Meldungsdatum: 04.08.2023

10 Jahre KAoA im Märkischen Kreis

Seit 2013 setzt der Märkische Kreis die Landesinitiative „Kein Abschluss ohne Anschluss“ um. Dabei handelt es sich um ein aufeinander aufbauendes System beruflicher Orientierung an Schulen. Die Besonderheit: Bei der Entwicklung passgenauer Angebote sitzen Akteure aus Wirtschaft, Gewerkschaft, Arbeitsverwaltung, Bildung und Sozialverbänden mit am Tisch.

„Kein Abschluss ohne Anschluss“ oder kurz KAoA heißt seit nunmehr zehn Jahren das Credo der Kommunalen Koordinierungsstelle des Märkischen Kreises im heutigen Fachdienst „Bildung und Integration“. Von Anfang an dabei ist Michael Herget, der die Koordinierungsstelle seit 2017 leitet. Gemeinsam mit seiner Kollegin Birgit Luther erhielt er 2013 den Auftrag, die Vorgaben der Landesinitiative umzusetzen und erstmals kreisweit eine systematische berufliche Orientierung mit gleichen Qualitätsstandards an den Schulen zu etablieren. Heute bildet Herget gemeinsam mit Dagmar Schulz und Karina Hahn das Team der Kommunalen Koordinierungsstelle. Ziel ist es, einen möglichst reibungslosen Übergang von der Schule in Ausbildung oder Studium zu gestalten. Dabei wird die Attraktivität einer dualen Ausbildung in den Fokus gerückt.

„Herzlichen Glückwunsch an unsere Kommunale Koordinierungsstelle zum runden Geburtstag. 10 Jahre KAoA zeigen deutlich, wie wichtig eine gut strukturierte und verbindliche Berufsorientierung für jede einzelne Schülerin und jeden einzelnen Schüler ist. Schulabgängern werden hier im Märkischen Kreis sehr gute Perspektiven geboten. Mit allen starken Partnern sorgen wir für einen reibungslosen Übergang von der Schule in Ausbildung oder Studium. Das Angebot ist wichtig, um unsere Region und die Wirtschaft vor Ort zu stärken und dem Fachkräftemangel wirkungsvoll entgegenzutreten. Es geht darum, die Fachkräfte von Morgen vor Ort zu halten und die jungen Menschen auf ihrem Weg in das Berufsleben zu unterstützen. Danke an alle, die daran mitwirken“, sagt Landrat Marco Voge.

Unterstützung bei der beruflichen Orientierung

KAoA vorangegangen war 2011 ein Beschluss im Ausbildungskonsens NRW – einem Gremium, in dem sich die Landesregierung, die Organisationen der Wirtschaft, die Gewerkschaften, die Arbeitsverwaltung und die Kommunen zusammengeschlossen haben. Damit einher ging die Bereitschaft, auf breiter wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene junge Menschen frühzeitig bei der beruflichen Orientierung, der Berufswahl und bei Eintritt in Ausbildung oder Studium zu unterstützen.

Ab dem Schuljahr 2012/2013 wurde KAoA schrittweise in den 53 Kreisen und kreisfreien Städten in NRW eingeführt. Der Märkische Kreis ist bereits seit 2013/2014 mit dabei. Für die Entwicklung und Umsetzung passgenauer regionaler Angebote wurde die Kommunale Koordinierungsstelle des Kreises geschaffen und ihr ein regionales Steuerungsgremium zur Seite gestellt. In ihm sind unter anderem die Agentur für Arbeit, das Jobcenter, die Kammern und Sozialpartner, die Wirtschaftsförderung, die Jugendhilfe, die Schulaufsicht, die Schulen und die Berufskollegs vertreten. Regionale Strukturen und Besonderheiten sowie kommunale Aktivitäten sollten dadurch mehr Berücksichtigung finden.

