Meldungsdatum: 22.10.2024

Schmuckdosen aus dem Hause Schmalbach

- Neue Themeninsel in der Ausstellung „Mensch, Maschine!“

Die Dauerausstellung zur Industriegeschichte der Stadt Braunschweig wird um eine neue Themeninsel erweitert: Kreativ und ungewöhnlich gestaltete Schmuckdosen aus dem Hause Schmalbach bereichern ab Samstag, 2. November, die Schau im Gaußsaal des Altstadtrathauses, Altstadtmarkt 7. Die feierliche Eröffnung findet am Freitag, 1. November um 18 Uhr in der Kleinen Dornse des Altstadtrathauses statt. Der Eintritt ist frei. Die Ausstellung wurde mit Leihgaben unterstützt von Peter Pospiech, Schmalbach-Museum Braunschweig.

 

Die Schmuckdosen des 1898 gegründeten traditionsreichen Braunschweiger Verpackungsunternehmens erlebten in den 1950er und 1960er Jahren eine Blütezeit und sorgten dafür, dass aus verwechselbaren Massenprodukten individuell gestaltete Waren wurden.

 

 Manchmal wurden die Verpackungen gar zu geschätzten Sammelstücken, die in den Haushalten langfristig aufgehoben wurden. Dies spiegelt sich in der Vielfalt der Ausführungen hinsichtlich Form und Dekor wider. Schmalbach stellte die Dosen nach den individuellen Wünschen der Kunden her. Das Unternehmen warb in diesem Zusammenhang mit dem Slogan: „Verpackung nach Maß“. Besonders beliebt waren dabei die Behältnisse für Tee, Kaffee und Süßwaren. Die Verbindung von ästhetischem Dekor, Haltbarkeit und Geschmacksstabilität galt als Markenzeichen der Schmalbachschen Schmuckdosen. Sie spiegeln in Farbe und Form den Wechsel der Epochen. Sie sind Zeugen des jeweiligen Zeitgeistes – und des Alltags, der verziert werden sollte.

 

Die Schau beleuchtet auch die Geschichte von Schmalbach. Die kleine Blechwarenfabrik entwickelte sich zu einem großen europäischen Verpackungskonzern. Sie erinnert an die innovative Vergangenheit in Herstellung und Gestaltung sowie an die kulturelle Bedeutung der Schmuckdosen. Seit dem 1. April 2003 heißt das Unternehmen Ball Packaging Europe und hat seinen Hauptsitz in Zürich. In Braunschweig werden heute Deckel für Getränkedosen hergestellt. Seit 2016 gehört das Unternehmen zur Ardagh-Group.

 

In der Ausstellung sind rund 40 Objekte zu sehen, die die kostbare Vielfalt und gestalterische Pointen der Schmuckdosen verdeutlichen. So wurde eine größere Serie von Dosen mit sogenanntem Craqueleé-Mustern produziert. Der Legende nach vergaß einmal ein Druckgeselle bedruckte Bleche im Trockenofen. So entstanden auf der Oberfläche Risse, die an Craqueleé auf alten Ölgemälden oder Keramikobjekten erinnerten. Diese Verarbeitungsmethode wurde dankbar aufgegriffen. Die fabrikneuen Craqueleé-Dosen erschienen so als altehrwürdige Kunstobjekte mit Patina. Einige Dosen erinnern hierbei an Porzellangefäße, andere erscheinen als goldfunkelnde, filigran gearbeitete Behältnisse, andere wiederum verbanden Craqueleé-Muster mit antikisierenden Motiven. 

 

Die Schmuckdosen entstanden zunächst fast ausschließlich in Handarbeit. Dadurch fielen die Produktionskosten sehr hoch aus. Aus diesem Grund wurde zunehmend eine vereinfachte, industriell hergestellte Formgebung bevorzugt. Die Schmuckdosen mit individuell aufgedruckten Motiven entsprachen dann von der Form her gängigen Behältnissen. Ein Beispiel für diese Spielart der Schmuckdose ist die Kaffeedose aus dem Jahr 1984, die mit dem Motiv „Das Evangeliar von Heinrich dem Löwen“ verziert ist. Die Dose wurde hergestellt, um an die Erwerbung des Evangeliars Heinrichs des Löwen zu erinnern. 1983 waren Braunschweiger Bürger und Unternehmen aufgerufen, für den Erwerb des Evangeliars zu spenden, um das einzigartige Dokument für die Region zu erhalten. Braunschweiger Unternehmen engagierten sich für dieses Kunstwerk in besonderem Maße: Auch die damalige Schmalbach-Lubeca AG überreichte eine Spende. Das Evangeliar verblieb in der Region, ist heute in der Herzog August-Bibliothek in Wolfenbüttel aufbewahrt.

 

Ein weiteres Highlight der Ausstellung ist die Vase „Icosaeder“, entworfen von dem berühmten Künstler M.C. Escher für die Schwesterfirma Nederlandse Verenigde Blikfabrieken. Diese Vase zeigt die technische Kreativität und den kunstvollen Anspruch des Unternehmens. Der Künstler Herbert Waltmann (1919 bis 1999), vor allem für seine oft historischen oder historisierenden Stadtansichten bekannt, schuf für Schmalbach eine Serie von Motiven für Schmuckdosen. So wurden die für den alltäglichen Gebrauch bestimmten Behältnisse zum Spiegel eines künstlerischen Blicks auf die Welt, der Idyllen genauso wie alltäglichen oder - nach dem Zweiten Weltkrieg - zerstörten eine eigene Ästhetik entlockte.


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Kleine Teedose, Schmalbach-Museum

©  Dirk Scherer
Kleine Teedose, Schmalbach-Museum


Süßrahmmargarine-Dose, Schmalbach-Museum

©  Dirk Scherer
Süßrahmmargarine-Dose, Schmalbach-Museum