorgung und Unterbringung“, sagt Oberbürgermeisterin Katharina Pötter. 

Die Osnabrücker Ausländerbehörde reagierte mit verschiedenen Übergangslösungen flexibel auf die Fluchtbewegung - trotz Personalknappheit und sich verändernden Not- und Rechtslagen. Innerhalb von wenigen Wochen wanderten im Frühjahr 2022 mehr Menschen zu als sonst in ein bis zwei Jahren zusammen. 

„Für die Mitarbeitenden der Stadt ist es eine große Herausforderung, die Geflüchteten zu versorgen. Sie müssen ins System aufgenommen werden, brauchen eine Unterkunft, Mittel zum Leben, Beratung, die Kinder sollen zur Schule gehen, alle sollten sich verständigen können – kurz: Für die Verwaltung ist die Fluchtbewegung ein Kraftakt“, sagt Sozialvorstand Heike Pape. 

Die wichtigsten Infos für Geflüchtete aus der Ukraine, aber auch für Menschen, die helfen wollen, stellte und stellt die Stadt Osnabrück auf verschiedenen Wegen zur Verfügung. Bereits am 28. Februar 2022 wurde eine umfangreiche Website sowie eine Hotline unter 0541 323-3000 eingerichtet. Seitdem beantwortete die Bürgerberatung insgesamt 5930 Anrufe, wovon 4450 Anrufe direkt auf die Ukraine Hotline entfielen. 

Anfangs wurde die Nummer sehr häufig gewählt, mittlerweile sind die Anrufe deutlich weniger geworden. Heute laufen dort immer noch 1-5 Anrufe pro Woche auf, wobei die dortigen Fragestellungen immer komplexer werden. 

Die städtische Website www.osnabrueck.de/ukraine besteht weiterhin und wird je nach aktueller Entwicklung angepasst. Die Informationen gibt es dort auch mehrsprachig gebündelt.  Die Seite bietet unter anderem einen speziellen Leitfaden für ukrainische Geflüchtete sowie einen allgemeinen Wegweiser für Migrantinnen und Migranten an -  inklusive eines mehrsprachigen, digitalen Stadtplans. 

Wohnraum war eines der ganz großen Themen, das schnell drängend wurde. Bereits kurz nach Beginn des Krieges hat die Stadt Osnabrück über ein Online-Formular Bürgerinnen und Bürger um Unterstützung gebeten. Angesprochen waren alle, die zeitweise und schnell Häuser oder Wohnungen zur Verfügung stellen konnten. Insgesamt mehr als 1.000 Angebote hat die Stadt so erhalten, mehr als 600 Geflüchtete konnten in ca. 350 Privatunterkünfte vermittelt werden. 

Nun gilt es, die Menschen langfristig unterzubringen. Vor diesem Hintergrund hat sich der Schwerpunkt der Wohnraumvermittlung hin zur Suche nach abgeschlossenen Wohneinheiten verlagert. Aktuell werden besonders Wohnungen für zwei Personen gesucht, aber auch Wohnraum für Familien. Vermieterinnen und Vermieter mit freien Wohnungen oder Häusern und angemessener Vorstellung über die Höhe der Miete können sich unter https://t1p.de/UkraineWohnungenOS registrieren. 

Notunterkünfte für Geflüchtete hält die Stadt Osnabrück in der (alten) Käthe-Kollwitz-Schule und an der Mecklenburger Straße vor, hier sind bis zu vier Dolmetscherinnen im Einsatz. Vor dem Hintergrund des sehr angespannten Wohnungsmarktes bleibt die Wohnraumversorgung eine der großen Herausforderungen. 

„Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Einrichtungen der Daseinsvorsorgen, die von uns beauftragt wurden, brachten ihre wertvollen Erfahrungen im Umgang mit Migrations- und Fluchtbewegungen aus den vergangenen Jahren ein“, sagte Sozialvorstand Heike Pape. „Osnabrück kann sich auf die Erkenntnisse der Jahre 2015 und 2016 und der systemisch aufgebauten Erstunterbringung und Versorgung von Geflüchteten stützen.“ 

2018 erhielt die Stadt Osnabrück für ihr Integrations- und Versorgungskonzept „Von der Erstaufnahme zur Überleitung in die Regelsysteme“ den Integrationspreis des damaligen Bundesinnenministeriums. Hier verbirgt sich ein Schlüssel lokaler Erfolgsgeschichte, darüber hinaus war Osnabrück bereits in den 1970er Jahren eine der ersten Städte bundesweit, die sich schon frühzeitig mit der Arbeits- und später mit der Fluchtmigration beschäftigte. 

