Bocholt, 14. Oktober 2011
Die Finanzkrise im Euroraum und ihre Folgen
Dr. Pantaleon Giakoumis referierte zur Stabilität des Euro
Bocholt (PID).
Die Europa-Union Bocholt hatte in Zusammenarbeit mit dem Europe direct-Informationszentrum Bocholt am 11. Oktober zu einem „Kreativen Dialog“ in das Europa-Haus eingeladen. Hier referierte der Geschäftsführer der Europa-Union Nordhein-Westfalen, Dr. Pantaleon Giakoumis, zur Finanzkrise im Euroraum.
Dr. Pantaleon ist gebürtig aus Griechenland und studierte Politikwissenschaften an der Universität Münster. Seit 20 Jahren arbeitet er hauptamtlich für die Europa-Union NRW. Er beleuchtete in seinem Vortrag „Die Finanzkrise im Euroraum und Folgen für die Stabilität des Euro“ die Ursachen für die Krise insbesondere am Beispiel Griechenlands. Vor zwei Jahren, so Dr. Panaleon, habe die Krise dort begonnen.
Die Ursachen lägen jedoch viel weiter zurück. Mit geschichtlichen Fakten unterstrich der Referent, das Griechenland bereits beim Beitritt in die Europäische Union vor 30 Jahren noch nicht wettbewerbsfähig im Hinblick auf die anderen EU-Staaten gewesen sei. Es fehlten die wirtschaftlichen Voraussetzungen.
Außerdem seien vom Land bei der Euroeinführung Anfang dieses Jahrtausends Statistiken vorgelegt worden, die nicht dem tatsächlichen Zustand entsprachen. "Damit erfüllte das Land nicht die Konvergenzkriterien des Vertrages von Nizza, der z. B. eine Inflationsrate von 1,5 %, eine Neuverschuldung nicht höher als § % des Bruttoinlandsproduktes (BIP) sowie einen Schuldenstand, der nicht höher als 60 % des BIP ist, vorsieht." Es ging den Europäern, so Dr. Pantaleon, jedoch darum, das Land, in dem die Demokratie entstand, aus politischen und nicht aus finanziellen Gründen in die Gemeinschaft der EU-Staaten aufzunehmen.
Griechenland habe sich, so der Referent, in diesen Jahren einen künstlichen Wohlstand aufgebaut, der nun zusammengebrochen ist. Dieser Wohlstand bestand in der Einstellung zahlreicher Beamten in den Staatsdienst, in frühen Rentenzahlungen oder in der Verstaatlichung von Unternehmen, die dann nicht unbedingt mehr streng wirtschaftlich geführt wurden. Viele Griechen sähen jedoch inzwischen ein, dass wesentliche Einsparungen und Kürzungen notwendig sind, um aus der Krise zu kommen.
Auch andere Staaten, so z. B. Irland und Spanien, hätten allerdings im Laufe der Zeit diese Kriterien nicht erfüllt und erhielten von der Europäischen Kommission so genannte „Blaue Briefe“. Die im Vertrag vorgesehenen Sanktionen seien jedoch vom Europäischen Gerichtshof im Jahr 2004 quasi per Urteil außer Kraft gesetzt worden, so dass keine direkte Sanktion bei Verstößen erfolgte. "Bis heute erfüllen viele Staaten, so auch Deutschland, beim Stand der Neuverschuldung diese Kriterien nicht", sagte Pantaleon.
Die fehlende Einhaltung der Kriterien und fehlende Sanktionsmöglichkeiten seien ein wesentlicher Faktor für die Krise. Darüber hinaus hätten jedoch auch die Banken mit dem Ankauf von Staatseinleihen ihren Beitrag zur Krise geleistet.
Neben dem Eurorettungsschirm seien „Druck und Kontrolle“, so das Fazit des Referenten, die Dinge, die Griechenland helfen könnten, die jetzige Krise wieder in den Griff zu bekommen. Alles, so erklärte er weiter, was in den letzten 15 Jahren vernachlässigt wurde, müsse nun in kürzester Zeit berichtigt werden – "dies ist schwierig oder gar nicht möglich." Deshalb laste insbesondere auf die Politikerinnen und Politiker ein hoher Druck, die Fehler der Vergangenheit durch verantwortungsvolle Politik zu korrigieren.
In der abschließenden Diskussion zeigte sich, dass die Krise verschiedene Ursachen hat und es viele mögliche Wege gibt, sie zu bewältigen. Ob und wie es gelingt, dass die europäischen Staaten die Krise und ihre Folgen in den Griff bekommen, vermochte auch diese Veranstaltung nicht aufzuzeigen. Wie sie jedoch entstanden ist, darüber konnte der Referent einen ausführlichen und informativen Einblick geben.
Pressekontakt: Stadt Bocholt - Fahrradfreundlichste Stadt Deutschlands, Fachbereich Zentrale Verwaltung, Partnerschaftsbeauftragte Petra Taubach, Telefon 0 28 71 95 33 28, E-Mail: ptaubach@mail.bocholt.de
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Peter Wahl und Dr. Giakoumis
Peter W. Wahl, Vorsitzender Europa-Union Bocholt (links) und Dr. Pantaleon Giakoumis, Geschäftsführer der Europa-Union NRW (rechts) zum Vortrag "Die Finanzkrise im Euroraum und Folgen für die Stabilität des EURO" im Europa-Haus Bocholt am 11. Oktober 2011 - Foto: Petra Taubach, Stadt Bocholt