Vor 70 Jahren wurden Herten die Stadtrechte übertragen

18.04.2006 | Herten

Hertens Weg zur Stadtwerdung

Am 20. April 2006 jährt sich zum 70. Mal der Tag, an dem Herten das Recht verliehen wurde, die Bezeichnung „Stadt“ zu führen. Herten ist somit eine junge Stadt. Mit der Bildung des Amtes Herten im Jahre 1856 hatte Herten bereits vor 150 Jahren eine eigenständige Verwaltung erhalten.

Vor der beginnenden Industrialisierung und dem Einsetzen des Bergbaus war Herten dörflich-ländlich geprägt und hatte um 1870 nicht einmal 900 Einwohner. Nach dem Abteufen des ersten Schachtes 1872 und dem Abbaubeginn des Flözes Ewald erfuhr Herten eine rasante Entwicklung und wurde bald zu einer der größten Bergbaugemeinden Europas.

Die dynamische Entwicklung des gesamten Ruhrgebiets machte eine Neuregelung der kommunalen Grenzen erforderlich, die unter der Weimarer Republik in Angriff genommen wurde. Aufgrund dieser Neuordnung wurden 1926 die Ortsteile Disteln, Langenbochum, Scherlebeck mit der Landgemeinde Herten vereinigt. Herten erzielte eine beträchtliche Gebietserweiterung und zählte nun 35.000 Einwohner.

Das Wachstum Hertens und seine wirtschaftliche, finanzielle und kulturelle Leistungsfähigkeit ließen bald den Ruf nach Stadtwerdung laut werden. Treibende Kraft und Motor in dieser Diskussion war der Verkehrsverein e. V. Herten. Am 7. Januar 1927 richtete der Verkehrsverein an die Hertener Gemeindevertretung den Antrag: „Die Gemeindevertretung wolle die Stadtwerdung Hertens beschließen!“

Unterzeichnet war der Antrag vom Vorstandsvorsitzenden des Verkehrsvereins, Bergwerksdirektor Hugo Hein, sowie den Vorstandsmitgliedern Sanitätsrat Dr. med. Loewenstein, Betriebsleiter Meyer-Josting (Vestische), Rechtsanwalt Schmülling und Geschäftsführer Reuther. Dem Antragsgesuch lag eine Liste von rund 40 Vereinen, Organisationen und sonstigen Institutionen bei, die das Vorhaben per Unterschrift unterstützten und somit den Wunsch breiter Bevölkerungsschichten zum Ausdruck brachten.

Dem Gesuch des Verkehrsverein lag eine Denkschrift „Die Stadtwerdung Hertens“ bei, in der detailliert dokumentiert wurde, dass Herten sich längst zur Stadt entwickelt habe und städtische Prägung besäße. Von der Gemeindeverwaltung wurde die Angelegenheit eingehend geprüft. Man ließ sich sogar Akten von Kommunen kommen, die jüngst zur Stadt ernannt worden waren. Aus heute im Einzelnen nicht mehr nachvollziehbaren Gründen und wohl unter dem Eindruck der Weltwirtschaftskrise, die auch Herten schwer traf, wurde der Vorgang nicht weiter verfolgt und 1931 zu den Akten genommen.

Nach der nationalsozialistischen „Machtergreifung“ wurde die noch aus der Weimarer Republik stammende Idee der Stadtwerdung wieder aufgegriffen. Am 23. Januar 1936 wandte sich Bürgermeister Dr. West an den Landrat mit der Bitte, „für die Gemeinde Herten die Verleihung der Bezeichnung ‚Stadt’ beim Herrn Oberpräsidenten zu erwirken“. Nach der Deutschen Gemeindeordnung von 1935, die sich selbst als „Grundgesetz des nationalsozialistischen Staates" bezeichnete, konnte der Oberpräsident der Provinz Westfalen in seiner Funktion als „Reichsstatthalter“ die Bezeichnung ‚Stadt’ verleihen.

Beim Oberpräsidenten lag bereits eine Formblatt vor, in dem nur der Name der gesuchstellenden Gemeinde einzutragen war. Die Verleihung sollte jedoch zum 20. April, dem „Führer-Geburtstag“, erfolgen. Der Verleihungstext war ebenso vorgegeben. Insbesondere wurde Wert gelegt auf den Datumsnachsatz „am 20. April des Jahres 1936, am Geburtstag des Führers Adolf Hitler, der in diesem Jahre den Rhein endgültig befreite und damit dem Deutschen Reich die Gleichberechtigung wiedergewann“, womit an den vertragswidrigen Einmarsch der Wehrmacht ins demilitarisierte Rheinland erinnert werden sollte.

Besondere Rechte waren mit der Verleihung der Bezeichnung ‚Stadt’ gemäß der Deutschen Gemeindeordnung von 1935 nicht verbunden. Neben Herten wurde auch den Gemeinden Marl und Datteln am 20. April 1936 die Bezeichnung mit gleichem Wortlaut verliehen.

Die Stadturkunde für Herten wurde am 14. Juni 1936 im Eden-Theater durch den Oberpräsidenten der Provinz Westfalen überreicht. Für die Bevölkerung wurde von der NSDAP für den 16. August 1936 ein Fest organisiert. Die Stadtverwaltung hatte erwirken können, dass eigens für das Fest der Graf von Nesselrode-Reichenstein seinen Schlosspark öffnete.

Pressekontakt: Pressestelle, Nele Däubler, Telefon: 02366-303357, eMail: n.daeubler@herten.de



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Urkunde Verleihung Stadtrechte

Urkunde "Bezeichnung Stadt führen"