Meldungsdatum: 01.01.2024
Die Ehemalige Jüdische Schule in Leer ist längst mehr als ein „letzter steinerner Zeuge“ der Synagogengemeinde Leer. Die heutige Gedenk- und Begegnungsstätte des Landkreises Leer stellt zunehmend gesellschaftliche Entwicklungen wie wachsenden Antisemitismus in den Mittelpunkt ihrer Arbeit.
Das spiegelt sich in verschiedenen Formen auch im Jahresrückblick von Susanne Bracht wider, der Leiterin der Ehemaligen Jüdischen Schule (EJS). Sie nennt die Reihe „Jews & Jazz“, die erstmals im Juli und November den Weg nach Leer fand. „Jews & Jazz“ verbindet Literatur und Musik in ungezwungener und unterhaltsamer Form.
Im Oktober richtete die EJS zum zweiten Mal eine zweite Fachtagung aus über „Antisemitismus im Schulkontext - erkennen und handeln“. Dazu kamen Lehrerinnen und Lehrer im Sparkassenforum zusammen. Dr. Gerhard Wegner, Landesbeauftragter gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens, referierte. Im Anschluss folgten Workshops.
Landrat Matthias Groote würdigt die Arbeit der EJS: „Ihr gelingt es, mit dem Mix aus Ausstellungen, Konzerten, Lesungen, Tagungen oder auch wie jüngst der Chanukka-Feier breite Bevölkerungsschichten anzusprechen und für das Thema Judentum und Antisemitismus zu informieren und zu sensibilisieren.“
In ihrem Ausblick auf das kommende Jahr kündigt EJS-Leiterin Susanne Bracht ein spektakuläres Ereignis für den 11. April bis 12. Mai an. Es klingt sprachlich sperrig, aber es ist ein hochmodernes pädagogisches Projekt: Das mobile Escape Room Game namens „Fixing the Boat – Finding Identity”. Wörtlich übersetzt ein Fluchtraum-Spiel. „Wer bin ich und was macht mich aus“ heißt die Frage, die Teilnehmer in einem Teamspiel zu klären haben.
Das geschieht im Fluchtraum eines Bootes, das im Meer treibt und zu sinken droht. Während des Spiels ist die Tür geschlossen. Sie öffnet sich erst, wenn die Aufgaben gelöst sind. Sechs mal drei Meter groß ist der Raum.
Gruppen von vier bis sieben Personen ab 14 Jahren lösen gemeinsam eine Aufgabe. Sie lautet: Da ein Sturm aufzieht, müssen sie das Boot schnell reparieren, um nicht zu sinken. Schaffen sie es nicht, geht mehr als nur das Boot unter. Um die Mission zu lösen, ist Aufmerksamkeit, Einfühlungsvermögen, Kommunikations- und Teamfähigkeit gefragt. Das Spiel dauert mit Einführung und Reflexion maximal 100 Minuten.
Es ist deutschlandweit das erste Escape Room Game, das sich der jüdischen Lebenswelt widmet und sich durch einen kulturpädagogischen Ansatz auszeichnet. Es soll ein tieferes Verständnis für jüdisches Leben, Kultur und Vielfalt der Identitäten wecken und Vorurteilen und Ressentiments vorbeugen.
Träger des Projekts ist SABRA, die „Servicestelle für Antidiskriminierungsarbeit, Beratung bei Rassismus und Antisemitismus“ des Landes Nordrhein-Westfalen und ist ein Angebot gemeinsam mit der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf. Es richtet sich sowohl an Jugendliche als auch an Erwachsene.
Einige Informationen über Escape Rooms: Sie erfreuen sich großer Beliebtheit. Angefangen haben die Fluchtspiele, bei denen Rätsel gelöst werden müssen, um so aus einem Raum zu entkommen, allerdings auf virtueller Ebene. Bekannt geworden sind sie durch Online-Portale. Die Spiele wanderten schließlich vom Internet in die reale Welt. Inzwischen gibt es mehr als 400 Spielräume, die von mehr als 200 deutschen Anbietern angeboten werden.
Die Räumlichkeiten sind variabel. Manche befinden sich in Wohnungen. Beliebt sind die Spiele auch in Katakomben, Kellergewölben, Dachgeschossen oder auf Schiffen und in Museen. Und neuerdings eben in mobilen Räumen wie demnächst an der EJS in Leer.
Kunsthaus Leer bietet heimischen Künstlern professionelle Bühne
Das Kunsthaus Leer am Turnerweg in der Kreisstadt schärft weiterhin sein Profil als Hort bedeutender aktueller Werke und Nachlässe ostfriesischer Künstlerinnen und Künstler - und macht sie der Öffentlichkeit zugänglich. Die Kunst wird fotografiert, digitalisiert und fortlaufend ergänzt, um sie Museen, Galerien und anderen Kulturinstitutionen für Ausstellungen zur Verfügung zu stellen. Außer Gemälden, Grafiken, bearbeiteten Fotografien und kleineren dreidimensionalen Arbeiten übernimmt das Kunsthaus auch persönliche Dokumente aus dem Leben der Künstlerinnen und Künstler.
Mehrmals im Jahr stellt das Kunsthaus in seinen eigenen Räumen aus. In seinem Jahresrückblick vermerkt der Landkreis Leer mehrere Zeugnisse dieser Arbeit unter Leitung der Kunsthistorikerin Susanne Augat. Unter dem Motto „Frühlingserwachen“ eröffnete das Kunsthaus Leer die Saison am Internationalen Museumstag mit Blumenstillleben von Jan Temme und Heinz Pahling, Bildnissen und Gartenbildern von Carla Zierenberg, ostfriesischen und holländischen Hafenansichten von Emil Rizek sowie Federzeichnungen von Siegfried Kunstreich.
Im Sommer gingen Helmut Feldmann und Ahlrich van Ohlen mit ihrer Ausstellung der Frage nach „Was heißt hier `Typisch Norddeutsch`?“. Mit Gemälden aus lasierenden Kupferdruckfarben führte Helmut Feldmann eine von Menschen unberührt gebliebene Natur vor Augen, während Ahlrich van Ohlen in seiner Druckgrafik der Beziehung zwischen der ostfriesischen Landschaft und den hier lebenden Menschen nachspürte.
Zeitgleich beteiligte sich das Kunsthaus Leer an der „Jungen Kulturwoche“ und dem „Kulturpicknick“ im Evenburgpark mit verschiedenen Angeboten. Die Winterausstellung zeigt noch bis zum 14. Januar 2024 Auszüge aus neuen Sammlungsaufnahmen. Zu sehen sind Gemälde, Zeichnungen und Druckgrafiken von Hartmut Bleß, Anne Dück-von Essen, Ida Oelke, Ahlrich van Ohlen, Vitor Ramos und Ulrich Schnelle. Mit mehr als 50 Werken gibt die Schau einen Einblick in die Vielfalt ostfriesischer Kunst der Gegenwart.
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