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Meldungsdatum: 02.08.2024

„Promi-Status“ für Prachtexemplare

96 als Naturdenkmale geschützte Bäume im Kreis Borken

Vorbemerkung:

Dieser Text bietet sich auch für eine kleine Serie an.

Der Kreis Borken gehört mit einem Waldanteil von rund 14 Prozent zu den eher waldarmen Regionen in Nordrhein-Westfalen (landesweit: 24,8 Prozent). Das mag auch ein Grund dafür sein, dass hier außergewöhnlich schön geratene, seltene, eigentümliche und alte Bäume stark im Fokus stehen. Aufgrund ihres Erscheinungsbildes, ihrer Lage in der Landschaft und auch infolge ihrer Historie womöglich gar als mythische Stätten genießen diese Prachtexemplare regelrechten „Promi-Status“. Behördlich ausdrücklich dokumentiert wird dies in vielen Fällen jeweils durch die offizielle Anerkennung als Naturdenkmal. Verteilt über das ganze Kreisgebiet gibt es 100 – dazu zählen auch drei Gesteinformationen und eine Quelle.

Die somit 96 geschützten Bäume im Kreis Borken erhalten ganz besondere Zuwendung. Je nach Standort werden sie ein- bis zweimal jährlich von Fachleuten der Unteren Naturschutzbehörde der Kreisverwaltung oder von Sachverständigen eines von dort beauftragten Unternehmens begutachtet. Der Kreis sorgt dann auch für ggf. erforderliche Pflege- und Sicherungsmaßnahmen, die zum Teil vom Land NRW gefördert werden. Alle Naturdenkmal-Standorte sind via Internet im Geodatenatlas des Kreises Borken unter https://www.kreis-borken.de/naturdenkmale einsehbar. Dabei wird deutlich, dass viele der Bäume auf privatem Grund stehen. Etliche befinden sich allerdings auch auf öffentlichen und damit frei zugänglichen Flächen. Eine kleine Auswahl davon wird im Folgenden vorgestellt.


„Ober-Promi“ ist sicherlich der älteste Baum im Westmünsterland – die Femeiche in Raesfeld-Erle. Schätzungen gehen davon aus, dass sie wohl rund 800 Jahre alt ist, andere liegen sogar bei 1.000 bis zu 1.500 Jahren. Zahlreiche geschichtliche Überlieferungen ranken sich um diese Baumpersönlichkeit, die 1819 sogar vom damaligen Kronprinzen von Preußen, dem späteren König Friedrich Wilhelm IV., in Augenschein genommen wurde. 2021 wurde die Femeiche als erster „Nationalerbe-Baum“ von NRW durch die Deutsche Dendrologische Gesellschaft e.V. ausgezeichnet. Gegenwärtig lässt die Gemeinde Raesfeld das Umfeld der seit mehr als 250 Jahren innen hohlen Stieleiche neu gestalten und künftig wird sogar ein Schild an der Autobahn A 31 auf sie hinweisen.

Zudem befindet sich in Raesfeld-Erle die Pius-Eiche. Ausweislich der Informationstafel des Heimatvereins Erle wurde dieser Baum 1871 am Rande des drei Jahre vorher angelegten und dann bis 1967 genutzten Dorffriedhofes gepflanzt. Damit würdigte seinerzeit die katholische Kirchengemeinde das Wirken von Papst Pius IX., der sich damals im 25. Jahr seines insgesamt fast 32-jährigen Pontifikats befand. Der Baum ist aber auch als Friedenseiche bekannt, denn er wird mit dem Frieden von Frankfurt 1871 in Verbindung gebracht, der den Deutsch-Französischen Krieg beendete und damit zur Gründung des Deutschen Kaiserreichs führte. Die Eiche weist erfreulicherweise keine Schäden auf. Mit ausladenden Ästen und sehr breiter Krone wirkt sie weiterhin ausgesprochen vital. 

