23 Schüler lernen gleichzeitig Kontrabass, Cello, Geige und Bratsche

21.01.2004 | Herten

Erste Streicherklasse im Kreis Recklinghausen eingerichtet

Sie sind acht und neun Jahre alt, Jungen und Mädchen unterschiedlicher Nationalitäten, und eigentlich sind sie eine ganz normale Schulklasse. Aber eben nur eigentlich. Denn die 23 Schüler der Klasse 3a von der Grundschule in der Feige sind die erste "Streicherklasse" im Kreis Recklinghausen, die nach der Methode von Paul Rolland zwei Stunden in der Woche gemeinsam musiziert.

Zehn Geigen, sechs Bratschen, fünf Celli und zwei Kontrabasse ertönen zum Teil gleichzeitig, wenn die Musikpädagoginnen Birgit Mattern und Christiane Schneider es mit ihren Schülern verabreden. Zwei Unterrichtsstunden in der Woche, zwei Schuljahre lang.

Angefangen hat alles mit einem Lehrgang. Birgit Mattern lernte dabei die Paul-Rolland-Methode kennen und unterrichten. "Damit war sie im Juli fertig. Anschließend haben wir das Konzept entwickelt und uns mit unserer Kooperationsschule in Verbindung gesetzt", beschreibt Musikschulleiterin Sabine Fiebig. Die Leiterin der Grundschule in der Feige, Susanne Schulte-Hullern, ergänzt: "Wir waren ganz begeistert, Skepsis gab es nur bei der Frage der Finanzierung."

Eben an dieser Stelle kamen Brigitte und Gerd Kluth ins Spiel. Die Inhaber der Firma ratioform in Marl sind selbst begeisterte Musiker - und ließen sich von Musikschul-Mitarbeiterin Jutta Sosna-Grabelus von dem Projekt überzeugen. "So etwas soll nicht daran scheitern, dass es kein Geld für die Instrumente gibt", sagte Brigitte Kluth. Und Ehemann Gerd fügte hinzu: "Man sollte jede Gelegenheit nutzen, um Kindern die Möglichkeit zu geben, Musik zu machen. Wir haben selbst nicht die Zeit, um solche Maßnahmen durchzuführen, aber wenn so ein Projekt wie hier mit viel Herz in Angriff genommen wird, helfen wir gerne aus." 15.000 Euro stellten sie zur Verfügung, damit die Musikinstrumente angeschafft werden konnten. Wenn die Schüler den Umgang mit den wertvollen Geräten gelernt haben, dürfen sie ihr jeweiliges Instrument auch zum Üben mit nach Hause nehmen - ein Moment, den die kleinen Musiker kaum erwarten können.

Wie viel Herz in dem Projekt steckt, wurde beim Besuch der Klasse in ihrem Musikunterricht deutlich. Liebevoll nahmen die Schüler die Instrumente in die Hand, bedächtig zupfte auch der größte Zappelphilipp an der gewünschten Saite und lauschte konzentriert den Anweisungen der Musiklehrerinnen. Zwei Stunden in der Woche, zwei Jahre am Stück soll das Projekt laufen - und dann möglichst reibungslos an die nächste dritte Klasse übergeben werden. Dabei sind immer zwei Musikpädagoginnen anwesend. Die eine steht vorne und gibt klar Anweisungen, was die Schüler machen sollen, die andere geht durch die Reihen und korrigiert die Schüler individuell - allerdings möglichst ohne Worte, um die Gruppe nicht zu stören.

"Wir würden gerne noch eine zweite Klasse einrichten, aber dazu fehlt momentan das Geld. Es wäre toll, wenn wir in jedem dritten und vierten Jahrgang eine Streicherklasse hätten", hofft Susanne Schulte-Hullern auf eine weitere Finanzspritze. Denn: "Für uns ist die Einrichtung der Streicherklasse aus schulischer und fachlicher Sicht ein großer Gewinn. Die Kinder bringen ein hohes Maß an Disziplin auf. Sie lernen Noten zu lesen. Besonders wichtig ist auch die soziale Komponente. In diesem Klassenorchester sind alle Kinder gleich wichtig. Außerdem glaube ich, dass die Intelligenz durch das Musizieren gefördert wird", sagt die Schulleiterin.

Zwei Stunden Musik zusätzlich zum eigentlichen Stundenplan hat die Streicherklasse. Die Eltern bezahlen einen Obulus von 15 Euro pro Kind pro Monat, um sich an den Kosten für das Projekt zu beteiligen. Dieser Betrag wird allerdings noch geringer: "Das Land hat uns wissen lassen, dass unser Projekt förderfähig und förderungswürdig ist. Im April werden wir den Zuwendungsbescheid bekommen. Sobald das Geld da ist, wird sich das gleich auf die Elternbeiträge niederschlagen", erklärt Sabine Fiebig. Bereits niedergeschlagen hat sich die Förderung der Gelsenwasser AG. Sie stellt 2500 Euro für die Deckung der Personalkosten des Projekts zur Verfügung.

Nun liegt es an den Kindern, die Chancen der ersten Streicherklasse im Kreis Recklinghausen zu nutzen. Die Begeisterung nach den ersten vorbereitenden Treffen vor Weihnachten hat sich bislang gehalten. Und so wird sich eine Schülerin hoffentlich noch häufiger vor den Ferien von ihrem Kontrabass mit den Worten verabschieden: "Tschüss, mein Freund."

Pressekontakt: Pressestelle, Svenja Küchmeister, Telefon: 02366-303227



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