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Norden, 30. April 2012

"Sunset" – eine Lesung von Klaus Modick
Stadtbibliothek Norden

"Warum `Sunset`?", hinterfragte einer der aufmerksamen Zuhörer den Titel des Buches nach der Lesung von Klaus Modick, die er am vergangenen Freitag im Rahmen der Norder Literaturtage in der Norder Stadtbibliothek hielt. Der Titel seines neuesten Buches, erläuterte der Autor, erkläre sich aus der lokalen und historischen Situation seines Romans. Der Ort des Geschehens sei das Haus Feuchtwangers, die Villa Aurora in Pacific Palisades, von wo aus ein direkter Ausblick auf den Sunset-Boulevard möglich sei. Hier in Kalifornien, in Pacific Palisades, kreuzten sich die Wege deutschsprachiger Exilanten, die vor den Verfolgern des Nationalsozialismus fliehen mussten. Damit ist die historische Dimension des Titels erklärt.

Darüber hinaus beleuchtet Modick in seiner Geschichte zweier Exilanten einen Prozess des ganz persönlichen Abschiednehmens. Er erzählt und liest von einem Tag im Leben des alten Feuchtwanger in seiner Villa Aurora, an dem er die Nachricht vom Tod seines Freundes Bertold Brecht erhält; das Telegramm kommt aus Ostberlin im August 1956.

Gedankenverloren hält er Zwiesprache mit dem so viel jüngeren Freund, dem er gern ein väterlicher Berater gewesen wäre, eine Rolle, die Brecht ihm nicht einräumen wollte. Wohl aber schätzte Brecht das literarische Vermögen Feuchtwangers, und dieser erkannte das sprachliche Genie Brechts, dessen „Spartakus“ er gelesen hatte. Modick beleuchtete in seiner Lesung auch die Rolle der Väter der beiden Freunde aus der Sicht Feuchtwangers; beide Väter hatten andere Pläne mit ihren Söhnen, reagierten aber ganz unterschiedlich; Brechts Vater verständnisvoll und unterstützend, Feuchtwangers Vater dagegen ablehnend und verletzend. Auch die vielen Frauen, die Brecht liebte, mit denen er lebte und viele Kinder zeugte, durchzogen Feuchtwangers Gedanken. Er hatte ein Leben lang mit seiner Frau Marta gelebt, und Kinder hatten sie sich versagt. Modick las weiter von ersten Begegnungen der Freunde im Exil in der Villa Aurora, ein Treffpunkt namhafter Exilanten, die sich dort austauschten, miteinander und übereinander redeten.

Feuchtwanger erinnert sich an die letzte Begegnung mit Brecht, an den Abschied seines Freundes, der 1947 zurück nach Europa reist; er sieht ihn winkend aus dem Auto dem Sunset-Boulevard zufahren. Oft danach hat er mit dem Gedanken gespielt, Brecht zu folgen, solange dieser lebte. Nun ist er tot. Zum Staatsakt für Brecht wird er nach Ostberlin eingeladen, aber die Zeit reicht nicht, die Kraft auch nicht, und so bleibt ihm nur, in der Melancholie des Verlassenen zu verharren.

Es ist das Verdienst von Klaus Modick, dem Autor, in seiner Lesung die ganze Problematik der dramatischen Geschichte des Exils unaufgeregt, aber eindringlich vermitteln zu können Es gelingt ihm wohl auch deshalb, weil er als Stipendiat in der Villa Aurora die Möglichkeit gewonnen hatte, die Atmosphäre von Raum und Zeit des Exils sozusagen hautnah nachempfinden zu können.

Die Zuhörer zollten ihre Anerkennung durch weiterführende Fragen und Beifall, der auch den Veranstaltern dieser Lesung galt: Anke Czepul (Stadtbibliothek), Roswitha Homann (Gemeindebücherei Ludgeri), Heinz Edzards (Buchhandlung Hasbargen), der den Gast auch vorstellte und in sein Werk einführte.

Text: Heide Janssen
Foto: Stadtbibliothek Norden



Kontakt: Stadtbibliothek Norden, Am Markt 8, Telefon: 04931/923-353




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“Sunset“ – eine Lesung von Klaus Modick in der Stadtbibliothek Norden



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