Es ist unverkennbar: Die Gesellschaft hat sich gewandelt, traditionelle Lebensstrukturen brechen auf. Jede dritte Ehe in Deutschland wird geschieden. Mittlerweile sind zehn Prozent der deutschen Bevölkerung alleinerziehend – rund 87 Prozent davon sind Frauen.

Der Begriff „Patchwork-Familie“ klinge wohlklingend sympathisch. Vergessen werde aber oft, welche Probleme auf die Menschen zukommen, die die Verantwortung für die Familie alleine tragen, so Hedda Warners vom Zentrum für Arbeit (ZfA) beim Landkreis Leer und nennt Zahlen: Etwa 1200 Alleinerziehende erhalten vom Jobcenter des ZfA Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II).

Der Spagat zwischen einer verantwortlichen Begleitung ihrer Kinder und dem Druck, jeden Monat genügend Geld für die Familie zu verdienen, werde zur Herausforderung. Nicht selten entstehe eine Belastung, an der Alleinerziehende verzweifeln. Das Projekt „Frischer Wind für Alleinerziehende“ bietet Frauen und Männern im Landkreis Leer in einer solchen Situation Unterstützung. Das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderte Projekt betreut seit Ende 2009 alleinerziehende Frauen und Männer, die Leistungen nach dem SGB II erhalten. Verantwortlich für das Projekt ist Hedda Warners.

„Während des Projekts haben wir in den vergangenen anderthalb Jahren Kontakt zu über 900 Alleinerziehenden gehabt“, so Warners. Und sie vermeldet Erfolge: „Bislang konnten 234 Alleinerziehende wieder in eine Arbeit integriert werden.“

Eine Erfolgsgeschichte schreibt Sabine Palik. Sie hat zwei Kinder und konnte in ihrem erlernten Beruf als Arzthelferin nicht mehr arbeiten, da hier eine große zeitliche Flexibilität erwartet wurde. Was blieb, war die Arbeitslosigkeit und die ständige Angst vor finanziellen Notsituationen.

Mit Hilfe des Projekts „Frischer Wind für Alleinerziehende“ ist es ihr gelungen, beruflich wieder Fuß zu fassen. Seit einem halben Jahr ist Palik beim Familienservice Weser-Ems e.V. beschäftigt und es deutet alles darauf hin, dass sie hier eine langfristige Perspektive erhält. „Es war anfangs schwer, sich auf ein neues berufliches Umfeld einzustellen, aber inzwischen bin ich voll im Team integriert und ich habe meine eigenen Verantwortungsbereiche“, so Sabine Palik.

Frank Gieselmann, Geschäftsführer des Familienservices, schätzt die Stärken von Sabine Palik und die von Alleinerziehenden allgemein. „Wer es schafft, ein ,kleines Familienunternehmen` alleine zu managen, den wirft im Berufsleben so schnell nichts um“, bekräftigt Gieselmann seine Entscheidung.

Bei dieser Einstellung wundere es nicht, dass neben Palik noch weitere Alleinerziehende beim Familienservice beschäftigt sind. „Ich möchte allen Unternehmen Mut machen, sich mit dem Thema zu beschäftigen, denn in der Belastbarkeit und dem Engagement von vielen Alleinerziehenden steckt eine große Chance bei der Bewältigung des Fachkräftemangels, der schon jetzt spürbar ist“, so Gieselmann.

Dies seien auch die Erfahrungen aus dem Projekt „Frischer Wind für Alleinerziehende. Hedda Warners bestätigt: „Viele Projektteilnehmer sind bereit sich zu verändern, eine berufsfremde Beschäftigung wird häufig durch einen großen Einsatzwillen ausgeglichen.“

Mit diesen Erkenntnissen und dem positiven Beispiel von Sabine Palik könne das Projekt schon jetzt als Erfolg gewertet werden, so Warners: „Es bleibt aber auch noch viel zu tun. Sowohl auf Seiten der Unternehmen, die ihre Bereitschaft Alleinerziehende zu beschäftigen, steigern müssen als auch bei den Allenerziehenden, die den Mut entwickeln müssen, gegebenenfalls neue Wege zu gehen.“

Sabine Palik macht Mut: „Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf war und ist für mich eine große Herausforderung, aber ich bin froh, dass ich diesen Weg gegangen bin.“