(pen) Pflegebedürftige Angehörige werden in zwei von drei Fällen in der Familie betreut, dies wird vor allem von Frauen geleistet und aktuell liegt der Anteil der Frauen, die zu Hause pflegen und auswärts arbeiten bei 42 Prozent. Ergebnisse wie diese haben in den letzten Tagen das Thema Pflege und Beruf bundesweit in den Blickpunkt gerückt. Weitere Erkenntnisse der breit angelegten Studie: 73 Prozent der Frauen, die versuchen, beide Aufgaben unter einen Hut zu bringen, treffen bei ihren Arbeitgebern zwar auf Verständnis. Über die Hälfte findet es aber dennoch schwierig, die Herausforderungen an Arbeitsplatz und Pflegebett miteinander zu vereinbaren, reduziert die Arbeitszeit und muß mit der Doppelbelastung fertig werden.
„Diese Zahlen überraschen uns nicht. Sie belegen vielmehr sehr eindrucksvoll, wie sinnvoll die kreisweite Kampagne ´Pflege und Beruf´ ist“, kommentiert Christa Beermann, Demografiebeauftragte des Ennepe-Ruhr-Kreises, die Ergebnisse. Zusammen mit den Akteuren im Netzwerk W(iedereinstieg) EN hat sie die Postkarten- und Plakataktion bereits vor einigen Monaten gestartet. Zum einen sollen Betroffene anderen Betroffenen mit der Aussage „Ich pflege meine Mutter“ Mut machen. „Zum anderen“, so Beermann, „suchen wir Unternehmen, die ihren Arbeitnehmern und der Öffentlichkeit signalisieren ´Sie pflegen? Wir unterstützen sie´“.
Aktuell kann sich das Netzwerk W dabei über einen Neuzugang freuen. Nach der Hattinger hwg und der Gevelsberger AVU, dem Hattinger HAZ und der vhs Witten/Wetter/Herdekce ist das IG Metall Bildungszentrum Sprockhövel die fünfte Institution, die der Kampagne offiziell beigetreten ist. Für die nächsten Monate sind weitere Beteiligungen vereinbart. „Während es im beruflichen Umfeld quasi selbstverständlich ist, an der Geburt eines Kindes Anteil zu nehmen und es für die Betreuung des Nachwuchses Angebote gibt, hängt es kaum jemand an die große Glocke, wenn der Alltag plötzlich Kopf steht, weil seine Eltern nicht mehr allein zurechtkommen“, nennt Schulleiter Fritz Janitz Motive, warum das Bildungszentrum ein Zeichen setzen möchte.
Schon heute können die Pflegenden unter den mehr als 80 Beschäftigten von längerfristigen Freistellungen sowie der flexiblen Arbeitszeitregelung profitieren. „Ab Januar wird es bei uns zudem eine spezielle Ansprechpartnerin für diese Gruppe und damit den Einstieg in ein systematischeres Beratungsangebot geben“, kündigt Janitz an. Bisher sei es bei Bedarf zwar immer gelungen, individuelle Lösungen zu finden und auch die Gesamtbetriebsvereinbarung rücke Familienbedürfnisse ins Blickfeld. „Das Bewusstsein für die Notwendigkeit, Pflege und Beruf vereinbaren zu können, sollte aber noch stärker in den Köpfen aller präsent sein und gelebte betriebliche Praxis werden“, wünschen sich Schulleiter Janitz und Betriebsratsvorsitzende Christina Flügge. Dazu sollen im Laufe des nächsten Jahres auch Infobriefe und Betriebsversammlungen beitragen.
Stichwort Netzwerk W(iedereinstieg) Ennepe-Ruhr
Das Netzwerk ist eine Initiative regionaler Akteure. Es engagiert sich für den Wiedereinstieg von Frauen ins Erwerbsleben und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, insbesondere auch um die Vereinbarkeit von Beruf und Angehörigenpflege. Für die Kampagne „Pflege und Beruf“ sollen bis 2013 insgesamt 20 Unternehmen ins Boot geholt werden. Wie wichtig es ist, die Öffentlichkeit für das Thema zu sensibilisieren, unterstreichen auch folgende Zahlen: Bereits heute werden im Ennepe-Ruhr-Kreis mehr als 7.000 Menschen zuhause gepflegt, jede zehnte Beschäftigte kümmert sich um Angehörige. Der demografische Wandel dürfte diese Zahlen in den nächsten Jahren weiter steigen lassen.
Das Netzwerk wird koordiniert von der Demografiebeauftragten des Ennepe-Ruhr-Kreises, Christa Beermann, Tel.: 02336/93 22 23, Email: C.Beermann@en-kreis.de.