Meldungsdatum: 18.11.2024

Starker Nachwuchsmangel im Fleischerhandwerk

Fleischermeister Christoph Laschke im Interview

In dritter Generation führt Christoph Laschke (56) seine Fleischerei in Heek. Münsterländer Spezialitäten wie der Westfälische Knochenschinken oder Wurstebrot werden hier nach Familienrezepten handwerklich hergestellt. Die Tiere stammen von Höfen aus der nahen Umgebung, die Schlachtung findet ebenfalls im Kreis Borken statt. Daher sind die Produkte mit dem Münsterland-Siegel ausgezeichnet.

Christoph Laschkes Sohn Laurenz tritt in die Fußstapfen seines Vaters – und das ist im Fleischerhandwerk mittlerweile die Ausnahme. Laut der Datenbank Statista sank die Zahl der Azubis zum Fleischer deutschlandweit von 7.811 im Jahr 2007 auf 2.472 im Jahr 2023.

Hallo Herr Laschke, wie ist es um den Nachwuchs im Fleischerhandwerk im Kreis Borken bestellt?
Ich bin Optimist, aber die Situation ist schwierig. Mein Sohn war vor zwei Jahren der einzige Metzgergeselle in seiner Klasse am Berufskolleg Borken. Zwei junge Frauen kann man hinzuzählen, weil sie die Ausbildung zur Fleischereifachverkäuferin gemacht haben. Also drei Azubis aus dem gesamten Kreis.

Von Heek nach Borken zu gelangen ist für junge Leute ohne Auto ziemlich schwierig. Gab es kein näher gelegenes Berufskolleg?
Leider nicht mehr. Früher konnte man zu den Berufsschulen in Ahaus und Bocholt. Zu meiner Zeit 1986 hatten wir zwei volle Metzgerklassen mit 40 Azubis, zusätzlich eine Klasse Verkäuferinnen. Aber diese Klassen sind mangels Nachfrage geschlossen worden. Das Berufskolleg in Rheine wäre die Alternative zu Borken. Mit dem Bus klappt das nicht, daher übernehme ich die Fahrtkosten für meine Azubis. Man muss ja auch Anreize schaffen.

Wie erklären Sie sich das gesunkene Interesse am Fleischerhandwerk?
Oft haben die jungen Leute eine falsche, negative Vorstellung von unserem Beruf. Wer sich für Lebensmittel interessiert, auch fürs Kochen, und wer kreativ ist, ist bei uns richtig. Es geht um handwerkliches Wissen, um Herstellung, auch um den Umgang mit Kunden, nicht nur um körperliches Arbeiten. Ich empfehle immer ein Praktikum, um sich selbst ein Bild zu machen. Der Trend zur Akademisierung ist natürlich auch bei uns spürbar. Mittlerweile gibt's mehr als doppelt so viele Studenten wie Auszubildende, auf zehn Studenten kommen noch vier Azubis. Ich möchte den jungen Menschen aber zeigen: Wenn man eine Lehre macht, ist man nicht sein Leben lang zwingend an der Schüppe – das sollten wir differenzierter betrachten. Man kann auch ohne Abi eine Lehre als Fundament nehmen, wenn man clever ist.

Wie ist es mit der Kundschaft? Ist die aufgrund der Konkurrenz zum Einzelhandel auch schwieriger zu erreichen?
Zum Glück ist die „Geiz ist geil“-Mentalität etwas weniger geworden. Die Leute im Münsterland schätzen regionale Lebensmittel und handwerkliche Qualität. Trotzdem kaufen 90 Prozent der Menschen ihre Fleisch- und Wurstwaren im Supermarkt oder Discounter. Ich kann noch gut von meinem Geschäft leben, aber wenn man mal guckt: Es gab mehrere Metzger in Heek, Nienborg, Ahaus, Legden, Epe, sogar in Asbeck. Mittlerweile sind es viel weniger und die Öffnungszeiten sind öfters eingeschränkt. Rund 15 Kollegen haben in den letzten Jahren aufgehört, weil niemand das Geschäft übernehmen konnte. Ich bin dankbar, dass es in unserem Familienbetrieb anders ist und mein Sohn Laurenz unseren Beruf mit großer Freude ausübt.

 

INFO:
Die Fleischer:innen-Ausbildung ist im Münsterland an den Berufskollegs Borken, Rheine und Coesfeld (hier nur im ersten Jahr) möglich. In den Kreisen Borken und Coesfeld gab es im Ausbildungsjahr 2023/24 laut Handwerkskammer Münster 14 Fleischerlehrlinge. Im kompletten Kammerbezirk (deckungsgleich mit dem Gebiet der Bezirksregierung Münster) gab es 31 Lehrlinge.
„Das ist leider sehr wenig“, sagt André Brinckmann, Ausbildungsberater bei der Handwerkskammer Münster und Fleischermeister. „Das ganze Schulsystem steht und fällt mit der Schülerzahl: Die Mindestbeschulung liegt bei 16 Lehrlingen, damit eine Klasse geführt werden kann.“ Die Fleischerlehrlinge würden daher zumeist gemeinsam mit den Bäckerlehrlingen unterrichtet.


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Fleischerei Laschke_Münsterland-Siegel

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Fleischerei Laschke_Münsterland-Siegel

Fleischermeister Christoph Laschke Foto: Münsterland e.V./Lethmate


Fleischerei Laschke_Münsterland-Siegel_Herstellung

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Fleischerei Laschke_Münsterland-Siegel_Herstellung

In der Fleischerei Laschke werden die Produkte handwerklich nach Familienrezepten hergestellt. Foto: Münsterland e.V./Lethmate


Fleischerei Laschke_Münsterland-Siegel_Produkte

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Fleischerei Laschke_Münsterland-Siegel_Produkte

In der Fleischerei Laschke werden die Produkte handwerklich hergestellt. Foto: Münsterland e.V./Lethmate