Dazu zählt auch die 2014 modellhaft eingeführte Flüchtlingssozialarbeit einschließlich der Koordinierungsstelle in Osnabrück, die sich mittlerweile etabliert und sämtliche Akteure in der Integrationsarbeit, schwerpunktmäßig die Caritas, die Diakonie, der Exil-Verein, Outlaw e.V. und weitere Partnerorganisationen miteinander verzahnt hat, und damit einen erheblichen Anteil am Erfolg bei der Bewältigung von Fluchtmigration beiträgt. In den Sammelunterkünften übernehmen die Johanniter die Betreuung. 

Verschiedene Dienststellen der Stadt Osnabrück bieten in Zusammenarbeit mit Trägern vielfältige Beratungs- und Unterstützungsformate an, zum Beispiel bei den Themen Aufenthalt, Bildung, Wohnraumsuche, Freiwilligendienste, Antidiskriminierung, Rassismus- und Gewalterfahrung und vielem mehr. Neben der städtischen Migrationssozialberatung – unter anderem auch mit ukrainischer Sprachkompetenz - werden in Zusammenarbeit mit den städtischen Integrationslotsen mehrere offene Erfahrungsaustausche organisiert. Dabei kommen Geflüchtete aus der Ukraine, Mitglieder von Migrantenorganisationen, Sozialbehörden und Freiwillige zusammen, um Wissen und Bedarfe weiterzugeben und auszutauschen. In die Stadtverwaltung sowie in den Migrationsbeirat werden diese Erkenntnisse eingespeist. 

Die Stadt Osnabrück vermittelte viele Freiwillige. Ihre Hilfsangebote reichten von dolmetschen, Behördenbegleitung bis zu eigenständigen Organisation von Sprachkursen. Die Stadt arbeitet dabei unter anderem mit dem Verein Exil zusammen, der vom städtischen Integrationsmanagement speziell auch für Beratungsangebote Geflüchteter finanziell gefördert wird. 

Ein weiteres Beispiel, bei dem der Kraftakt gelungen ist, sind die Leistungen zum Lebensunterhalt. Diese erhielten die Geflüchteten aus der Ukraine bis Ende Mai 2022 über das Asylbewerberleistungsgesetz mit dem städtischen Fachbereich Soziales als Ansprechpartner. Seit dem 1. Juni 2022 ist grundsätzlich das Jobcenter Osnabrück für Lebensunterhalt und Arbeitsvermittlung zuständig, dieser Rechtskreiswechsel war mit einem hohen Aufwand verbunden und bedurfte viel Aufklärung und Koordination. 

Mittlerweile stehen mehr als 1.800 Personen im Leistungsbezug beim Jobcenter Osnabrück, den dortigen Beschäftigten verlangt dies eine dauerhafte Hochleistung ab. Erfreulich ist, dass grundsätzlich eine signifikante Integration in den Arbeitsmarkt erkennbar ist und die Teilnahme an Integrations- bzw. Deutschkursen sehr gut angenommen wird. 

Die Situation unbegleiteter minderjährige Kinder unterscheidet sich wesentlich von der Situation 2015/16, in der viele unbegleitete minderjährige Geflüchtete aus Syrien und afrikanischen Ländern auch in Osnabrück eintrafen. Die Kinder und Jugendlichen aus der Ukraine sind bisher fast ausnahmslos in Begleitung hier. Durch die offenen Grenzen hat allerdings die Zahl der unbegleiteten Minderjährigen aus anderen Herkunftsländern erheblich zugenommen. 

