Herr Superintendent Ost, Sie sind gerade alle zusammen im großen Saal den Ablauf des Gottesdienstes durchgegangen. Die Vorbereitung nimmt einige Zeit in Anspruch. Während Pfarrer Notz und das Team des Kunsthauses im vergangenen Jahr schon einmal so einen Gottesdienst in der „Winterlicht“-Ausstellung organisiert haben, sind Sie in diesem Jahr das erste Mal dabei – hätten Sie gedacht, dass so viel Planung notwendig ist?
Ost: Nein, damit habe ich nicht gerechnet (lacht). Die Planung ist aber erforderlich. In einer Kirche ist der Ablauf eines Gottesdienstes mehr oder weniger festgelegt, hier nicht. Der große Saal wird abgedunkelt, damit die Lichtinstallation der Künstlerin Yvonne Goulbier besser zur Geltung kommt. Daher müssen wir zum Beispiel unsere Standorte während des Gottesdienstes vorab festlegen, damit wir auch genug Licht haben, um unsere Texte lesen zu können.
Was ist denn noch das Besondere an diesem Gottesdienst in der Ausstellung, an diesem Aufeinandertreffen von Kirche und Kunst?
Notz: Für uns Theologen ist es ein ungewöhnlicher Einstieg in einen Gottesdienst. Wir möchten die Kunst ernst nehmen und haben uns von ihr leiten lassen, anstatt umgekehrt von einem theologischen Thema auszugehen. Es ist eine Herausforderung, das Licht nicht als Accessoire zu sehen, sondern wertzuschätzen, dass die Installation in diesem Falle unsere Kirche ist, der Ort, an dem die Verkündigung geschieht.
Ost: Ja, die Kirche ist sonst unser Rahmen, der uns Sicherheit gibt – das gilt auch für die Besucher. Jetzt können und müssen wir experimentieren. In dem Gottesdienst wird es zwar die notwendige Bestuhlung geben, aber grundsätzlich sollen die Teilnehmer und Teilnehmerinnen ihre Position wechseln und diesen zum Teil stehend erleben. Was hat es damit auf sich? Notz: Wir sind zwar diese Beweglichkeit nicht gewohnt, aber in den orthodoxen Kirchen ist ein Kommen und Gehen üblich und in den antiken Basiliken ist ebenfalls keine Bestuhlung vorgesehen. Es ist also – historisch gesehen – gar nichts Ungewöhnliches. Wir wollen damit erreichen, dass die Besucher die Lichtinstallation und den Gottesdienst aus unterschiedlichen Perspektiven erleben können.
Wie bereiten Sie sich inhaltlich auf den ökumenischen Gottesdienst vor?
Ost: Schon bei der Eröffnung haben wir uns angeregt unterhalten, wie wir die Kunst theologisch aufgreifen können. Wir haben uns von der Lichtkunst inspirieren lassen. Wir wollen ja auch der Künstlerin nichts aufzwingen.
Notz: Danach haben wir beide uns noch einmal getroffen und den Ablauf besprochen.
Und wie ist für Sie, Frau Andersen, die Zusammenarbeit mit der Kirche? Es war ja schließlich auch Ihre Idee, in der „Winterlicht“-Ausstellung einen ökumenischen Gottesdienst zu organisieren.
Andersen: Ich empfinde die Zusammenarbeit als sehr positiv. Ich merke, dass unsere Mitveranstalter viel Erfahrung mit Dramaturgie haben. Als Gestalter des Kirchenlebens müssen sie ja auch gute Veranstaltungsmanager sein. Mir ist die inhaltliche Zusammenarbeit mit der Kirche aber auch sehr wichtig und den Gedanken, hier einen Gottesdienst zu halten, empfinde ich als sehr naheliegend. Das Kloster ist ein ehemaliger sakraler Ort. Wir haben auch immer wieder Künstler, die dies spüren – und auch die räumliche Nähe zu der katholischen Kirche St. Bernhard gerne in ihrer künstlerischen Arbeit aufgreifen möchten. Als ich dann 2011 das große Lichterkreuz aus Obstkisten und Neonröhren von Alexander Edisherov und Katarina Kuznetkowa für die „Winterlicht“-Ausstellung sah, war klar, dass es jetzt sein muss. Das Thema Lichtkunst eignet sich in ihrer Vielfalt aber generell für eine solche Veranstaltung. Daher ist es auch ein großer Wunsch von mir, dass der ökumenische Gottesdienst in den wechselnden „Winterlicht“-Ausstellungen Tradition wird. Ich bin ganz optimistisch, weil sich Kunst und Kirche immer viel zu sagen haben.
Kirche und Kunst und wie Yvonne Goulbier ihr Werk selbst sieht, sind Themen des Künstlergesprächs im Anschluss an den rund 45 bis 60 Minuten dauernden Gottesdienst, an dem neben der Künstlerin die beiden Theologen und Gerd Andersen teilnehmen. Es wird von dem bekannten WDR-Kulturmoderator Raoul Mörchen moderiert.
Nach dem Gottesdienst gibt es eine kurze Pause mit kleiner Bewirtung. Der Eintritt ist frei.