Hertener Vitaltipp: Das Märchen vom "gesunden Rotwein"

15.02.2005 | Herten

Prof. Gerhard Wambach warnt vor übermäßigem Alkoholkonsum

Das Thema „Wein und Gesundheit“ hat in den letzten Jahren großes Interesse gefunden. Dieses Interesse lässt sich unschwer erklären, denn viele gesundheitsbewusste Menschen möchten durch eine gesunde Lebensweise Krankheiten vorbeugen und dadurch länger und gesund leben.

Leider bedeutet eine gesunde Lebensweise Verzicht auf einige Genuss- und Lebensfreude. Die gesunde Ernährung ist verbunden mit Verzicht auf Süßigkeiten und Nikotin, Regelmäßiges körperliches Training ist grundlegend. Die Aussicht, durch Weintrinken gesünder zu leben, scheint daher erstmals die Möglichkeit zu bieten, Genuss und Gesundheit zu verbinden.

Beim Thema Wein und Gesundheit wird zu wenig zwischen gesicherten Tatsachen und Wunschdenken unterschieden. Außerdem wurde der Gesundheitsaspekt des Weintrinkens voreilig als Marketinginstrument eingesetzt, um den Weinabsatz zu fördern. Viele Studienergebnisse sind unkritisch übernommen worden. Viel zu oft wird verdrängt, dass Wein und andere alkoholische Getränke Ursache von lebensbedrohlichen Erkrankungen sind.

"French Paradox"

Der Ausgangspunkt der Diskussion über Wein und Gesundheit ist das "French Paradox". In Europa gibt es ein Nord-Süd-Gefälle der Herzinfarkthäufigkeit. "Spitzenreiter" in dieser Kategorie sind Irland und die skandinavischen Staaten. Die niedrigsten Herzinfarktraten finden wir in Spanien, Italien und Portugal. Dies wurde auch auf den hohen Fettkonsum in Nordeuropa zurückgeführt. Überraschenderweise ist in Frankreich die Herzinfarktquote ähnlich niedrig wie in Portugal, obwohl die Franzosen ähnlich gerne fettreich essen wie die Nordeuropäer. Der hohe Weinverbrauch der Franzosen wurde als Grund für den Schutz gegen den Herzinfarkt vermutet. 1994 trank zum Beispiel durchschnittlich jeder Franzose 60 Liter Wein. Zum Vergleich: Die Deutschen tranken im gleichen Zeitraum 20 Liter.

Nur wenig ist gesund!

Inwieweit ist diese Vermutung bisher bewiesen? Aus der Vielzahl von Studien möchte ich zwei große Untersuchungen zitieren. Die Nancy-Studie an 36 250 Männern wurde in einem Zeitraum zwischen 12 und 18 Jahren durchgeführt. Im Vergleich zu Alkoholabstinenten war die Häufigkeit von Herz- und Kreislauferkrankungen bei Wein- und Biertrinkern reduziert bei einer täglichen Alkoholzufuhr von 10 bis 32 Gramm. Bei einer Tagesmenge von über 50 Gramm stieg das Krebsrisiko deutlich an. Ähnlich hohe Ergebnisse zeigte die Kopenhagen-Studie an 13 329 Männern und Frauen im Alter zwischen 45 und 85 Jahren. Das Herzinfarkt- und Schlaganfall-Risiko war im Vergleich zu abstinent Lebenden bei niedrigem Alkoholkonsum reduziert.

Regelmäßiger Alkoholkonsum in kleinen Mengen wirkt offensichtlich dem Verkalkungsprozess der Blutgefäße (Arteriosklerose) entgegen. Als Mechanismen kommen in Frage: Steigerung des guten Cholesterinanteils (HDL-Cholesterin), Hemmung der Blutplättchenverklumpung und Hemmung der Oxidation des Gewebes durch freie Radikale: Für die schützende Wirkung des Weins vor Arteriosklerose der Blutgefäße werden viele Inhaltsstoffe verantwortlich gemacht: Phenole, Flavonoide, Tannin und andere. Hier ist die Datenlage zu unübersichtlich, um genaue Aussagen treffen zu können.

Dem Nutzen eines mäßigen Alkoholkonsums stehen erhebliche Gefahren durch übermäßigen Alkoholkonsum gegenüber. Nach der Statistik des Jahres 2000 sind 1,6 Mio. Deutsche alkoholabhängig, 2,65Mio. betreiben Alkoholmissbrauch.

Alkohol ist gefährlich!

Bei welchen Erkrankungen spielt Alkoholkonsum eine bedeutende Rolle? Alkoholkonsum kann zu Herzmuskelschwäche und Herzrhythmusstörungen führen, kann Leberzirrhose und Bauchspeicheldrüsenentzündungen auslösen und zu Nervenlähmungen und Schäden des Gehirns führen. Starker Alkoholkonsum fördert die Entwicklung von Krebserkrankungen der Speiseröhre und des Dickdarms. Vor diesem Hintergrund sind Empfehlungen zum regelmäßigen Weinkonsum mit großer Vorsicht zu verstehen. Außerdem muss berücksichtigt werden, dass der Unterschied in der Herzinfarkthäufigkeit zwischen den Mittelmeerländern und Nordeuropa sicher nicht nur auf den Weinkonsum in den Mittelmeerländern zurückzuführen ist. In Südeuropa ist die gesamte Ernährung gesünder. Dazu gehören viel Obst und Gemüse, regelmäßiger Fischgenuss, wenige tierische Fetten und viel ungesättigte Fettsäuren. Der Unterschied im gesamten Lebensstil ist ebenfalls von Bedeutung.

Ein Glas ist genug!

Wo liegt die Grenze zwischen gesundheitsförderndem und schädigendem Weinkonsum? Die Grenze ist nicht genau zu definieren. Bei Männern sollte die Tagesmenge an Alkohol 25 Gramm nicht überschreiten. Das sind etwa 300 ml Wein. Bei Frauen liegt die Grenze niedriger. 200 ml Wein sind hier genug (16 Gramm). Die günstigen Effekte gegen Arteriosklerose sind sowohl für Weißwein als auch für Rotwein nachweisbar. Insgesamt muss man das Fazit ziehen: Regelmäßiger moderater Weinkonsum kann nur ein Teil einer insgesamt gesundheitsbewussten Lebensweise sein.

Dieser Vitaltipp stammt von Prof. Gerhard Wambach, Leitender Arzt der medizinischen Abteilung im St. Elisabeth-Hospital.

Der Hertener Vitaltipp ist ein Kooperationsprojekt der Stadt Herten mit Hertener Unternehmen und Gesundheitsfachleuten.

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