Kreis Steinfurt/Ibbenbüren. Lebenserfahrung ist eines der ersten Wörter, die man mit Rupert Stürenberg in Verbindung bringt. Der 56-Jährige hat viel erlebt, eine Menge gelernt und einiges ausprobiert. Er hat als Bio-Landwirt gearbeitet, Menschen als Pastor begleitet und geleitet sowie Möbel nach Maß gebaut. Zeugnisse hat Rupert Stürenberg nicht, denn diese erlebnisreichen Jahre hat er in Venezuela verbracht, wo das Können allein Berechtigung genug ist.

Seit 13 Jahren zurück in Deutschland, sitzt Rupert Stürenberg nun in einem Raum mit anderen Menschen über 50, die denselben Wunsch haben: einen Job zu finden. Sie nehmen teil an dem Projekt „Intensivcoaching 50plus“, das die GEBA (Gesellschaft für Berufsförderung und Ausbildung mbH) im Auftrag von Steinfurt Arbeitsförderung Kommunal des Kreises Steinfurt (STARK) durchführt.

Zurück ins Jahr 1996. Rupert Stürenberg lebt in Venezuela mit seiner Frau und seinen drei kleinen Kindern. Seit 1974 ist er bereits dort, spricht so gut Spanisch, dass er Muttersprachlern noch was erklären kann und arbeitet als Pastor einer freikirchlichen Gemeinde. Sorge um seine Familie und die immer stärker eskalierende politische Situation veranlassen ihn schließlich, nach Deutschland zurück zu kehren.

Der Start verläuft holprig. Der Arbeitsmarkt ist nicht mehr mit dem von 1974 zu vergleichen, und Rupert Stürenberg muss aus finanziellen Gründen das Comenius-Kolleg in Mettingen verlassen, wo er das Abitur nachholen wollte. Er kann aber sein Spanisch mit einem IHK-Abschluss als Dolmetscher belegen und arbeitet jahrelang als Sprachdozent für die Volkshochschule in Osnabrück. „Gut leben kann man davon aber nicht“, sagt der Mann aus Recke. Das Honorar reicht am Ende gerade, um die Fahrten nach Melle oder Bramsche zu bezahlen. Deshalb arbeitete der heute 56-Jährige zusätzlich in einer Reinigungsfirma. Seine Talente und Fähigkeiten wie das fließende Spanisch, seine angenehme und einnehmende Art und die gedankliche Flexibilität kann er in Deutschland nicht vollständig einsetzen. „Kein Einzelfall“, sagt Kursleiterin Inge Blees. Viele ihrer Kunden haben zahlreiche Talente, können sie aber nicht mit Zertifikaten und  Zeugnissen belegen – aber gerade die sind auf dem deutschen Arbeitsmarkt so wichtig.

Seit einiger Zeit ist Rupert Stürenberg lediglich ab und an mal bei einem Gericht als Dolmetscher tätig. Er möchte wie die anderen Teilnehmer des Projekts „Intensivcoaching 50plus“ neue berufliche Perspektiven gewinnen – und ist positiv überrascht von dem Angebot. „Die Dozenten sind sehr kompetent und geduldig.“ So hat der 56-Jährige schon wertvolle Anregungen bekommen, und das nicht nur in Bezug darauf, wie er ein Bewerbungsanschreiben oder seinen Lebenslauf neu gestalten kann. Die Atmosphäre unter den Teilnehmern sei mittlerweile sehr gut. „In den ersten Tagen ist es erst einmal auch darum gegangen, Frust abzubauen“, berichtet Inge Blees. Danach erarbeiten sie und ihre Kollegen gemeinsam mit den Teilnehmern, wie deren individueller Weg zurück in den Arbeitsmarkt aussehen könnte. In der Gruppe motiviere man sich im Laufe der Zeit gegenseitig, gerade, wenn Erfolgserlebnisse eintreten, so Blees. „Ja“, stimmt Rupert Stürenberg zu und strahlt. „Bei uns gab es schon drei Vorstellungsgespräche – und einer hat schon eine Stelle.“ Vielleicht hat der 56-Jährige ja bald selbst eine.

Geschäftsführer, Firmeninhaber und Personalleiter, die Rupert Stürenberg kennen lernen oder sich über andere Teilnehmer an den Standorten Ibbenbüren, Rheine und Emsdetten informieren möchten oder aber Praxisphasen in ihrem Betrieb anbieten möchten, wenden sich an Miriam Mais von STARK unter Telefon 02551/69-2406. Ein weiterer Ansprechpartner ist Günter Borowski. Er hat als „Paktbotschafter“ des Kreises Steinfurt die Aufgabe, das Projekt regional zu bewerben und voran zu treiben. Er ist erreichbar unter Telefon 02551/702910.

Info-Kasten

Intensivcoaching 50plus

Das Projekt ist für Menschen gedacht, die älter als 50 Jahre und lanzeitarbeitslos sind. Das Intensivcoaching dauert 16 Wochen und besteht aus drei Phasen. In der ersten Phase (vier Wochen) wird unter anderem das berufliche Profil erstellt und Wissen rund um die Bewerbung vermittelt. Anschließend absolvieren die Teilnehmer ein vierwöchiges Praktikum. Die dritte Phase bietet acht Wochen lang die Möglichkeit der Nachbetreuung. Die Kosten werden vom Kreis Steinfurt und im Rahmen des Bundesprogramms „Perspektive 50plus“ übernommen, wenn die Ansprechpartner bei der GAB bzw. bei der jeweilige Kommune der Förderung für den Arbeitslosen zugestimmt haben.