Bocholt, 13. Januar 2002
"Nicht selbstzufrieden zurücklehnen, sondern Stärken bewusst machen"
Neujahrsansprache von Bocholts Bürgermeister Klaus Ehling/Neu! Audio-Live-Mitschnitt
Bocholt (pd).
Wie steht es derzeit um Bocholt, und wie geht es künftig weiter? Diesen Fragen widmete sich Bocholts Bürgermeister Klaus Ehling in seiner traditionellen Neujahrsrede, die er am 13. Januar vor rund 230 geladenen Gästen im großen Saal des Historischen Rathauses von Bocholt hielt.
Seine Bestandsaufnahme der derzeitigen Situation eröffnete Bürgermeister Ehling mit den Worten: "Alle fundamentalen Daten bezeugen, dass wir uns erneut im interkommunalen Wettbewerb besser entwickelt haben, als der Durchschnitt in NRW und bundesweit." Beispielhaft führte er die Arbeitslosenquote an, die unter dem Landes- und Bundesdurchschnitt liegt. Bocholt konnte seine Zentralitätskennziffer, wichtiger Indikator für Kaufkraft, auf 148 Punkte schrauben – "in NRW ein Spitzenwert". Rund fünfzig Prozent der Bürger wohnten in ihren eigenen vier Wänden, ein Beleg für eine hohe Eigentumsquote. Ferner sei die Dynamik der mittelständisch strukturierten Betriebe trotz gesamtwirtschaftlich schwierigen Bedingungen ungebrochen, wie Ehling ausführte. Sein Fazit: "Das Jahr 2001 ist für uns in Bocholt nicht schlecht gelaufen."
Insbesondere durch Grundsatzentscheidungen der vergangenen Jahrzehnte sei die Stadt "gut aufgestellt". Beispielhaft für Ergebnisse wichtiger Weichenstellungen vergangener Dekaden nannte der Bürgermeister den Wiederaufbau der Innenstadt, die hohe Eigentumsquote, die Errichtung des Industrieparks, die Stärkung ehrenamtlich und caritativ-kirchlicher Bereiche sowie den Ausbau von dezentralen Versorgungseinrichtungen, Schulen, Kindergärten und Jugendtreffs. Teamwork und "langer Atem und Stetigkeit" würden eine überdurchschnittliche Lebensqualität sichern.
Ehling mahnte in seiner Rede zugleich an, "sich jetzt nicht überheblich oder selbstzufrieden zurückzulehnen, sondern unsere Anstrengungen zu steigern." Auch Bocholt werde einen Strukturwandel meistern müssen. Hier ging der Bürgermeister auf die Bevölkerungsentwicklung, den Strukturwandel in der Wirtschaft sowie die Qualität des Schulsystems näher ein.
Täglich pendelten über 6.000 Menschen nach Bocholt zur Arbeit. Hier gelte es, die Pendler zu bewegen, in Bocholt sesshaft zu werden. Voraussetzungen dafür seien u.a. günstiges Bauland, Kinderbetreuungsmöglichkeiten, exzellente Schul-und Freizeitangebote sowie ein gutes Sicherheitsgefühl. Zu Letzterem trage die Einführung der Stadtwacht bei.
Bei der Wirtschaftsentwicklung sei ein an Wertschöpfung und Arbeitsplatzzahl ausgerichtetes Gewerbeflächenmanagement nötig, damit Unternehmen sich auf knapper werdenden Gewerbeflächen entfalten könnten. Das Potenzial der Fachhochschule wolle man über die Kooperation am Technologiepark und im Innovationszentrum "InnoCent" stärker zur Bewältigung des Strukturwandels nutzen.
Die "einzige gravierende Schwäche" der Stadt ist laut Ehling ihr geringer Bekanntheitsgrad. Die Zusammenarbeit zwischen Stadt und Privatwirtschaft sowie die Aktivitäten der Stadtmarketinggesellschaft sollen hier Abhilfe schaffen und die Botschaft von Bocholt als "eine sich dynamisch entwickelnde Industrie- und Einkaufsstadt im Grünen" über die Stadtgrenzen hinaus tragen.
Ein weiterer Schwerpunkt ist für Ehling das Bildungssystem. Ende letzten Jahres besuchte er alle 32 städtischen Schulen, um sich vor Ort einen Eindruck zu verschaffen. Er habe "überall engagierte Schulleiterinnen und Schulleiter erlebt, die weiß Gott nicht den Eindruck von Resignation hinterließen", wie Ehling mit Anspielung auf die sogenannte PISA-Studie verdeutlichte. Als Schulträger, so seine Ankündigung, werde man den landesweit vergleichsweise hohen Standard in den nächsten 20 Jahren weiter ausbauen.
In seinem Resümee führte Ehling aus, dass "wir in Bocholt keinen Kurswechsel benötigen, aber unser Handeln vor dem Hintergrund genereller Entwicklungen ständig neu ausrichten müssen." Er habe daher die Fachbereichsleiter der Verwaltung beauftragt, ein Stadtentwicklungsprogramm bis zum Jahr 2020 zu erarbeiten, um "Orientierung zu geben." Der Entwurf wird im Herbst 2002 zur Diskussion gestellt. Ehling: "Es wird darauf ankommen, dass wir uns unsere Stärken bewusst machen, damit wir sie weiter ausbauen können."
Zum Schluss ging der Bürgermeister unter dem Schlagwort "Ohne Geld geht nichts!" noch auf die finanzielle Situation der Kommune ein. Die Stadt sei hoch verschuldet, mit den Geldern seien aber u.a. Voraussetzungen für die Entstehung von Arbeitsplätzen geschaffen worden, zum Beispiel der Industriepark mit über 180 Unternehmen und 6.000 Arbeitsplätzen. "Wollen wir diese Firmen etwa missen?", fragte der Bürgermeister rhetorisch.
Angesichts hoher Investitionen, ausbleibender Steuereinnahmen und Schlüsselzuweisungen des Landes gelte es dennoch, die finanzielle Handlungsfähigkeit der Stadt zu vergrößern. In diesem Zusammenhang hielt Ehling den im Rat kontrovers diskutierten Verkauf der Bocholter Wohnungsbaugesellschaft für eine strategisch richtige Entscheidung, "um unsere Handlungsfähigkeit zu behaupten."
Ehling dankte abschließend allen beteiligten Akteuren – "sowie allen Stadtverordneten und allen Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt Bocholt."
Wichtiger Hinweis: Nutzen Sie auch den exklusiven Service auf der städtischen Homepage www.bocholt.de. Die komplette Rede des Bocholter Bürgermeisters im Wortlaut können Sie sich dort im Live-Mitschnitt anhören. Einfach auf die "Play"-Taste des "menschBOCHOLT-Players" am Ende des Hauptartikels drücken, Boxen aufdrehen – und schon geht´s los!
Zu dieser Meldung können wir Ihnen folgendes Medium anbieten: