Meldungsdatum: 20.07.2023

Stadtbücherei ist Teil von Gebärdenspiel NRW

Literarische Übersetzungen in „Zwei Richtungen“

Von der Gebärdenpoesie über Literaturübersetzungen bis zur Darstellung eines Mohnkuchenrezepts: Seit dem 17. Juni 2023 bis zum 31.1.2024 zeigen 30 Kulturinstitutionen in ganz NRW Literaturfilme in Gebärdensprache; in öffentlichen Räumen und an öffentlichen Fassaden. Ein Projekt des Filmemachers Kai Fobbe in Zusammenarbeit mit dem gehörlosen Poetry-Deaf-Slammer Rafael-Evitan Grombelka – einem Shooting-Star der Gehörlosen-Poetry-Slam Szene. Die Stadtbücherei Haltern am See ist eine von den 30 Kulturinstitutionen, die an diesem wichtigen Projekt teilnehmen.

 „Ein Gebärdenspiel“ ist ein Übersetzungsspiel, mit der die Sprache der Hörenden und der Gehörlosen dem jeweiligen anderen verständlich und erfahrbar gemacht wird. Zum einen werden literarische Texte in Gebärdensprache übersetzt und visuell dargestellt, zum anderen werden poetische Performances und Literatur in Gebärdensprache (visual vernacular) des gehörlosen Poetry-Deaf-Slammers Rafael-Evitan Grombelka in Schriftsprache übersetzt. So erlangen Hörende wie NichtHörende Zugang zu der Sprache und der Ausdrucksweise der jeweils anderen Gruppe.
In Deutschland gibt es 80.000 Gehörlose. Was wenigen bekannt ist: Auch der Zugang zu Literatur und somit auch zu Bibliotheken ist für sie mit hohen Barrieren versehen. Denn Schriftsprache ist für sie – die ihren eigenen visuellen Wortschatz und ihre eigene Grammatik haben - wie eine Fremdsprache. Der schulische Alltag einer Gehörlosenschule konzentriert sich auf die Wissensvermittlung in Gebärdensprache. Schriftsprache spielt dort, wenn überhaupt eine untergeordnete Rolle. Diese Barriere will das Projekt abbauen – will die Poesie in den Mittelpunkt stellen, die eine Gebärde ausmachen kann und will die Schrift in poetische Gebärden übersetzen. Um dem einen die Sprache des anderen verständlich zu machen und nahe zu bringen. Gezeigt wird visuelle Literatur in Bibliotheken und Kulturinstitutionen: Kunstvoll, spielerisch, poetisch – ein Feuerwerk der Gebärdenkunst.

„Ein Statement von Rafael-Evitan Grombelka“; zu sehen auf den Bildschirmen in den Kulturinstitutionen
„Hallo! Ich bin Rafael Evitan Grombelka.
Taube Menschen in Deutschland benutzen in ihrem Alltag die Deutsche Gebärdensprache (DGS). Diese wurde im Jahr 2002 als offizielle Sprache anerkannt. Taube Menschen haben Schwierigkeiten Texte in Schriftform zu lesen. Das liegt daran, dass die deutsche Lautsprache und die deutsche Gebärdensprache zwei unterschiedliche Sprachen sind. Die Wörter sind zwar dieselben, es gibt jedoch große Unterschiede in den grammatischen Strukturen der Sprachen. Das Lesen fällt tauben
Menschen jedoch auch schwer, weil das Schulsystem einer Gehörlosenschule ein anderes ist. Während sich hörende Kinder in ihrem Schulalltag mit der deutschen Lautsprache, ihren Regeln und ihrer Struktur auseinandersetzen und das auf ganz selbstverständliche Art durch das Hören und Vergleichen des Gehörten, gibt es in Gehörlosenschulen einen anderen Fokus. Überwiegend werden hier Sprech- und Artikulationsübungen gemacht. Die Lehrkräfte selbst haben meist nur sehr wenig Gebärdensprachkompetenz, was bereits in der Schulzeit zu Kommunikationsschwierigkeiten bei der Vermittlung des Unterrichtsstoffs führt. Natürlich können einige taube Menschen auch sehr gut lesen aber für den Großteil bestehen besagte Schwierigkeiten.
Dies ist ein Grund, warum taube Menschen nur selten in Bibliotheken gehen. Denn das Medium, in dem die Werke dort präsentiert werden, ist fast ausschließlich das des Textes. Eine Bereitstellung der Texte in Gebärdensprache wäre für die Teilhabe der tauben Menschen wichtig.
Die Kommunikation in einer Gebärdensprache bringt auch für hörende Menschen Vorteile mit sich. Sie bietet großen Raum für Kreativität und Präzision.

Gezeigt werden diese 12 Texte in Gebärdensprache auf einem großen Bildschirm im Eingangsbereich der Stadtbücherei währen der üblichen Öffnungszeiten. Übersetzungen von geschriebenen Romanfragmenten, von Gedichten oder auch einem Mohnkuchenrezept: …. Übersetzt und performed von Rafael-Evitan Grombelka. Die Filme werden von einem Flyer komplettiert, auf denen die Texte abgedruckt sind – sowohl die Literatur in Schriftsprache als auch die schriftliche Übersetzung der Literatur in Gebärdensprache.

 Zu sehen sind die Filme u.a. auch in Bielefeld, Bochum, Coesfeld, Köln und Wuppertal.

Weitere Informationen auch zu anderen Projekten findet man auf der Homepage  von Kai Fobbe. https://kaifobbe.de/ein-gebaerdenspiel-23/

Kontakt: Andrea Coenen-Brinkert


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