Handlungsfreiheit und Kreativität

„Allerdings war es am Anfang mitunter nicht immer einfach, die unterschiedlichen Interessen der verschiedenen Akteure unter einen Hut zu bringen“, räumt Herget ein und ergänzt: „Das Land ließ uns viel Handlungsfreiheit und Kreativität bei der Umsetzung seiner Vorgaben.“ Inzwischen arbeiten die Partner eng zusammen und viele gewinnbringende Projekte konnten auf Kreisebene umgesetzt werden. Als Beispiele nennt das Team unter anderem die gemeinsame Internetseite zur Berufsorientierung „JoNa – JobNavi-MK“, den Branchentag „Tag der Pflege“ oder das „Azubi-Speed-Dating“ als Last Minute Initiative zur Besetzung von Ausbildungsplätzen. Jüngster Baustein von KAoA ist die Selbstverpflichtung der Akteure in der Verantwortungskette: Die Verantwortungskette soll sicherstellen, dass Schülerinnen und Schüler ohne Anschlussperspektive rechtzeitig vor dem Schulabschluss identifiziert und zielgerichtet beraten und vermittelt werden.

"Die transparente und konstruktive Kooperation der Kommunalen Koordinierungsstelle mit der Oberen und Unteren Schulaufsicht, so wie sie seit zehn Jahren im Märkischen Kreis von den beteiligten Personen praktiziert wird, war eine ungemein wichtige Voraussetzung für die gelingende und, wie festzuhalten ist, erfolgreiche Umsetzung der Landesinitiative in den Schulen der Region“, betont Ingo Maschoty von der Koordinierungsstelle Berufliche Orientierung bei der Bezirksregierung Arnsberg die Notwendigkeit einer engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit der Akteure, die durch Netzwerkarbeit und Transparenz entstanden ist.

„Alle Partner am Ausbildungsmarkt zusammenarbeiten“

Stefan Marx, Regionsgeschäftsführer des Deutschen Gewerkschaftsbunds NRW Region Ruhr-Mark, erklärt den gemeinsamen Nenner: „Der Märkische Kreis ist das Zentrum der Industrieregion Südwestfalen. Wie kaum ein anderer Landkreis in Südwestfalen sind wir von der Automobilindustrie und anderen Industriezweigen geprägt. Werden die falschen Entscheidungen getroffen, droht die Deindustrialisierung einer ganzen Region. Deswegen ist es nötig, dass alle Partner am Ausbildungsmarkt zusammenarbeiten. Das Ziel eint uns dabei, nämlich die Stärkung der dualen Ausbildung. Wie der regionale Weg dahin ist, darüber wird manchmal kontrovers diskutiert, aber auch das in einer konstruktiven Art und Weise, welche uns dann weiterbringt.“

Schulen sehr gute Partner

Die Schulen begrüßten die Initiative der Landesregierung von Anfang an. „Obwohl es bereits einige Programme zur Berufsorientierung gab und die Teilnahme an dem neuen Programm für die Schulen zunächst freiwillig war, erlebten wir eine herausragende Resonanz: Von damals 72 weiterführenden Schulen wollten 38, also mehr als die Hälfte, von Anfang an dabei sein“, erinnert sich Michael Herget vom Märkischen Kreis. Im Schuljahr 2014/2015 nahmen bereits 52 Schulen teil. Die letzte Schule schloss sich 2018/2019 an. Heute ist KAoA an allen öffentlichen Schulen ab der 8. Klasse verbindlich.

Im Märkischen Kreis werden jährlich rund 15.000 Schülerinnen und Schüler in den Sekundarstufen I und II erreicht, berichtet Dagmar Schulz. Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen oder Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung werden dabei genauso einbezogen wie junge Neu-Zugewanderte.

