Bocholt, 27. April 2006
Westmünsterländische Städte wehren sich gegen Regulierungsbehörden
Existenz der Stadtwerke bedroht / Massive Einnahmeausfälle
Bocholt/Borken/Gronau/Rhede.
Die Bürgermeister der westmünsterländischen Städte Bocholt, Borken, Gronau und Rhede fürchten um die Existenz ihrer Stadtwerke und werfen den Regulierungsbehörden für den Strom- und Gasmarkt vor, einer weiteren Zentralisierung des Energiemarktes Vorschub zu leisten.
In einem Brief an die Bundes- und Landesregierung sowie Abgeordnete in Berlin und Düsseldorf kündigen die Oberhäupter der vier Städte massiven Widerstand gegen neue Grundsätze bei der Genehmigung der Netzentgelte an. Die Bürgermeister befürchten „dramatische wirtschaftliche Konsequenzen für unsere Stadtwerke und für uns als kommunale Eigner“, wenn die Bundesnetzagentur und die für die Regulierung des Energiemarktes zuständigen Landesbehörden bei ihrer Politik bleiben.
Ausgelöst wurde der Streit durch ein Positionspapier der Bundesnetzagentur, das eine einheitliche Praxis der Behörden bei der Netzentgeltgenehmigung sicherstellen sollte. Nach Ansicht der Bürgermeister verlässt die Bundesnetzagentur mit den neuen Auslegungsgrundsätzen jedoch die geltenden gesetzlichen Grundlagen.
So beharren die Regulierungsbehörden bei der Gewerbesteuer entgegen dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte der Netzentgeltverordnung darauf, statt der kalkulatorischen nur die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer zu berücksichtigen. Bisher flossen die Vorteile einer niedrigeren Gewerbeertragsteuer direkt verlustbringenden Bereichen wie Bädern oder dem öffentlichen Personennahverkehr zu. „Die Gewinne unserer kommunalen Unternehmen im Energiebereich werden verwendet, um ein ausreichendes preisgünstiges Angebot von öffentlichen Bädern und in Bocholt von Verkehrsdienstleistern zur Verfügung zu stellen,“ schreiben die Bürgermeister. Es müsse verhindert werden, dass die Regulierungsbehörden den bewährten „kommunalen Querverbund“ zerstören und den Bürgern damit Leistungen entziehen.
Die Auffassung der Regulierungsbehörden führt außerdem dazu, dass die den Energieversorgern zugesicherte angemessene Verzinsung des Eigenkapitals nicht erreicht wird. Dies werde zu gravierenden Erlösausfällen unserer Stadtwerke führen, befürchten die Kommunen.
„Mit weiteren erheblichen Erlösausfällen für unsere kommunalen Unternehmen verbunden sind auch die Vorgaben des Positionspapiers über die Bewertung des Sachanlagevermögens bei Netzübernahmen“, heißt es in den Schreiben der Bürgermeister. Die Stadtwerke der vier Städte haben in den vergangenen 10 Jahren Strom- und Erdgasnetze zum Sachzeitwert erworben. Die auf dieser Basis entrichteten Kaufpreise sollen nunmehr nach Willen der Regulierungsbehörde nur noch eingeschränkt in die Kalkulation der Netzentgelte Eingang finden. Die Behörden wollen nur noch Abschreibungen auf der Grundlage der historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten zum Zeitpunkt der Errichtung anerkennen. „Die Netze werden damit entwertet, was einem enteignungsgleichen Eingriff gleichkäme,“ schreiben die Bürgermeister. Die Bürgermeister rechnen für die vier westmünsterländischen Städte mit Erlöseinbußen in Höhe von nahezu 5 Millionen Euro pro Jahr und einer entsprechende Belastung der kommunalen Haushalte, wenn die Regulierungsbehörden auf ihrem Standpunkt verharren.
Angesichts der schwierigen Finanzsituation der Städte sei nicht damit zu rechnen, dass diese drastischen Gewinnminderungen der Stadtwerke durch freie Finanzmittel ausgeglichen werden können. Die Folge werde eine erhebliche Einschränkung kommunaler Leistungen sein. Überdies würden bei Umsetzung des Positionspapiers die Investitionen in die Erhaltung und den Ausbau der Strom- und Gasnetze stark beeinträchtigt, was negative Auswirkungen sowohl auf die Versorgungssicherheit wie auf die Auftragsvergabe an die örtliche Wirtschaft zur Folge hätte.
Ansprechpartner:
Bocholt Büro des Bürgermeisters, Bocholt, Pressesprecher Karsten Tersteegen, Tel. 02871 / 953-327, email: karsten.tersteegen@mail.bocholt.de
Borken, Büro des Bürgermeisters, Borken, Pressesprecher Bernd Kemper, Tel. 02861 / 939-303, email: bernd.kemper@borken.de
Gronau, Büro des Bürgermeisters, Gronau, Pressesprecher Thomas Albers, Tel. 02562 / 12 408, email: t.albers@gronau.de
Rhede, Bürgermeister der Stadt Rhede, Herr Lothar Mittag, Tel. 02872 / 930 - 202
Anlage: Pressemitteilung als word-Dokument
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Gemeinsame Pressemitteilung der Städte Bocholt, Borken, Gronau und Rhede