Was Opa Emschermann über „die Gerlachs“ wusste

19.07.2010 | Herten

Geschichtsverein übergibt Kunstwerke dem Stadtarchiv

„Bei mir hätte es doch eh’ nur im Schrank gelegen.“ Nachdenklich schaut sich Elisabeth Baal das Bild an. Verschneite, kleine Fachwerkhäuser und eine Kutsche sind zu sehen. Der Maler: Ludwig Gerlach, ehemals eine „Berühmtheit“ der Hertener Künstlerszene. Heute bringt sie das Bild und ein Buch seines Bruders, Friedrich Gerlach, zu Kirsten Noetzel ins Stadtarchiv.

Allerdings nimmt die Archivleiterin die Werke nur als Depositum, eine Art Leihgabe, entgegen. Die 84-Jährige Baal vermacht ihre Geschenke eigentlich dem Arbeitskreis Scherlebecker Geschichte(n). „Originale wollen wir nicht behalten und einfach in den Keller stellen“, erklärt Peter Kitzol-Kohn, Initiator der Hertener Geschichtensammler.

„Ich bin froh, dass es nun wieder ‚zum Zug kommt’“, freut sich die Ur-Scherlebeckerin. Bis vor kurzem hing das Bild noch in ihrem Wohnzimmer. Ein Geschenk sei es gewesen, zum vierzigsten Geburtstag. „Opa Emschermann hat früher viel von den Gerlachs erzählt“, erinnert sie sich. „Waren zusammen auf der Zeche.“ Opa Emschermann, der Schwiegervater ihres Bruders, habe es extra zu ihrem Ehrentag malen lassen. Nun soll es einen schönen Platz in den Räumen des Archivs finden.

Bekannt wurden die Gerlachs als Verfechter der Naiven Malerei – kindlich, gemalt ohne Perspektive, dennoch filigran und mit Liebe zum Detail. Ihre Bilder wurden einst nicht nur in Recklinghausen, sondern auch in Zagreb und Amsterdam ausgestellt.

„Ich bin froh, wenn Bürger alte Erinnerungsstücke vorbeibringen“, meint Kirsten Noetzel. Auch das Buch, „Die Strasse“, ist dort ab sofort für Jedermann einsehbar. „Er schildert darin seinen täglichen Weg zur Arbeit, verwoben mit Erinnerungen an die Jugendzeit und an eine Traumwelt, die unerreichbar für den Bergmann ist“ – so wird es im Einband beschrieben. „Fantastisch“, meint Geschichtsfreund Kitzol-Kohn. „Ich hab’s wirklich gerne gelesen.“

Kennengelernt hat er Elisabeth Baal über die Pfarrgemeinde Ludgerus. Dort ist die älteste Bewohnerin Scherlebecks schon seit knapp 70 Jahren im Kirchenchor aktiv. „Immer links vom Sopran. Den Platz habe ich seit jeher, da lasse ich mich auch nicht vertreiben“, schmunzelt sie.

Zum 100-jährigen Kirchenjubiläum unterstützte die Hertenerin Peter Kitzol-Kohn bereits bei einer Chronik über die Gemeinde. Und sein Interesse für die Geschichte seines Stadtteils ist ungebrochen. Jeden ersten Montag im Monat trifft er sich mit seinen Gruppenmitgliedern pünktlich um 18 Uhr im Gustav-Adolf-Zentrum, tauscht dort „neue historische“ Infos aus. „Oft bekommt man kleinere Tipps, wenn man den Leuten dort zuhört“, weiß der Scherlebeck-Experte. Besonders spannend sei es, Personen auf alten Fotos zu identifizieren – in einer Gruppe um einiges leichter.

Zurzeit arbeitet Kitzol-Kohn an einem Geschichtsbuch über die Zeit von 1898 bis 1926. Dafür ist er ständig auf der Jagd nach Erinnerungen und ihren Quellen. „Was ich immer noch händeringend suche, ist das Buch ‚Das vergessene Tal’“, erzählt er. Es beschreibt die Gegend um die ehemaligen Wälder „Blitzkuhle“ und „Kellergatt“. „Das war ein wirklich schönes Tal. Dann wurde es irgendwann als Müllkippe genutzt“, weiß der Faktensammler. Die Täler kennt auch Elisabeth Baal noch aus ihrer Kindheit: „Da waren wir immer Schlittenfahren.“

Gut zu Wissen: Wer an der Scherlebecker Geschichte interessiert ist, Erinnerungen beitragen oder einfach nur zuhören will, ist herzlich eingeladen bei den Treffen des Arbeitskreises teilzunehmen.

Pressekontakt: Pressestelle, Ramona Hoffmann (Volontärin) Telefon: 0 23 66 / 303 227 E-Mail: r.hoffmann@herten.de



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