Kreis Steinfurt. Die Verantwortung für die Familie und die Aufgaben, die damit einhergehen, sind vielfältig und zeitintensiv. Jeder weiß das. Wenn jemand kleine Kinder betreut, kranke oder alte Angehörige pflegt, ist insbesondere eine Vermittlung in Arbeit schwierig. „Aber möglich!“, betont Tanja Naumann, Vorstand des jobcenters Kreis Steinfurt, und ergänzt: „Wir wollen den Erziehenden im Kreis Steinfurt bessere Integrationschancen eröffnen.“
Aus diesem Grund hat das Jobcenter das Institut für sozialwissenschaftliche Forschung und Entwicklung (IsFE) unter der Leitung der Geschäftsführerin Frau Prof. Dr. Angela Wernberger beauftragt, Möglichkeiten und Chancen, aber auch Schwierigkeiten und Herausforderungen der Arbeitsmarktintegration von Erziehenden im SGB II-Leistungsbezug in der Region zu untersuchen. „Wir wollen einfach besser verstehen, welche Bedürfnisse die Erziehenden konkret haben, woran Arbeitsmarktintegrationen möglicherweise bislang scheitern und welche Hilfen und Unterstützungsleistungen wir geben müssen“, erklärt Naumann. Denn natürlich habe diese Gruppe großes Potenzial. „Insbesondere vor dem Hintergrund des zunehmenden Fachkräftemangels müssen wir sie – gemeinsam mit unseren Partnern am Arbeitsmarkt – stärker und zielgerichteter unterstützen.“
Hierzu haben von August bis November 2022 mehrere empirische Erhebungen wie Fokusgruppendiskussionen, Workshops und Einzelinterviews stattgefunden. Das Team von Prof. Dr. Angela Wernberger hat dabei sowohl die Erziehenden selbst, als auch Mitarbeitende des Jobcenters, Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, soziale Fachkräfte wie beispielsweise Vertreterinnen und Vertreter des Jugendamtes und der Wohlfahrtspflege und weitere Akteurinnen und Akteure des Arbeitsmarktes befragt.
Nachdem diese Ergebnisse ausgewertet wurden, fand jetzt deren Präsentation vor rund 60 Teilnehmenden im TAT in Rheine statt. Unter dem Motto „Brücken bauen“ stellte das Forschungsteam Problemfelder vor, die es den Erziehenden im SGB II-Leistungsbezug schwer machen, eine Beschäftigung aufzunehmen.
Ein Grund dafür ist beispielsweise die im Kreis Steinfurt nach wie vor stark tradierte geschlechtsspezifische Rollenverteilung. Frauen sehen sich als für die Kinder und den Haushalt zuständig. „Dabei ist entscheidend, dass nicht nur die Frauen selbst ihre Rolle so definieren, sondern auch die einzelnen Mitarbeitenden in der Wohlfahrt, dem Jobcenter oder bei Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern von diesem Rollenverständnis geprägt sind und entsprechend agieren“, führt Naumann aus.
Darüber hinaus hindert die mangelnde Mobilität die Frauen an einer Beschäftigungsaufnahme, da es an gut ausgebautem ÖPNV fehlt. Hinzu kommt, dass die zielgerichtete Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure des Arbeitsmarktes – also von Behörden wie dem Jobcenter, Unternehmen und der sozialen Wohlfahrt – durch unterschiedliche Arbeitsweisen und fehlendem Wissen voneinander erschwert wird. Schließlich werden von allen Akteurinnen und Akteuren die gesetzlich vorgeschriebenen bürokratischen Strukturen und Prozesse als hinderlich erlebt. „Wenn der Antrags- und Formularaufwand so hoch ist, dass sich eine Anstellung laut Aussage von Unternehmern nicht lohne oder aber Vermittlungsbemühungen an der Lebenswelt der Erziehenden vorbeigehen, ist das ein Problem“, so Naumann.
„Wir haben den Finger in die Wunde gelegt und wissen jetzt um die Schwachstellen“, führt Tilman Fuchs, Sozialdezernent des Kreises Steinfurt, aus. „Nun müssen wir darüber mit allen Beteiligten ins Gespräch kommen." Bis Mai sollen noch unter der Federführung des Forschungsteams erste Lösungen erarbeitet werden. „Alle Akteure am Arbeitsmarkt sind dazu herzlich eingeladen“, betont Fuchs. Denn die Studie habe eins gezeigt: Erfolgreiche Arbeitsmarktintegration ist ein kollektives und gemeinsames Unterfangen.
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