Praxisangebote sehr gut angenommen

Der Prozess der Berufsorientierung gliedert sich in verschiedene Module. Ab der 8. Klasse starten alle Jugendlichen mit einer „Potenzialanalyse“. Die Jugendlichen absolvieren dabei verschiedene Aufgaben, die ihnen helfen sollen, ihre Stärken, Fähigkeiten und Interessen zu entdecken. Sie erhalten dadurch eine erste Orientierung, die ihnen zum Beispiel bei der Auswahl von Praktika helfen kann. Die verschiedenen Praxisangebote wie Schnuppertage und Praktika in Betrieben werden von den Schülerinnen und Schülern besonders gut angenommen. Begleitet durch Schule, Berufsberatung und andere Akteure können die Schülerinnen und Schüler während des Unterrichts ihre Berufswünsche und Fähigkeiten überprüfen und mit den Anforderungen der Arbeits- und Berufswelt abgleichen. Für die Schulen bedeutet die Berufsorientierung zeitlich und personell eine Herausforderung. „Die Lehrerinnen und Lehrer erleben wir als hochmotiviert. Sie machen einen guten Job“, betont Dagmar Schulz.

Bei den Unternehmen sah das Echo in den Anfangsjahren etwas verhaltener aus. Das Team der Kommunalen Koordinierung leistete viel Überzeugungsarbeit, damit heimische Betriebe ausreichend Praktikumsstellen anbieten. „Vor acht Jahren befanden sich Unternehmen noch in der komfortablen Situation, dass sie reichlich Auswahl unter den Schulabgängern hatten. Sie hatten keine Probleme, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen“, weiß Herget. Allerdings ließ die Prognose der demografischen Entwicklung wenig Zweifel, dass sich dies bald ändern würde.

Arbeitnehmermarkt

Heute ist der Arbeitsmarkt in weiten Teilen ein Arbeitnehmermarkt. Unternehmen sehen sich daher zunehmend vor der Herausforderung, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. „Wir haben heute rund 20 Prozent weniger Schulabgänger als damals. Gleichzeitig geht die Generation der Babyboomer nach und nach in den Ruhestand“, macht Herget die Situation deutlich. Zu spüren bekommen insbesondere die Unternehmen in den südlichen Kreisgebieten die schwierige Verkehrssituation durch die Sperrung der A 45. Das führt zu Abwanderungen. Hinzu kommt, dass die heutige Generation andere Ansprüche an ein gelungenes Leben stellt, als Vorgänger-Generationen. Work-life-balance ist hier ein oft zitiertes Stichwort. Mehr Freizeit und Lebensqualität werden zunehmend höher gewichtet als hohe Verdienstmöglichkeiten.

Das KAoATeam registriert eine große Verunsicherung der Geschäftsführer, wie und über welche Kanäle sie Jugendliche ansprechen sollen. Immer mehr Unternehmen haben Probleme, ihre Ausbildungsstellen zu besetzen. „Der Wettbewerb um Auszubildende nimmt deutlich zu: Aktuell haben wir eine erschreckend hohe Anzahl unbesetzter Ausbildungsstellen, denen nur noch eine Handvoll potentieller Auszubildender gegenübersteht. Um dieser Herausforderung begegnen zu können, braucht es intensive und gemeinschaftliche Anstrengungen und ein starkes Netzwerk(en). Das frühe Ansetzen beruflicher Orientierung im Rahmen der Initiative KAoA ist hier genau der richtige Hebel, den wir von Stunde eins an mit unseren Expertinnen und Experten aus der Berufsberatung unterstützen und begleiten. Nur wenn es uns gelingt, junge Menschen zu befähigen, eine fundierte Berufswahlentscheidung zu treffen, werden wir den so dringend benötigten Nachwuchs für unsere Region gewinnen“, weiß Sandra Pawlas, Vorsitzende der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Iserlohn.