Die Linde bei Ahaus-Wüllen soll der Legende nach aus sieben Einzelbäumen zusammengewachsen sein, die sieben Brüder kreisförmig eng nebeneinander angepflanzt hatten. Der womöglich mehr als 300 Jahre alte Baum zeigt sich ebenfalls sehr vital, weist jedoch einige Vorschäden auf. Er wurde 1995 eingekürzt und bildet seither eine schöne Sekundärkrone. Um das Astwerk zu entlasten, ist inzwischen eine Reihe von Sicherungen eingebaut worden. Eine Sitzgelegenheit direkt unter dem Baum lädt zum Verweilen ein. In unmittelbarer Nähe dieses schattigen Plätzchens befindet sich ein Bildstock.

Ein regelrechtes Tor bilden zwei links und rechts der Straße stehende Eichen am Ortsrand von Ahaus-Wüllen. Als raumgliedernde Elemente entfalten sie besondere Wirkung. Experten schätzen das Alter beider Bäume auf rund 200 bis 250 Jahre.

Womöglich sogar schon 1.000 Jahre alt ist die Dicke Linde in Legden-Asbeck. Im Volksmund hieß es früher, dass sie eine „positive Strahlung verbreitet“. Beleg dafür sei, dass Wünschelrutengänger in dem Areal heftige Ausschläge registriert hätten. Ob’s stimmt? Auch dieser Baum erlitt im Laufe der Zeit einige Schäden. So wurde er in den 1970er Jahren vom Blitz so schwer getroffen, dass der Stamm entzweite. Dennoch erweist er sich auch heute noch als ausgesprochen „rüstig“. Beleg dafür ist vor allem die schöne Sekundärkrone, die er nach Einkürzung vor gut 20 Jahren ausgebildet hat. Auch hier komplettieren eine Bank und ein- Bildstock in der Nähe das lauschige Ambiente.

Ebenfalls aus Anlass des Endes des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 ließ die Bürgerschaft von Südlohn am dortigen Kriegerehrenmal eine Friedenseiche pflanzen. Der eher schmal und inzwischen hochgewachsene Baum befindet sich in der Ortsmitte von Südlohn. Trotz der Versiegelung seines Umfeldes wirkt er außerordentlich vital.

Überdies steht in Südlohn am Weg entlang des Flüßchens Schlinge eine weitere eindrucksvolle Eiche. Sie wird – geschätzt – 200 Jahre „auf dem Puckel“ haben. Erfreulicherweise sind bei ihr keine besonderen Schäden festzustellen. Jedoch ist den Fachleuten aufgefallen, dass sich oben in ihrem Kronenansatz Wasser sammelt, das glücklicherweise aber am Stamm wieder herauslaufen kann. In der Nähe des Baumes befinden sich Sitzgelegenheiten, die zum Verweilen in diesem flußnahen Idyll einladen.

Im Isselburger Stadtteil Anholt befindet sich neben dem Feuerwehrgerätehaus ebenfalls eine stattliche Eiche. Sie wurde um 1540 gepflanzt, als Truppen aus dem damals niederländischen Geldern unter Kaiser Karl V. vertrieben wurden. Das hohe Alter des Baumes ist nicht nur am dicken Stamm zu erkennen, sondern lässt sich auch aufgrund der gedrungenen, knorrigen Krone erahnen. Auch wenn die Eiche einige Vorschäden aufweist, zeigt sie insgesamt eine gute Vitalität.

Nicht fehlen darf in der Auflistung ausgewählter Naturdenkmale schließlich die Linde auf dem Schöppinger Berg in Schöppingen, die anlässlich des Baus der Bergkapelle anno 1718 gepflanzt wurde. Vor allem aus dem Grund, dass an seinem hochgelegenen Standort häufig ein kräftiger Wind bläst, hat dieser Baum schon einige Vorschäden erlitten. Daher müssen häufig Maßnahmen zu seinem Erhalt ergriffen werden. U. a. wurde er 2001 und 2016 eingekürzt mit der positiven Folge, dass er eine schöne Sekundärkrone ausbilden konnte. Dies führt dazu, dass er trotz aller Widrigkeiten weiterhin sehr vital wirkt. Der Baum, eine Sitzbank in seinem Schatten sowie die Kapelle in der Nähe bilden ein wunderbares Ensemble. Der Ausblick vom Schöppinger Berg weit über die westmünsterländische Parklandschaft ist dann noch der sprichwörtliche Punkt auf dem „i“.