Viel Koordination ist mit Blick auf die Betreuung der Kinder notwendig. In mehreren Kitagruppen war es möglich, im Rahmen der durch das Land Niedersachsen geschaffenen Möglichkeiten Kinder zusätzlich aufzunehmen. Die Fachkräfte in den Einrichtungen haben mit großem Engagement dazu beigetragen, Kinder und Familien in die frühkindliche Bildung einzubeziehen. Die Stadt Osnabrück verfolgt nach wie vor den Ansatz, keine gesonderten Kitagruppen für ukrainische Kinder zu eröffnen, sondern die Kinder in bestehende Gruppen und Angebote zu integrieren. 

Dabei ist es unerheblich, ob die Kinder aus der Ukraine oder aus anderen Ländern nach Osnabrück gekommen sind. Die Platzvergabe, auch für das kommende Kitajahr ab Sommer, erfolgt nach wie vor nach festgelegten Kriterien. Dabei spielen Aspekte wie Sprachförderbedarfe, Berufstätigkeit der Eltern, individuelle Notlagen, aber auch der Status „alleinerziehend“ eine Rolle. Die Bedarfe von Familien werden also gleichermaßen berücksichtigt, eine Bevorzugung ukrainischer Kinder gegenüber anderen Kulturkreisen oder deutschen Familien erfolgt nicht. 

Für die Familien bieten die Osnabrücker Familienbegleiterinnen, die 2022 den städtischen Yilmaz-Akyürek-Integrationspreis erhielten, offene Spielkreise und Spielplatzaktionen an. Die Angebote stehen allen Familien offen und können ohne Voranmeldung wahrgenommen werden. 

Um für Schülerinnen und Schüler, die nicht unmittelbar mit einem Schulplatz versorgt werden konnten, Unterricht zu ermöglichen und einen ersten Input zum Deutschen als Zweitsprache zu vermitteln, hatte die Stadt Osnabrück bereits seit Mai 2022 Übergangsangebote umgesetzt. Hierfür wurden von der Stadt drei Lehrkräfte eingestellt, die die Lerngruppen leiten und von Ehrenamtlichen unterstützt werden. Für Eltern wurde direkt in der Erstaufnahmestelle Käthe-Kollwitz-Schule ein Sprachkurs mit Kinderbetreuung angeboten. 

In der Versorgung der innerhalb von zwölf Monaten zugewanderten rund 500 Kinder und Jugendlichen im schulpflichtigen Alter liegt eine weitere große Herausforderung. Hier gibt es neben dem Bedarf an Schulplätzen insbesondere eine hohe Nachfrage nach Sprachfördermöglichkeiten, beispielsweise durch Sprachlernklassen an den Schulen. 

Allein für die Koordination und Abstimmung der verschiedenen Angeboten wird Personal benötigt. Hinzu kommt noch, dass die der Lehrkräfte für die Übergangsangebote in der Käthe-Kollwitz-Schule vorbereitet werden müssen und natürlich die Beratung selbst. Hier besteht ein enger Kontakt zwischen Schulen, Regionalem Landesamt für Schule und Bildung und Schulträgern, um Angebote zu machen und gleichzeitig Doppelstrukturen zu vermeiden. 

Dieser Prozess ist angestoßen, aber bei Weitem noch nicht abgeschlossen. Das Land Niedersachsen ist seit Jahren bemüht, veränderliche Zuwanderungszahlen in der Unterrichtsversorgung organisatorisch und pädagogisch angemessen zu berücksichtigen. Zur Unterstützung der Beratungs- und Informationsangebote hat die Stadt sehr zeitnah schulbezogenes Informationsmaterial in ukrainischer Sprache bereitgestellt. 

Für die Zukunft steht die Stadt Osnabrück mit allen Kooperationspartnern vor der Aufgabe, allen Zugewanderten unabhängig von deren Herkunft gerecht zu werden. Mittelfristiges Ziel ist es, zukünftig auch den ukrainischen Geflüchteten, Begegnung und Zusammenführung mit der Stadtgesellschaft zu ermöglichen.

Pressekontakt: Silke Brickwedde | Telefonnummer 0541/ 323-2328 | E-Mail brickwedde@osnabrueck.de


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©  Stadt Osnabrück, Dr. Sven Jürgensen
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