Bocholt, 26. Februar 2004
Mit Sack und Pack "auf der Walz"
Wandergeselle aus dem Schwarzwald macht Station in Bocholt
Bocholt (pd).
Der Wandergeselle Stefan Wehrle machte am 26. Februar Zwischenstation in Bocholt. Erster Stadtrat Bernd Hagmayer empfing den jungen Mann aus dem Schwarzwald im Rathaus und überreichte ihm das Zehrgeld.
Wehrle gehört den rechtschaffenen fremden Zimmer- und Schieferdeckergesellen zu Hamburg an. Er ist seit neun Monaten auf der "Walz", wie die Wanderschaft im Fachjargon bezeichnet wird. Die hält so manche Überraschung bereit. "Als ich in Ostdeutschland war, kam ich an eine Weggabelung. Da habe ich halt eine Münze geworfen." So führte ihn der Weg in ein 40-Seelen-Dorf, wo er direkt am Orsteingang von einem knurrenden Hund angekündigt worden sei. Aber der erste Eindruck täuschte: "Die Aufnahme war danach sehr herzlich." Zuletzt war Wehrle im Ruhrgebiet unterwegs, jetzt will er nach Bremen. Bevor er Bocholt verlässt, will er noch einen Abstecher in die niederländische Nachbargemeinde Dinxperlo machen.
Das zünftige Reisen von Handwerkern hat eine uralte, bis in das späte Mittelalter zurückreichende Tradition, die nur im Bauhandwerk bei den Maurer- und Zimmergesellen überlebt hat und mit zeitgemäßen Anpassungen bei der ältesten Zunft, den rechtschaffen fremden Gesellen, bis zum heutigen Tage praktiziert wird.
Es ist Sinn der Walz, sich von der Heimat zu lösen und neue Menschen und Sitten kennenzulernen. Die Reisedauer beträgt drei Jahre und einen Tag. Während der Wanderschaft dürfen sich die Gesellen ihrer Heimat in einem Umkreis von 50 Kilometern nicht nähern. Die Reisezeit, heute freiwillig, gilt als praxisnahe Lebensschule.
Hagmayer trug das Siegel der Stadt Bocholt in das Wanderbuch ein. Hier werden die Arbeitsstationen der Gesellen sowie Unterstützungsgelder vermerkt. Außerdem trägt der Geselle seine Tagesaktivitäten ein. Nach Beendigung der Wanderschaft ist das Wanderbuch ein wertvolles Erinnerungsstück für seinen Besitzer.
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Wandergeselle Stefan Wehrle machte Station in Bocholt.