War bislang stets von mehr oder weniger vitalen Baumpersönlichkeiten die Rede, soll nun aber auch nicht verschwiegen werden, dass es mit ihnen irgendwann auch mal zu Ende geht. Dass das ein ganz natürlicher Prozess ist, zeigt sich am Beispiel der Eiche am Hof Kleverth in Stadtlohn. Sie ist seit 1985 durch den rechtskräftigen Landschaftsplan „Zwillbrocker Sandebene – Berkelniederung“ als Naturdenkmal ausgewiesen. Das genaue Alter der Stieleiche ist nicht bekannt. Aufgrund des stattlichen Stammumfangs von beinahe 4,5 Metern kann von einem Alter von etwa 300 Jahren ausgegangen werden. Leider ist sie von holzzersetzenden Pilzen befallen, so dass eine Braunfäule enstand, die am Stamm zu deutlichen Schäden führt. Damit wird die Stand- und Bruchsicherheit des Baumes beeinträchtigt. Man darf sich daher nicht unter dem Baum aufhalten. Die Eiche soll allerdings möglichst bis zum Zerfall erhalten bleiben, denn für das Ökosystem ist die Holzzersetzung ein wichtiger Prozess und ein natürlicher Kreislauf. Zudem bietet der Baum durch seine Verzweigungen und Höhlungen Brutmöglichkeiten für verschiedene Vogelarten. Auch Fledermausarten haben dort wahrscheinlich ihr Quartier. Insekten kommen auch vor, die zum einen das Holz weiter zersetzen und zum anderen als Nahrungsmöglichkeit für Vögel dienen. Über dieses besondere „Geschehen“ informiert vor Ort eigens eine Informationstafel des Kreises Borken.

Dies war nur eine kleine Auswahl der insgesamt 96 beeindruckenden Baumpersönlichkeiten im Kreis Borken, die als Naturdenkmale anerkannt sind. Gerade in der heutigen Zeit haben sie ganz besondere Bedeutung für das heimische Ökosystem und für die Menschen in ihrem Umraum: Sie dienen als Lebensraum für viele Tiere. Den Menschen stiften sie Heimatgefühl und sind häufig für Alt und Jung, Groß und Klein Anziehungspunkt und schattenspendender Treffpunkt. Und wenn sie sprechen könnten, hätten sie sicherlich viel zu erzählen aus ihrem häufig sehr, sehr langen Leben.

Pressekontakt: Karlheinz Gördes, Tel.: 0 28 61 / 681-2424


Zu dieser Meldung können wir Ihnen folgende Medien anbieten:

Die Eiche auf dem Hof Kleverth bei Stadtlohn

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Die Eiche auf dem Hof Kleverth bei Stadtlohn


Die Linde auf dem Schöppinger Berg

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Die Linde auf dem Schöppinger Berg


Eiche an der Schlinge bei Südlohn

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Eiche an der Schlinge bei Südlohn


Ein regelrechtes Tor bilden diese beiden Eichen am Ortsrand von Ahaus-Wüllen

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Ein regelrechtes Tor bilden diese beiden Eichen am Ortsrand von Ahaus-Wüllen


Die Infotafel zur Pius-Eiche in Raesfeld-Erle

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Die Infotafel zur Pius-Eiche in Raesfeld-Erle


Die Linde bei Ahaus-Wüllen

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Die Linde bei Ahaus-Wüllen


Die Pius-Eiche in Raesfeld-Erle

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Die Pius-Eiche in Raesfeld-Erle


Die Femeiche in Raesfeld-Erle

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Die Femeiche in Raesfeld-Erle


Die Dicke Linde in Legden-Asbeck

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Die Dicke Linde in Legden-Asbeck


Die Friedenseiche in Südlohn

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Die Friedenseiche in Südlohn


Der Gedenkstein an der Friedenseiche in Südlohn

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Der Gedenkstein an der Friedenseiche in Südlohn


Die Eiche in Isselburg-Anholt

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Die Eiche in Isselburg-Anholt


Infotafel nahe der Eiche in Isselburg-Anholt

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Infotafel nahe der Eiche in Isselburg-Anholt