Bocholt, 30. Oktober 2006
Ein Platz für bedürftige und gebrechliche Personen
Historisches Foto des Monats: Wechselvolle Geschichte des Bocholter "Gasthausplatzes"
Bocholt (pd).
Das Stadtarchiv setzt seine monatliche Vorstellung wichtiger Fotos aus der Geschichte Bocholts fort mit der historischen Aufnahme vom Gasthausplatz im Jahr 1937.
Der Gasthausplatz trägt seinen Namen nach dem "Gasthaus", das zur Aufnahme und Verpflegung bedürftiger und gebrechlicher Personen gegründet worden war. Für Bocholt ist es urkundlich bereits vor 1348 nachzuweisen. Um 1443 war eine hierzu gehörende Kirche mit St.-Spiritus-(Hlg.-Geist-)Patrozinium vom Gasthaus erbaut worden. Von dieser Gasthauskirche wurde 1806 der Turm, einige Jahre später auch die Kirchenhalle wegen Baufälligkeit abgebrochen Am 1. August 1814 wurden Gast- oder Armenhaus auf der östlichen Seite des heutigen Platzes (Parzelle Nr. 157, 157a, 157b) mit dem Waisenhaus (gegr. um 1600) vereinigt, das schon im 18. Jh. auf den Parzellen 158 und 159 untergebracht war. Das so verschmolzene Armen- und Waisenhaus zog bereits 1823 in das ehemalige Minoritenkloster an der alten Paterskirche (heute Liebfrauenkirche). Die alten Häuser des Gasthauses dienten nach dessen Auszug bis zum Abbruch 1827 bedürftigen Familien. Durch den Abbruch entstand hier - bis zur 1881 erfolgten Errichtung eines Spritzenhauses der Feuerwehr mit zwei Schulklassen im Obergeschoss längs der Langenbergstraße - ein "freier öffentlicher Platz" mit Spielplatz zur Schulstraße hin. Anstelle der 1806 ff. abgerissenen Gasthauskirche entstand ein freier Platz "unter alten Linden", auf dem die Brettschneider tätig wurden, deren Handwerk durch das Sägewerk an der Königsmühle abgelöst wurde. Zeitweilig waren die Feuerwehr (seit 1881) und Verwaltungsabteilungen der Stadt Bocholt von (1896 zum Teil bis 1937 - zuletzt Stadtkasse) am Gasthausplatz untergebracht. Die Verwaltung nutzte damals insbesondere die umgesiedelten Schulräume. Erst mit Abbruch der einstigen städtischen Gebäude 1925 wurde der heutige Platz in der auf dem Bild gezeigten Ausdehnung geschaffen und dem Wochenmarkt sowie Fahrgeschäften zur Bocholter Kirmes geöffnet. Die Bronzeplastik "Tutemann" von Herrmann Schlatt wurde auf Betreiben der umliegenden Geschäfte 2001 im Nord-Ost-Bereich des Platzes aufgestellt. Im Rahmen des Projektes "Bocholter Gartenträume" wurde der Gasthausplatz übrigens im Jahre 2002 für kurze Zeit zum attraktiven Renaissance-Garten umgestaltet. Das Schwarz-weiß-Foto wurde 1937 vom Städtischen Bauamt im Zusammenhang mit den Pflasterarbeiten angefertigt.
Text: Dr. Oppel, Stadtarchivar
Pressekontakt: Stadt Bocholt - Fahrradfreundlichste Stadt Deutschlands, Dr. Oppel, Stadtarchiv, 02871/953-347
Zu dieser Meldung können wir Ihnen folgendes Medium anbieten: