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Hamm, 11. August 2023

Stadtarchiv probte den Ernstfall

Archive bewahren das schriftliche Kulturerbe und Gedächtnis ihrer Stadt. Doch das Kulturgut ist immer auch durch Katastrophen wie Brände oder Wassereinbrüche gefährdet, wie vor Jahren der Einsturz des Kölner Stadtarchivs zeigte. Die Starkregenereignisse in Hamm am vergangenen Wochenende haben erneut die Notwendigkeit einer vorausschauenden Notfallplanung in Erinnerung gerufen, auch wenn das Stadtarchiv Hamm nicht betroffen war und alle Magazine trocken geblieben sind.

Dennoch ist die Notfallvorsorge eine der grundlegenden Aufgaben der Archivarinnen und Archivare. Um den Ernstfall praktisch einzuüben, veranstaltete der Arbeitskreis der Archive des Kreises Unna und der Stadt Hamm mit Unterstützung der Restaurierungswerkstatt des LWL-Archivamts für Westfalen am Mittwoch, 9. August, eine Notfallübung im Bahnhof Bönen. Der Arbeitskreis bildet gleichzeitig einen Notfallverbund, also einen Zusammenschluss verschiedener Archive, um sich gegenseitige Unterstützung bei eventuellen Schadensfällen zuzusichern. Auch die Belegschaft des Stadtarchivs Hamm war mit ihrer Amtsleitung Franziska Rohloff dabei. Die letzte praktische Notfallübung hatte zuletzt 2013 im Stadtarchiv Hamm stattgefunden.

Bei der Übung in Bönen wurden theoretische Grundlagen und praktische Übungen für die Umsetzung eines Notfalleinsatzes bei Wasserschäden im Archivmagazin vermittelt und durchgeführt. Dabei ging es um ganz konkrete Fragen: „Was muss in welcher Reihenfolge getan werden?“ oder: „Welche Vorbereitungen müssen präventiv getroffen werden?“. Das Hauptziel der Übung bestand darin, organisatorische, materialtechnische und handlungspraktische Kompetenzen zu vermitteln. Darüber hinaus bot die Übung eine gute Gelegenheit zur regionalen Vernetzung sowie zum Austausch über Fragen und Details des Notfallverbundes. Die Praxisübung wurde nicht mit richtigem Archivgut, sondern mit sogenannten Kassanda (im Archivjargon: archivunwürdiges, zu vernichtendes Schriftgut) durchgeführt, welche durch die Restauratorinnen des LWL-Archivamtes gewässert wurden.

Schnell wurde den Teilnehmerinnen und Teilnehmern klar: Grundlage jeder Notfallvorsorge ist ein ausgeklügeltes Konzept, welches die individuellen Risiken eines Archivs im Blick hat und die praktische Schulung von Personal beinhaltet. Die praktische Umsetzung folgt bei Wasserschäden einem allgemeinen Muster: Kontaminiertes Archivgut muss geborgen, in Folie verpackt und durch rasches Einfrieren getrocknet werden. Zudem ist eine einheitliche und lückenlose Dokumentation erforderlich, um Archivalien später wieder ihrem ursprünglichen Standort zuordnen zu können.

Was sich im Allgemeinen einfach anhört, birgt im Detail jedoch zahlreiche Fallstricke: Dies zeigte sich insbesondere im praktischen Teil der Notfallübung, welcher eine minutiöse Organisation von Material und Arbeitsabläufen erfordert. Zunächst muss gesichert sein, dass für die Bearbeitung von Archivgut notwendige Materialien in speziellen Notfallboxen vorhanden sind. Dazu gehören unter anderem Folienrollen mit Abrollvorrichtung, Dokumentationsmaterial, Verbandskästen, persönliche Schutzausstattung (Overall, FFP2 Masken), Messer, Scheren, Folien und Plastikbeutel unterschiedlicher Größen sowie Transportkisten. Mindestens drei Teams sind bei einem Notfalleinsatz notwendig: ein Bergungsteam, ein Dokumentationsteam und schließlich ein Verpackungsteam. Je nach Art des Archivguts fällt ein unterschiedlicher Arbeitsaufwand an. Während Aktenordner recht einfach verpackt werden können, bedürfen Großformate wie Karten und Pläne sowie vor allem Kleinformate wie Fotos einer intensiveren Behandlung – beispielweise dürfen Fotos nur in glatten, knickfreien Folien eingewickelt werden, ohne dass sich die beschichteten Seiten von mehreren Fotos berühren. Andernfalls riskiert man beim späteren Gefriertrocknen eine Beschädigung der Fotoschicht.

Für die Mitarbeitenden des Stadtarchivs gibt es ein klares Fazit: Übung und vor allem Organisation machen den Meister. Dank der wertvollen Hinweise der Restauratorinnen des LWL-Archivamtes sind die Mitarbeitenden noch sicherer im Umgang mit beschädigtem Archivgut bzw. Kulturgut und wissen, wie die bestehenden Notfallplanungen im Stadtarchiv verbessert werden können. „Der Ernstfall stellt nicht nur für das Kulturgut, sondern auch für die Nerven eine Belastung dar. Eine klare Organisation und vorausschauende Planungen, teilweise mit externen Akteuren, schaffen einen Rahmen, der diese Belastung mindern kann. Das Thema Notfallvorsorge gewinnt nicht zuletzt durch die klimawandelbedingt heftigeren Extremwetterereignisse immer mehr an Relevanz. Zum Glück haben wir mit dem LWL-Archivamt und dem Notfallverbund der Archive des Kreises Unna starke Partner an unserer Seite“, betont die Leiterin des Stadtarchivs, Franziska Rohloff.




Zu dieser Meldung können wir Ihnen folgende Medien anbieten:

Bei der Notfallübung in Bönen wurde der Umgang mit Archivalien bei einem möglichen Wasserschaden geübt.

Der richtige Umgang mit beschädigten Fotos wurde bei der Notfallübung in Bönen ebenfalls geprobt.

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