Bocholt, 01. Juli 2010
Das Armen- und Waisenhaus von 1910
Das Stadtarchiv präsentiert das "historische Foto des Monats" Juli 2010
Bocholt (pd).
Ende 1906 vernichtete ein Großfeuer die Wirtschaftsgebäude des bisherigen, seit 1823 genutzten Armen- und Waisenhauses an der Ecke Schonenberg/Waisenhausstraße (heute Wesemannstraße). Daher beschloss die Stadtverordnetenversammlung wenig später die Errichtung einer neuen Heimstätte zur Unterbringung und Versorgung der Ärmsten und Bedürftigsten der Stadt Bocholt.
Vor 100 Jahren, am 28. Juli 1910, wurde schließlich das neue Armen- und Waisenhaus am heutigen Stenerner Weg nach 14-monatiger Bauzeit feierlich seiner Bestimmung übergeben.
Das imposante Gebäude mit der mächtigen Freitreppe, dessen um 1940 entstandenes Bild das Stadtarchiv in der Reihe Foto des Monats zeigt, entstand nach den Plänen des damaligen Stadtbaurates Hermann Kraatz (1850-1934). Die Fassade indes entwarf Max Benirschke (1880-1961), Architekt und Lehrer an der Kunstgewerbeschule in Düsseldorf. 230 Männer, Frauen und Kinder fanden Platz in dem neuen Heim, wobei die Männer und Jungen im Erdgeschoss und die Frauen und Mädchen im ersten Stock wohnten. Über dem Haupteingang befand sich die Hauskapelle. Im Keller lagen die Wirtschaftsräume, die Bediensteten hatten ihre Zimmer im Dachgeschoss. Clemensschwestern taten dort bis zum 31. Januar 1936 ihren Dienst, als das Armen- und Waisenhaus in ein Alters- und Kinderheim umgewidmet wurde.
1945 zu 70 Prozent zerstört und ausgeplündert, bekam die städtische Einrichtung bei der Wiedereröffnung am 11. Juli 1949 in Erinnerung an Melchior von Diepenbrock die Bezeichnung „Diepenbrockheim“. Es wurde jetzt von der Schwesterngemeinschaft der Ursulinen geleitet. Am 10. Mai 1968 übernahm der Caritas-Verband für das Dekanat Bocholt das Diepenbrockheim, in dem seinerzeit noch 69 Senioren und 28 Kinder lebten. Letztere bezogen im Januar 1977 ein separates, neu geschaffenes Heim am Bönninghausenweg. Als schließlich das neue Diepenbrockheim an der Weberstraße/Schonenberg gebaut wurde, verließen die letzten alten und pflegebedürftigen Bewohner im April 1992 ihr bisheriges Domizil am Stenerner Weg. Nach Renovierungsarbeiten zog 1994 die Fachhochschule für vier Jahre dort ein. Ende Februar 1999 belegte dann die Stadtverwaltung wegen Umbauarbeiten im Rathaus einen Großteil des Hauses. Auch ein Teil der Albert-Schweitzer-Realschule fand dort zeitweise eine Unterkunft. Heute findet man in dem großen Haus am Stenerner Weg u. a. die Abendrealschule und das Studienseminar für Lehrämter an Schulen.
© Stadtarchiv Bocholt, Text: Wolfgang Tembrink
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Das Armen- und Weisenhaus von 1910 (Foto: Stadtarchiv)
Heute sind im ehemaligen Armen- und Waisenhaus am Stenerner Weg u.a. ein Teil der Abendrealschule und das Studienseminar untergebracht.