Meldungsdatum: 30.04.2024
Am diesjährigen Internationalen Holocaust-Gedenktag am 27. Januar veranstaltete die Stadt Borken eine musikalisch begleitete Lesung aus Tagebüchern und Briefen der Westerbork-Häftlinge Etty Hillesum und Philip Mechanicus, die in den Niederlanden eine ähnlich große Bedeutung erlangt haben wie Anne Frank. Nun gibt es die Tagebücher und Briefe der beiden Häftlinge, die im Durchgangslager im niederländischen Westerbork untergebracht wurden, in einer etwas gekürzten und bearbeiteten Audio-Aufnahme zum Nachhören auf YouTube.
In den unterworfenen Niederlanden nutzte der SS-Sicherheitsdienst das Durchgangslager Westerbork ab Juli 1942 für jüdische Männer, Frauen und Kinder, um sie per Eisenbahn deportieren zu können. Das Lager in der Heide südlich von Groningen wurde nicht nur für die niederländischen Juden zum zentralen Ausgangsort deutscher Vernichtungspolitik. Auch viele der für das Westmünsterland zu beklagenden Shoah-Opfer wurden von Westerbork aus deportiert. Aus ihren grenznahen Heimatorten waren sie vor nationalsozialistischer Verfolgung ins Nachbarland geflüchtet, saßen seit dem deutschen Überfall im Mai 1940 aber fest und wurden – abgesehen von den wenigen, die mit niederländischer Hilfe untertauchen konnten – ebenfalls in dem SS-Durchgangslager interniert.
Von Juli 1942 bis zum Sommer 1944 wurden von Westerbork aus rund 100.000 Häftlinge in die Vernichtungslager Auschwitz und Sobibor sowie in die Konzentrationslager Bergen-Belsen und Theresienstadt deportiert. Nur 5.000 Verschleppte kamen mit dem Leben davon, darunter zum Beispiel vier Menschen aus Borken.
So wie Anne Frank in ihren bekannten Tagebüchern eindrücklich die Situation im Hinterhaus-Versteck geschildert hat, so eindringlich haben die Westerbork-Häftlinge Etty Hillesum und Philip Mechanicus in ihren heimlich geschriebenen Tagebüchern und Briefen die Perfidie der SS und des Lagersystems beschrieben, aber auch Zeugnis vom Selbstbehauptungswillen und von manch bewundernswerter Mitmenschlichkeit unter den Häftlingen gegeben.
Auszüge aus den Aufzeichnungen werden in dem Audio-Feature collageartig verwoben. Das Feature ist auf dem YouTube-Kanal der Volkshochschule Borken zu finden und kann auch direkt unter https://borken-nrw.de/tagebuecher-westerbork aufgerufen werden.
Aus der Rekonstruktion der Geschichte Sensibilisierungs-, Orientierungs- und Handlungskriterien für die Gegenwart zu gewinnen, ist das Anliegen, das die Stadt Borken mit Veranstaltungen dieser Art verfolgt.
Zum Hintergrund: Die Mitwirkenden im Audio-Feature
Die Tagebücher der Westerbork-Häftlinge Etty Hillesum und Philip Mechanikus wurden von Sarah Giese und Markus von Hagen in dem Audio-Feature rezitiert. Die Münsteranerin Sarah Giese arbeitet als Hörbuch- und Rundfunksprecherin und als Dozentin für Sprecherziehung und Bühnendialog an der Hochschule für Musik und Tanz Köln. Markus von Hagen ist als Rezitator, Kabarettist, Hörbuchsprecher und in der Erwachsenenbildung tätig. Beide gehören dem Ensemble des Theaters Ex Libris aus Münster an.
Die Flötistin Gudula Rosa begleitet das Feature musikalisch. Rosa ist in der klassischen, der japanischen und der Neuen Musik zu Hause, konzertiert als Solistin und als Mitglied verschiedener Ensembles in Deutschland, Europa und Asien. Außerdem lehrt sie an der Musikhochschule Münster und an der Westfälischen Schule für Musik, wo sie zahlreiche Bundespreisträger „Jugend musiziert“ ausgebildet hat. Das Audio-Feature akzentuiert sie mit fünf Improvisationen auf einer Paetzold-Subbass-Blockflöte.
Dr. Norbert Fasse, Leiter des Stadtarchivs Borken, hat das Skript erstellt und spricht in dieser etwas gekürzten Audio-Version die Intros und das Nachwort.
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