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Meldungsdatum: 28.08.2024

Vom Hoffnungslosen zum Hoffnungsstifter:

Experte aus Erfahrung unterstützt Fachabteilung Psychosoziale Gesundheit des Kreisgesundheitsamtes Borken

Zurückgreifen auf die Erfahrungen und das Einfühlungsvermögen von Menschen, die in psychiatrischer Behandlung waren oder noch sind, um die eigenen fachlichen Kenntnisse zu erweitern und gleichzeitig Rat- und Hilfesuchende noch besser unterstützen zu können: Das Konzept der „Genesungsbegleitung“ beschäftigt Reinhild Wantia, Leiterin der Abteilung Psychosoziale Gesundheit, und ihr Team des Sozialpsyschiatrischen Dienstes schon länger. Anfang Februar konnten sie es nun selbst in die Tat umsetzen, denn seither arbeitet bei ihnen ein Genesungsbegleiter mit. Es ist der 33-jährige Lukas Schröer aus Rhede. Nur einige Tage nach dem erfolgreichen Abschluss seiner einjährigen Weiterbildung zum „EX-IN Genesungsbegleiter“ übernahm er diese Aufgabe im Kreisgesundheitsamt Borken. EX-IN steht dabei für den englischen Ausdruck „experienced involvement“, was frei ins Deutsche übersetzt so viel wie „Experte aus Erfahrung“ bedeutet. Nach einem halben Jahr ist jetzt Zeit für eine erste kleine Bilanz:

Genesungsbegleitung ist u. a. in der Psychiatrie ein Ansatz, bei dem Personen, die eigene Erfahrungen mit psychischen Erkrankungen gemacht und diese gemeistert haben, anderen Betroffenen Unterstützung und Begleitung bieten. Sie nutzen dabei das Wissen und die Fähigkeiten, die sie während ihrer Genesung erworben haben. Durch diese Form der Hilfe können Betroffene ermutigt werden, die eigenen Stärken zu erkennen, soziale Kontakte zu erweitern und Strategien zu entwickeln, um besser mit ihren Herausforderungen umgehen zu können.

In der zugrundeliegenden EX-IN Ausbildung werden Konzepte und Methoden vermittelt, um auf diese verantwortungsvolle Aufgabe vorzubereiten. Vorgegeben sind darüber hinaus auch zwei Praktika. Über ein solches kam Lukas Schröer zum Kreisgesundheitsamt Borken. Um möglichst viel Input aus der Praxis mitnehmen zu können, verlängerte er dort diese Pflichtstation auf freiwilliger Basis. In besonderer Weise motiviert aufgrund der hierbei gewonnenen positiven Eindrücke bewarb er sich schließlich erfolgreich um die dort neugeschaffene Stelle als Genesungsbegleiter bei der Kreisverwaltung Borken.

„Der Erste ‚meiner Art‘ im Kreishaus zu sein, gibt mir viel eigenen Gestaltungsspielraum. Ich kann Ideen einbringen und Projekte forcieren, die mir besonders wichtig sind,“ freut sich Lukas Schröer. Neben seiner Haupttätigkeit in der Beratung und Begleitung von ratsuchenden Menschen liegt ihm besonders die Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen am Herzen. Zudem ist er mitbeteiligt, ein erstes Netzwerk innerhalb der derzeit noch sehr überschaubaren Gruppe von Genesungsbegleitern im Kreisgebiet zu schaffen.

„Erleichtert wird meine Arbeit im Gesundheitsamt durch die große Wertschätzung, die mir meine Kolleginnen und Kollegen entgegenbringen“, fühlt er sich gut aufgenommen. Wie er von einigen anderen Genesungsbegleitenden gehört habe, sei eine solch wohlwollende Haltung nicht überall selbstverständlich. So komme es immer noch vor, dass sie von Fachkräften als zusätzliche Arbeit oder unliebsame Konkurrenz angesehen würden. Für Reinhild Wantia ist hingegen klar: „Lukas Schröers Wirken gibt dem Team wichtige neue Impulse für die Arbeit mit unseren Klientinnen und Klienten.“

Dass er überhaupt einmal Mitarbeiter eines Sozialpsychiatrischen Dienstes werden würde, hätte er zu Schulzeiten nicht für möglich gehalten. Stattdessen widmete er sich nach Abitur und Zivildienst dem Studium des Wirtschaftsingenieurwesens. Dieses konnte er schließlich trotz mehrerer langer und schwerer Krankheitsepisoden erfolgreich abschließen. Er arbeitete dann vier Jahre lang als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer Hochschule. Auch in dieser Zeit musste er eine lange Krankheitsphase bewältigen. Dabei habe er aber in besonderer Weise Erfahrungen und Wissen sammeln können. „In der EX-IN Ausbildung lernte ich dann, diesen ‚Schatz‘ dafür zu nutzen, andere auf deren Genesungsweg zu begleiten“, macht er deutlich und konstatiert: „Über lange Zeit hatte ich keinerlei Hoffnung, meine eigene Erkrankung irgendwann bewältigen zu können. Daher bin ich stolz, auf meinem Genesungsweg so weit gekommen zu sein, dass ich nun beruflich Hoffnungsstifter und Mutmacher für andere Menschen in seelischer Not sein darf.“

Infokasten
Vom 9. September bis zum 10. Oktober 2024 findet im Westmünsterland der Aktionsmonat „SEELISCH GESUND“ statt. In diesem Zeitraum wird es kreisweit 39 Veranstaltungen geben, die sich auf vielfältige Weise mit diesem wichtigen Thema befassen: Ausstellungen, Fachvorträge, Autorenlesungen, Filmvorführungen, Workshops, Mitmachparcours. Dabei geht es zum Beispiel um Hintergründe zu Demenzerkrankungen, zum Leben in Einsamkeit, Informationen über Cannabis, Fragen an Experten zum Thema Verwahrlosung, Ideen zum Gespräch über Depressionen oder Vorbeugung von Essstörungen. „Eingeladen dazu sind alle interessierten Bürgerinnen und Bürger“, betont das Organisationsteam um Reinhild Wantia, Leiterin der Abteilung Psychosoziale Gesundheit im Kreisgesundheitsamt Borken. Den Veranstaltungskalender sowie alle weiteren wichtigen Informationen gibt es im Internet unter www.kreis-borken.de/seelisch-gesund.

Pressekontakt: Karlheinz Gördes, Tel.: 0 28 61 / 681-2424


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Reinhild Wantia, Leiterin der Abteilung Psychosoziale Gesundheit im Kreisgesundheitsamt Borken, und der neue Genesungsbegleiter Lukas Schröer

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Reinhild Wantia, Leiterin der Abteilung Psychosoziale Gesundheit im Kreisgesundheitsamt Borken, und der neue Genesungsbegleiter Lukas Schröer