Bocholt, 19. März 2007
„Der Islam ist keine Gastarbeiterreligion in Deutschland mehr!“
Marlies Wehner referierte zur Geschlechterbeziehung im Islam
Bocholt (pd).
Der Frauenfrühstückstreff im Rahmen des Bocholter Frauentags 2007 fand am Samstag, 17. März 2007, zum Thema „Geschlechterbeziehung im Islam – wie sieht das Alltagsleben, Familienleben und die Zuständigkeit praktisch aus?“ statt.
Rund 60 Frauen konnte die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Bocholt, Annette Hünting, an diesem Morgen in der Gaststätte „Zur Glocke“ begrüßen. „Wir haben bewusst das Thema nicht „Frauen im Islam“ genannt“, so Hünting, „da sich die Diskussion möglicherweise eingleisig auf die „Kopftuchdiskussion“ beschränkt hätte.“ Sie freute sich deshalb, mit der Referentin, Marlies Wehner, aus Bonn eine Muslima gefunden zu haben, die prädestiniert ist, die Religion „Islam“ mit dem Schwerpunkt der Geschlechterbeziehung und dem Alltagsleben vorzustellen.
Marlies Wehner begann ihren Vortrag mit einigen grundlegenden Informationen zum Islam, damit alle Beteiligten nach Möglichkeit einen gleichen Wissensstand hatten. Sie berichtete, dass in Deutschland inzwischen rund 3,5 Millionen Muslime leben. „Der Islam ist keine Gastarbeiterreligion in Deutschland mehr“, so Wehner, „sondern die drittstärkste Religion in unserem Land.“ Sie erklärte anschließend das Fasten, der Sozialabgabe für Bedürftige und die Pilgerfahrt nach Mekka.
„Dazu kommen Vorschriften, die z. B. die Ernährung oder die Bekleidung betreffen“, so Wehner weiter. Sie wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass gerade die Bedeckung der Frauen mit dem Kopftuch in unterschiedlichen Regionen unterschiedlich gehandhabt wird. Sie erklärte darüber hinaus die Festtage im Islam. Da das islamische Jahr ein „Mondjahr“ ist und nicht nach dem gregorianischen Kalender, dem „Sonnenjahr“ ausgerichtet ist, hat es nur 354 Tage. Deshalb verschieben sich die Feiertage durch das Jahr, so Wehner, und somit kann z.B. der Ramadan, der Fastenmonat, sowohl im Winter als auch später im Sommer stattfinden.
Eine weitere Quelle des Glaubens, sagte Wehner, sind die Erzählungen aus dem Leben des Propheten. Diese sind die wichtigsten Quellen für die Auslegung des Korans, erklärte die Referentin. Die islamischen Rechtsgelehrten übernehmen den 3. Teil, in dem sie z.B. schauen, was sich aus dem 1. und 2. Teil des Glaubens auf die heutige Zeit übertragen lässt. Weitere Erklärungen aus dem praktischen Leben folgten. Im Hinblick auf das Geschlechterverhältnis stellte Wehner klar, dass Männer und Frauen im Islam zwar nicht gleich, aber gleichwertig sind. Die religiöse Auslegung der Quellentexte bezieht sich auf Männer und Frauen gleichermaßen.
An der anschließenden lebhaften Diskussion beteiligten sich sowohl christliche wie auch muslimische Frauen. Hier ging es z.B. um die aktuelle Berichterstattung in den Medien, die von Zwangsehen und Ehrenmorden erzählen. Diese haben jedoch nichts mit dem Islam zu tun, so die Referentin, sondern sind aus Tradition und insbesondere dem weit verbreiteten Patriarchat entstanden. Außerdem wurden praktische Themen, z.B. wie viel man als Sozialabgabe zahlt, nämlich 2,5 % des Jahresvermögens, wie viele Frauen ein Mann haben darf – hier ist die Regel, dass auch im Islam monogame Ehen vorherrschen – und wie es mit der Berufstätigkeit von Frauen aussieht, diskutiert.
Marlies Wehner appellierte abschließend an die Frauen beider Religionen, nicht gegeneinander zu arbeiten, sondern sich gemeinsam des Themas anzunehmen, wie man z.B. das Patriarchat überwinden kann. Musikalisch umrahmt wurde das Frauenfrühstück von dem Flötenduett der Musikschule Bocholt-Isselburg-Rhede mit Alexandra Sonntag und Manon Tefert.
Diese und weitere Informationen rund um den Bocholter Frauentag 2007 finden Sie auch auf der Internet-Seite www.bocholt.de.
Pressekontakt: Stadt Bocholt - Fahrradfreundlichste Stadt Deutschlands, Fachbereich Zentrale Verwaltung, Petra Taubach (stv. Gleichstellungsbeauftragte), Tel.-Nr. 0 28 71 / 95 33 28, e-mail: ptaubach@mail.bocholt.de
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Frauentag - Frauenfrühstückstreff 18. März 2007 Bild 1
Marlies Wehner trug beim Frauenfrühstückstreff anlässlich des Frauentages 2007 vor
Foto: Petra Taubach, Stadt Bocholt