Pressemeldung der Stadt Bocholt

Bocholt, 15. Mai 2001

Betreuerschulung ein voller Erfolg

AWO-Fachmann Erwin Hegering referierte am 14.05.01 zum Thema "Das neue Insolvenzrecht"

Bocholt (pd).

35 ehrenamtliche Betreuer und Betreuerinnen waren der Einladung der Betreuungsvereine der Arbeiterwohlfahrt (AWO) und des Sozialdienstes katholischer Frauen (SKF) sowie der Betreuungsbehörde beim Fachbereich Soziales der Stadtverwaltung Bocholt zu einer Schulungsveranstaltung am Montagabend in den Ratssaal des Rathauses gefolgt. Schuldnerberater Erwin Hegering von der AWO-Westmünsterland in Bocholt referierte zum Thema "Das neue Insolvenzrecht". Zu Beginn der Veranstaltung gab der Referent zunächst einen allgemeinen Überblick über die Schuldnerberatung der Arbeiterwohlfahrt in Bocholt und daran anschließend über das neue Insolvenzrecht, was seit dem 01. Januar 1999 in Kraft ist. Hegering führte aus, dass aufgrund des fortschreitenden strukturellen Wandels in unserer Gesellschaft sich die wirtschaftliche Situation in den Haushalten derartig verschlechtert hat, dass viele von ihnen enorm verschuldet sind. Ein begünstigender Grund dürfte darin liegen, dass der Weg in die Verschuldung heute einfacher ist als noch vor einigen Jahren. Nach dem Motto "Jeder verdient an jedem" werden sehr viele Haushalte heute durch zunächst günstige Kredite verschuldet und später durch die Vielzahl der Gläubiger in die Überschuldung geführt. Nach vorsichtigen Schätzungen und Statistiken dürften zum jetzigen Zeitpunkt in der Bundesrepublik Deutschland mehr als 2,8 Mio. Haushalte überschuldet sein. Nach den bisherigen Regelungen des Konkursrechts hatte ein Schuldner nie die Möglichkeit, bei einer vorliegenden Überschuldung auf normalem Wege seine Schulden zurückzuzahlen. Dies führte zumeist dazu, dass die Schuldner nicht nur ihr gesamtes Vermögen verloren, son-dern auch mit dem wenigen dann noch vorhandenen Einkommen bis an ihr Lebensende Schulden tilgen mussten. Diese Tatsache mündete bei vielen in lebenslangen wirtschaftlichen Problemen und auch teilweise zu nicht überwindbaren persönlichen Differenzen mit dem Le-benspartner und den Familienangehörigen. An dieser Stelle führte Hegering aus, dass sehr viele Menschen aufgrund von Lebensschicksalen wie Arbeitslosigkeit, Erkrankung, Sucht-problemen und vor allen Dingen auch aufgrund einer Ehescheidung in einen Teufelskreis geraten, aus dem sie ohne Hilfe nicht wieder herauskommen. Sodann zeigte der Referent und ausgewiesene Experte des Insolvenzrechts in eindrucksvoller Art und Weise die Regelungen des Insolvenzrechts auf.

Im ersten Teil seines Referats definierte Erwin Hegering das Wort "Verbraucherkonkurs". An einem Beispiel erläuterte er den Grenzbereich zwischen einer sogenannten Altfall- und Neufallregelung. Auch ging er auf das Thema von laufenden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sowie von Vermögenszuwächsen im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge ein. Ferner wurde den Teilnehmern der Schulungsveranstaltung das außergerichtliche Einigungsverfahren erläutert. Dieses ist eine zwingende Voraussetzung für das Insolvenzverfahren. In zahlreichen Unterpunkten wie z. B. dem Verschweigen von Vermögenswerten bzw. der Nichtdurchführung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bis hin zum Einigungsversuch verdeutlichte der Referent die besonderen Schwierigkeiten im außergerichtlichen Einigungsverfahren. Deutlich sagte er, dass sehr oft das außergerichtliche Einigungsverfahren scheitern würde, da es durchaus vorkomme, dass ein Schuldner bis zu 80 Gläubiger habe und hier dann der eine oder andere Gläubiger dem außergerichtlichen Einigungsverfahren nicht zustimmt.

Nach dem Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuchs folgt dann das gerichtliche Verfahren mit dem darin enthaltenen Schuldenbereinigungsverfahren. Hegering erklärte, dass die Schuldner für die reinen Gerichtskosten Prozesskostenhilfe beim Amtsgericht beantragen könnten. Die Verfahrenskosten von ca. 1.800 DM müsse aber jeder Schuldner selbst aufbringen. Dieses wäre z. B. bei einem Sozialhilfeempfänger ein unüberwindliches Hindernis, da die Bürger ja wegen der Überschuldung kein Barvermögen hätten und die Sozialämter die Verfahrenskosten nicht übernehmen würden. Hier konnte der Referent dann den Schulungs-teilnehmern aber ein wenig Hoffnung machen. Zurzeit würde eine Gesetzesänderung diskutiert, wonach dieser Betrag bis zum Ende der Wohlverhaltensphase (7 Jahre) gestundet wird. "Das wäre dann eine echte Hilfe für die Betroffenen", meinte der Referent.

Wenn auch das gerichtliche Verfahren und das darin enthaltene Schuldenbereinigungsverfahren keine Einigung zwischen Schuldner und Gläubiger erzielen kann, steht das vereinfachte Insolvenzverfahren an. Wegen der Komplexität des Themas konnte der Referent auch hier nur die wesentlichen Aspekte erläutern. Es ging sowohl um besondere Vorschriften der Verletzung der Mitteilungspflicht als auch um eine vorsätzliche Minderung des Vermögens durch Veräußerung. In jeder Phase des Verfahrens bestehen genügend Fallstricke, was zur Folge hat, dass das Verfahren ganz wieder aufgehoben wird. Zum Schluss seines rund einstündigen Vortrags erläuterte der Fachmann die Wohlverhaltensphase mit dem Ziel der Restschuldbefreiung. Hegering machte keinen Zweifel daraus, dass auch diese sogenannte Wohlverhaltensphase von sieben Jahren eine schwere Belastung für die Schuldner wäre. Wörtlich meinte er: "Das Gesetz fordert einiges vom Schuldner." Wenn man indes bedenke, dass ein langjährig verschuldeter Mensch dann aber zum Schluss des Verfahrens von seinen Schulden befreit wäre, so würde sich jeder Kampf auf jeden Fall lohnen. Da einige der anwesenden Betreuer und Betreuerinnen ehrenamtlich einen Menschen mit Schulden betreuen, entwickelte sich anschließend eine rege Diskussion zwischen dem Referenten und den Teilnehmern der Ver-anstaltung. Zahlreiche Fragen zum Thema und die Tatsache, dass alle Teilnehmer bis zum Schluss beiwohnten, zeugen von einer hohen Qualität der gesamten Veranstaltung.

Der Leiter der Betreuungsbehörde beim Fachbereich Soziales der Stadtverwaltung Bocholt, Bernhard Kerkhoff, dankte anschließend Herrn Hegering mit einem Präsent für seinen fachlich hervorragenden Vortrag und vor allen Dingen für seine Mühe, hochkomplizierte rechtliche Vorgänge den ehrenamtlichen Betreuern und Betreuerinnen in verständlicher Form näher zu bringen. Ferner führte Kerkhoff aus, dass die Betreuungsvereine der Arbeiterwohlfahrt und des Sozialdienstes katholischer Frauen gemeinsam mit der Betreuungsbehörde im zweiten Halbjahr 2001 weitere Veranstaltungen für ehrenamtliche Betreuer und Betreuerinnen anbieten würden. Ganz konkret wies er schon auf den Stammtisch für ehrenamtlich tätige Betreuer und Betreuerinnen in der Gaststätte "Werk II", Gasthausplatz 2 in 46397 Bocholt, an jedem zweiten Donnerstag im Monat hin. Beginn ist jeweils um 19.00 Uhr, der erste Stammtisch findet am Donnerstag, dem 07. Juni 2001 statt. Betreuungsvereine wie aber auch die Betreu-ungsbehörde suchen weiter Menschen, die gerne die ehrenamtliche Betreuung für einen Mitmenschen übernehmen möchten. Informationen gibt es beim Betreuungsverein der Arbeiterwohlfahrt in Bocholt unter der Telefonnummer 18 65 29 sowie beim Sozialdienst katholischer Frauen in Bocholt, Telefon 25 182 23, und bei der Betreuungsbehörde unter der Telefonnummer 953-128.


Zu dieser Meldung können wir Ihnen folgende Medien anbieten:

Bernhard Kerkhoff (links) begrüßt den AWO-Experten Erwin Hegering

Zwischen Referent und Teilnehmern entwickelte sich eine rege Diskussion.