Schnuppertage, Berufsfelderkundung, Praktika

In den Schnuppertagen, Berufsfelderkundungen und Praktika sieht KAoA für Unternehmen gute Chancen, sich als Arbeitgeber zu profilieren und zukünftige Auszubildende für den Beruf beziehungsweise für den Betrieb zu begeistern. "Die hohe Anzahl von neu abgeschlossenen Ausbildungsverhältnissen zeigt, dass die duale Ausbildung nach wie vor eine attraktive Wahl für junge Menschen ist. Die Unternehmen suchen aktiv nach interessierten Auszubildenden, um ihre Fachkräftelücken zu schließen und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Es ist ermutigend zu sehen, dass dieser Trend anhält und junge Menschen die vielfältigen Möglichkeiten der beruflichen Ausbildung erkennen“, sagt Thomas Haensel, Geschäftsführer der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer zu Hagen.

Immer mehr Betriebe nutzen auch die Möglichkeit, sich im Rahmen von ElternDays positiv ins Licht zu setzen. Sind Eltern doch immer mitentscheidende Ratgeber bei der Berufswahl ihrer Kinder. Entscheidend wird aber in Zukunft sein, wie flexibel Unternehmen auf die Bedürfnisse der zukünftigen Arbeitnehmer reagieren. Erste Angebote wie beispielsweise eine Vier-Tage-Woche stehen bereits im Raum.

Sehr gute Bilanz

„In den vergangenen zehn Jahren konnten wir mit KAoA in der beruflichen Orientierung unserer Schülerinnen und Schüler und im Übergangsmanagement stabile Strukturen entwickeln“, zieht Herget eine sehr gute Bilanz. „Doch erfordern auch in Zukunft die sich verändernden beruflichen Vorstellungen der Jugendlichen und die sich rapide wandelnde Wirtschaftslandschaft kreative Konzepte und weitere Optimierungen, um das Ziel „Kein Abschluss ohne Anschluss“ auch tatsächlich umzusetzen. Wir freuen uns als Koordinierungsstelle gemeinsam mit unseren Netzwerkpartnern auf diese Herausforderung."

Pressekontakt: Ursula Erkens 02351 9666149


Zu dieser Meldung können wir Ihnen folgende Medien anbieten:

Über zehn KAoA - Kein Abschluss ohne Anschluss freuen sich Karina Hahn, Dagmar Schulz und Michael Herget. Foto: EWALD/Märkischer Kreis

©  
Über zehn KAoA - Kein Abschluss ohne Anschluss freuen sich Karina Hahn, Dagmar Schulz und Michael Herget. Foto: EWALD/Märkischer Kreis


Die Berufsfelderkundungen und Schülerpraktika sind wichtige Bausteine bei der Berufsorientierung. Foto Herget/Märkischer Kreis

©  
Die Berufsfelderkundungen und Schülerpraktika sind wichtige Bausteine bei der Berufsorientierung. Foto Herget/Märkischer Kreis


Beim Azubi-Speed-Dating in Iserlohn und Lüdenscheid wurden Schülerinnen und Schüler mit heimischen Unternehmen vernetzt. Als Expertinnen und Experten unterstützt haben unter anderem (von links): Dagmar Schulz (KAoA Märkischer Kreis), Maren Röther (Berufsberatung Agentur für Arbeit Iserlohn), Beate Paga (Arbeitgeberverband Lüdenscheid), Kristina Jung (Arbeitgeberverband Lüdenscheid) und Michael Herget (KAoA Märkischer Kreis). Foto: Sandra Jurek / Märkischer Kreis

©  
Beim Azubi-Speed-Dating in Iserlohn und Lüdenscheid wurden Schülerinnen und Schüler mit heimischen Unternehmen vernetzt. Als Expertinnen und Experten unterstützt haben unter anderem (von links): Dagmar Schulz (KAoA Märkischer Kreis), Maren Röther (Berufsberatung Agentur für Arbeit Iserlohn), Beate Paga (Arbeitgeberverband Lüdenscheid), Kristina Jung (Arbeitgeberverband Lüdenscheid) und Michael Herget (KAoA Märkischer Kreis). Foto: Sandra Jurek / Märkischer Kreis