Meldungsdatum: 30.08.2023

„Kreisfinanzen mit eigenen Anstrengungen sicher durch die Krisen bringen.“

Überörtliche Prüfung des Kreises Recklinghausen durch die gpaNRW

Die Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen (gpaNRW) hat den Kreis Recklinghausen im Rahmen der überörtlichen Prüfung unter die Lupe genommen. Das Prüfteam ging dabei insbesondere der Frage nach, ob der Kreis sachgerecht, rechtmäßig und wirtschaftlich verwaltet wird.

Die wesentlichen Ergebnisse und Handlungsempfehlungen wurden nun in der Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses am Dienstag, 29. August, durch Projektleiter Dirk Hungermann, die gpa-Prüfer Markus Daschner und Lena Steinkamp sowie gpa-Abteilungsleiter Manfred Wiethoff vorgestellt.

„Wir erleben eine turbulente Zeit der Polykrisen – Ukraine-Krieg, Inflation, Energiekrise, Klimawandel und Pandemie bedeuten Stress für die kommunalen Finanzen. Auch der Kreis Recklinghausen spürt das. Umso erfreulicher ist es, dass der Kreis Recklinghausen die wirtschaftlichen Boom-Jahre genutzt hat und sein Finanzgerüst gestärkt hat. Mit diesem finanziellen Fundament, das weiter gepflegt und gesichert werden muss, gilt es, die anstehenden Herausforderungen anzugehen“, erklärt gpa-Abteilungsleiter Manfred Wiethoff anlässlich der Ergebnispräsentation.

Im Fokus der Prüfung standen die Themenbereiche Finanzen, Zahlungsabwicklung, Beteiligungen, Tax Compliance Management System, Informationstechnik, Hilfe zur Pflege, Vergabewesen sowie Verkehrsflächen mit Straßenbegleitgrün.

„Der Kreis Recklinghausen hat seine Haushaltssituation in den Jahren 2015 bis 2021 verbessert. Positive Jahresergebnisse, eine Reduzierung der Kreditverbindlichkeiten sowie eine Stärkung des Eigenkapitals sind die positiven Kennzeichen dieser Zeitspanne. Erfreulich ist auch, dass die Pro-Kopf-Verschuldung des Kreises niedriger ist als bei den meisten Vergleichskreisen. Allerdings ist weiterhin die Hälfte der kreisangehörigen Kommunen im Kreis Recklinghausen verpflichtet, ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen“, analysiert gpa-Prüferin Lena Steinkamp die Entwicklung der Kreisfinanzen und wagt einen Ausblick: „Die gesamtwirtschaftlichen Abwärtsrisiken nehmen zu. Dies spiegelt sich auch in den Finanzplanungen des Kreises wider, der mit Defiziten in den nächsten Jahren rechnet. Ein Grund dafür ist, dass der Kreis Rücksicht auf die Finanzkraft seiner kreisangehörigen Kommunen nimmt und auf eine auskömmliche Kreisumlage verzichtet.“ Lob erhält der Kreis für seine Haushaltssteuerung, die durch einen unterjährigen Budgetbericht sowie eine frühzeitige Erstellung der Jahresabschlüsse gekennzeichnet ist. Optimierungsmöglichkeiten sieht die gpaNRW beim Fördermittelmanagement sowie in einem restriktiveren Umgang mit Ermächtigungsübertragungen.

Im Handlungsfeld Zahlungsabwicklung hat der Kreis Recklinghausen erforderliche Optimierungen bereits im Laufe der Prüfung umgesetzt. „Die Kreiskasse erzielt mit niedrigem personellen Einsatz hohe Leistungswerte“, stellt gpa-Projektleiter Dirk Hungermann anerkennend fest. Auch in der Vollstreckung erreichen die Beschäftigten hohe Leistungswerte und eine gute Erfolgsquote. Auf die wachsende Zahl an Vollstreckungsforderungen sollte der Kreis, nach Möglichkeit mit einem höheren Personaleinsatz reagieren, rät die gpaNRW.

Die Beteiligungsstruktur des Kreises ist schlank aufgestellt. Somit sind auch die Anforderungen an das Beteiligungsmanagement moderat. „Diese werden von der Kreisverwaltung überwiegend erfüllt“, freut sich Dirk Hungermann.

Das Themenfeld Tax Compliance Management System (TCMS), welches der Überwachung und Steuerung von Steuerrisiken dient, ist erstmals Teil der Prüfung. Die Kreisverwaltung hat sich der Thematik bereits frühzeitig gestellt. Bereits Mitte 2019 wurde eine erste Dienstanweisung erlassen. „Nun gilt es die Weiterentwicklung des TCMS voranzutreiben. Beispielsweise sollte die Dienstanweisung ein Update erfahren“, rät Dirk Hungermann.

