Meldungsdatum: 01.06.2023

Stadt warnt: Tarifabschluss bedroht Kitas von freien Trägern

Paal: Finanzielle Entlastung durch Landesregierung notwendig

Münster (SMS) Die Stadt Münster appelliert an das Land Nordrhein-Westfalen, die freien Träger von Kindertageseinrichtungen finanziell zu entlasten. Der Tarifabschluss im Öffentlichen Dienst stellt die freien Kita-Träger auch in Münster vor finanzielle Herausforderungen, warnt Thomas Paal, Dezernent für Bildung, Jugend, Familie und Sport. Der Grund: Die freien Kita-Träger orientieren sich bei den Lohnzahlungen in der Regel am Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVöD) der Kommunen.

„Es ist davon auszugehen, dass sie dies auch bezüglich der aktuellen Tarifergebnisse so halten werden“, sagt Paal. „Werden die entstehenden Kosten bei den freien Trägern nicht umgehend durch die Landesregierung refinanziert, geraten viele in eine finanzielle Schieflage und können den Kita-Betrieb nicht aufrecht erhalten.“

In Münster sind von den insgesamt 203 Kindertageseinrichtungen 174 in der Hand freier Träger – also mehr als 85 Prozent. Die Finanzierung der öffentlich geförderten Kitas in Nordrhein-Westfalen ist über das Kinderbildungsgesetz (KiBiz) geregelt. Die Kindertageseinrichtungen erhalten vom Land NRW statt einer Erstattung der tatsächlichen Kosten eine sogenannte Kindpauschale – pro gebuchtem Platz eine festgelegte Summe.  Das KiBiz sieht vor, dass diese jährlich zum neuen Kitajahr angepasst werden.

„Das Problem dabei ist, dass diese Entwicklungen nur zeitversetzt und nicht in der tatsächlichen Höhe weitergegeben werden. Die Löhne wachsen also früher und stärker als die Pauschalen, über die sich die Kitas freier Träger finanzieren“, sagt Sabine Trockel, Leiterin des Amtes für Kinder, Jugendliche und Familien. Wie hoch die Lücke zwischen KiBiz-Förderung und tatsächlichen Kosten für eine Kita im Einzelfall ist, hängt insbesondere von der Anzahl der Mitarbeitenden in den Kitas und – falls vorhanden – von der Höhe der KiBiz-Rücklage ab.

Die Kosten in Folge des neuen Tarifabschlusses lassen sich noch nicht konkret für die Kitas in Münster beziffern. „Zur Sicherung der bestehenden Kindertageseinrichtungen gehen wir derzeit von einem Betrag in zweistelliger Millionenhöhe aus“, schätzt Trockel.

Die Stadt könne die Lücke, die sich durch die mangelnde Auskömmlichkeit der KiBiz-Finanzierung für Kitas freier Träger ergibt, nicht alleine aus kommunalen Mitteln schließen. Trockel appelliert an das Land NRW: „Die Landesregierung muss – wie bereits im Rahmen der KiBiz-Reform 2020 geschehen – dafür sorgen, dass die Durchfinanzierung des Systems zeitnah wiederhergestellt wird. Denn die Mehrkosten ergeben sich bereits im laufenden Kita-Jahr.“

Die Tariferhöhung trifft die freien Träger der Kitas in einer ohnehin prekären wirtschaftlichen Lage. Die Inflation und die höheren Ausgaben im Energiebereich haben die Kosten bereits in der Vergangenheit nach oben getrieben. „Auch diese Kosten werden nicht durch die Kopfpauschalen des KiBiz kompensiert“, so Trockel. „Wir nutzen alle Möglichkeiten, um das Ausmaß des Problems und die Dringlichkeit einer kurzfristigen Lösung weiter den verantwortlichen Stellen beim Land zu verdeutlichen.“

Ende April hatten Bund, Kommunen und Gewerkschaften sich im Tarifstreit um den Öffentlichen Dienst geeinigt. Die Vereinbarung für die mehr als 2,5 Millionen Beschäftigten sieht unter anderem steuer- und abgabenfreie Sonderzahlungen von insgesamt 3000 Euro in mehreren Stufen vor. Ab März 2024 soll es ein Lohnplus von 200 Euro brutto sowie anschließend 5,5 Prozent mehr Lohn geben.