Die Kennzeichen der Digitalisierung sind die Virtualisierung und Vernetzung der realen Welt, das Teilen von Daten sowie die plattformbasierte Organisation von Prozessen. Die Digitalisierung sorgt für enorme Veränderungen auch in der Kreisverwaltung. Basis für ein Gelingen des Transformationsprozesses ist eine leistungsfähige Informationstechnik (IT). „Grundsätzliche strategische Grundlagen sind vorhanden, das Prozessmanagement befindet sich im Aufbau und die Kosten je IT-Arbeitsplatz sind vergleichsweise niedrig“, zählt gpa-Prüfer Markus Daschner auf. Die bestehenden Grundlagen sollten zu einer eigenen IT-Strategie weiterentwickelt und ausgebaut werden, empfiehlt die gpaNRW.

Die Hilfe zur Pflege stellt auch im Kreis Recklinghausen eine erhebliche Belastung für das Finanzbudget dar. Besonders die hohe Zahl stationärer Leistungsbezieher belastet den Haushalt. „Obwohl die Transferaufwendungen je Leistungsbezieher geringer sind als in den meisten Vergleichskreisen, ist die Haushaltsbelastung aufgrund der Vielzahl von Leistungsbeziehern hoch. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass der Kreis den Grundsatz ‚ambulant vor stationär‘ durch den Ausbau von teilstationären Angeboten fördert“, erläutert gpa-Prüferin Lena Steinkamp. Optimierungsmöglichkeiten sieht die Landesbehörde mit Sitz in Herne in einem auf dem Fach- und Finanzcontrolling fußenden Berichtswesen sowie in einer regelmäßigen Überprüfung der personellen Aufstellung der Fachaufsicht.

Das Vergabewesen hat der Kreis Recklinghausen gut organisiert. „Die zentrale Vergabestelle gewährleistet eine effiziente und rechtssichere Abwicklung. Die örtliche Rechnungsprüfung ist in den Vergabeprozess gut eingebunden“, lobt Dirk Hungermann. Optimierungspotenziale bestehen punktuell noch in der Dokumentation sowie im Aufbau eines Nachtragsmanagements, so die gpaNRW.

Die Erhaltung der Verkehrsflächen stellt viele Kreise und Kommunen vor eine finanzielle Herausforderung. Auch im Kreis Recklinghausen hat sich der Bilanzwert verringert und die Unterhaltungsaufwendungen liegen unterhalb des empfohlenen Richtwertes. Allerdings geht der Kreis die Aufgabe aktiv an. „Das Aufbruchmanagement ist gut organisiert, eine Straßendatenbank wird bereits eingesetzt und regelmäßige Zustandserfassungen werden vorgenommen. Die weitere Digitalisierung und die Verknüpfung von mehreren Bereichen ist eine unserer Handlungsempfehlungen“, berichtet Markus Daschner. Der Prüfer lobt die Doppelstrategie des Kreises aus nutzungsdauerverlängernden Sanierungsmaßnahmen und Neuinvestitionen sowie die Maßnahmen zur Förderung der nachhaltigen Mobilität.

„Der Kreis Recklinghausen hat gute Haushaltsjahre erlebt und seine Kreisfinanzen verbessert. Die gelebte kommunale Solidarität mit den kreisangehörigen Kommunen ist ein Ausdruck von Verantwortung und Zusammenhalt. Nun gilt es, den Kreis auch in anspruchsvollen Zeiten zukunftsfähig und moderner aufzustellen. Der Prüfungsbericht steht den Verantwortlichen als Werkzeugkoffer bei der Zukunftsgestaltung vollumfänglich zur Verfügung“, unterstreicht gpa-Abteilungsleiter Manfred Wiethoff den konkreten Nutzen der überörtlichen Prüfung.

Landrat Bodo Klimpel erklärt abschließend zu den Ergebnissen der überörtlichen Prüfung: „Ich bin sehr dankbar, dass die gpa die Arbeit der Verwaltung mit geschultem Auge prüft. Gerade der externe Blick zeigt, in welchen Punkten wir gut aufgestellt sind, in welchen Bereichen wir gute Wege weitergehen und wo wir Prozesse optimieren können. Einige Empfehlung der gpa haben wir auch bereits umgesetzt. Bestätigt sehe ich im Bericht unseren Kurs, durch eine solide Haushaltsplanung und wirtschaftliches Handeln am Ende auch die Kommunen zu entlasten und ihnen als verlässlicher Partner zur Seite zu stehen.“

Info zur gpaNRW
Die gpaNRW ist Teil der staatlichen Aufsicht des Landes über die Kommunen und wurde im Jahr 2003 gegründet. Sie hat ihren Sitz in Herne. Ihr ist durch Gesetz und Gemeindeordnung die überörtliche Prüfung aller 396 Kommunen, der 30 Kreise sowie der Städteregion Aachen, der beiden Landschaftsverbände und des Regionalverbandes Ruhr (RVR) übertragen. Seit September 2022 leitet Simone Kaspar (Stellvertreterin des Präsidenten) die Landesbehörde.

Die gpaNRW veröffentlicht ihre Prüfberichte auf ihrer Homepage unter www.gpa.nrw.de.

Kontakt: Öffentlichkeitsarbeit, Lena Heimers, Telefon: 02361/53-4712, E-Mail: l.heimers@kreis-re.de