31. Mai 2013
Grefrath
Die Ninja-Schildkröten der Teenage Mutant Hero Turtles, der Transformer Optimus Prime oder Actionheld He-Man – für viele 30- bis 40-Jährige sind sie die Helden ihrer Kindheit. In den 70er- und 80er-Jahren eroberten Actionfiguren weltweit die Kinderzimmer. Jetzt bekommen die Spielzeugfiguren für drei Monate ein neues Zuhause in der Dorenburg. Das Niederrheinische Freilichtmuseum des Kreises Viersen dokumentiert mit der Sonderausstellung „Viel mehr als Plastik – Actionfiguren und ihre Geschichte(n)" Herstellung sowie Vertrieb der Puppen und vor allem die Sammelleidenschaft der Fans. Die Ausstellung ist vom 2. Juni bis zum 8. September in der Dorenburg zu sehen.
Das Freilichtmuseum beschäftigt sich nicht zum ersten Mal mit der volkskundlichen Spielzeugforschung. Bester Beweis: Das vor einem Jahr neu konzipierte Spielzeugmuseum auf dem Gelände. „Dennoch ist die aktuelle Ausstellung in vielfacher Hinsicht eine Premiere“, sagt Kreis-Kulturdezernent Dr. Andreas Coenen.
Wohl zum ersten Mal in Deutschland wird das Thema Actionfiguren in einem wissenschaftlichen Rahmen umfassend aufbereitet. Ebenfalls eine Premiere ist das Onlineblog: Auf www.viel-mehr-als-plastik.de konnten die Besucher an der Entstehung der Ausstellung teilhaben. Die Seite ist nach wie vor online. Zudem ist es die erste Ausstellung, die Kevin Gröwig konzipiert hat. Der erste wissenschaftliche Volontär des Freilichtmuseums schließt mit diesem Projekt seine Ausbildung ab. Gröwig bleibt dem Team als Museumspädagoge erhalten.
„Die Ausstellung belegt, dass sich das Museum für junge Themen der Pop-Kultur öffnet“, sagt Museumsleiterin Anke Wielebski. Darüber hinaus vertieft die Ausstellung Themen des Spielzeugmuseums – etwa Spielzeug zur Vermittlung von Rollenmustern und Spielzeug als Instrument von Propaganda. Insgesamt sind mehr als 300 Exponate zu sehen.
Die Besucher treffen im ersten Ausstellungsraum auf Serien wie Star Wars, Transformers, Hero Turtles oder Masters of the Universe. Aber auch in Deutschland weniger bekannte Figuren wie G.I. Joe sind zu sehen. Der US Soldat war im Jahr 1964 die erste Actionfigur und der gelungene Versuch, Jungen für Spielzeugpuppen zu begeistern. Die Besucher können sich über die Entstehung, Hintergründe, Verkaufszahlen und die Einstellung beziehungsweise die Fortführung dieser Serien informieren.
Das Thema Spielzeugproduktion greift das Museumsteam im zweiten Ausstellungsraum auf: Unbemalte Prototypen, die Kopie eines Patentes und verschiedene Kunststoffarten sind zu sehen. Zudem widmet sich ein Bereich dem so genannten „Customizing“ – Sammler bauen fehlende Helden oder Figuren nach eigenen Vorstellungen selbst aus Bauteilen.
Auch ein Kinderzimmer ist in den Ausstellungsräumen zu sehen. „Hier erleben die Besucher, dass Kinder in den 80er-Jahren ihr gesamtes Leben mit Actionfiguren füllen konnten“, sagt Kevin Gröwig. Poster hängen an der Wand, der Schultornister mit dem Lieblingshelden steht neben dem Schreibtisch und im Fernsehen dudeln die Zeichentrickserien.
Im hinteren Teil der Ausstellung ist zu sehen, wie weit die Sammelleidenschaft einiger Fans geht. Dort gibt es Fotos von Tätowierungen, Kostüme und auch eine Schallplatte der Transformers zu sehen.
Actionfiguren gaben aber auch Anlass für Kritik – nicht nur bei besorgten Eltern. Auch diesem Aspekt gibt die Ausstellung Raum. Schön lassen sich anhand der Actionfiguren die gesellschaftlichen Strömungen nachzeichnen: So wurde in Zeiten des Vietnam-Kriegs und der Anti-Kriegsstimmung aus dem Soldaten G.I. Joe ein Abenteurer. Die „Ninja Turtles“ waren dem europäischen Markt Anfang der 90er-Jahre zu brutal – sie wurden als „Hero-Turtles“ vermarktet. Andere Actionfiguren erschienen überhaupt nicht in Deutschland. Bei manchen Reihen fehlten Waffen.
Anfang der 90er hielt ein neuer Held in den Spielzimmern Einzug: Captain Planet sagte gemeinsam mit Jugendlichen aus allen fünf Kontinenten Umweltsündern den Kampf an. „Zum ersten Mal sollte eine Actionfigur Kindern Umweltbewusstsein vermitteln“, sagt Gröwig. „Dass alle Figuren aus Plastik hergestellt wurden, ist mit Blick auf die Aussage der Serie allerdings verwunderlich.“
Knapp die Hälfte der Actionfiguren haben Sammler für die Dauer der Ausstellung zur Verfügung gestellt. Die andere Hälfte steuert die im Museum beheimatete Sammlung der Stiftung Lore und Wolfgang Hoffmann für Spielzeug- und Kindheitsforschung bei. Aus diesem Fundus stammen auch viele Ausstellungsstücke im Spielzeugmuseum.
Die Stiftung hat zudem das Begleitbuch zur Ausstellung finanziell unterstützt. Das Werk dokumentiert nicht nur die Ausstellung in der Dorenburg, sondern ist die wohl umfassendste Aufsatzsammlung zu Actionfiguren im deutschen Sprachraum. Auf 84 Seiten sind die wichtigsten Ergebnisse der wissenschaftlichen Studien zusammengefasst. Fotografien von Manuel Braun geben einen Überblick über die Vielfalt der Exponate.
www.niederrheinisches-freilichtmuseum.de
www.viel-mehr-als-plastik.de
www.facebook.com/NiederrheinischesFreilichtmuseum
Ausstellungseröffnung:
Die stellvertretende Landrätin Luise Fruhen eröffnet am Sonntag, 2. Juni, um 11 Uhr.
Actionfiguren sind meist aus Kunststoff hergestellte Spielzeug- und Sammelfiguren in einer Größe von 15 bis 30 Zentimetern. Sie haben Gelenke, so dass Arme, Beine und Kopf bewegt werden können. Actionfiguren wurden vor allem vermarktet mit Comics oder Zeichentrickserien, später mit Computerspielen. Bekannte Reihen sind Transformers oder M.A.S.K..
Superlative:
Actionfiguren
Kreis-Kulturdezernent Dr. Andreas Coenen (r.) und Museumspädagoge Kevin Gröwig im 80er-Jahre-Spielzimmer. Die Ausstellung in der Dorenburg zeigt nicht nur die Spielzeuge, sondern auch Stofftiere, Bettwäsche und Schreibwaren rund um das Thema Actionfiguren.
Foto: Benedikt Giesbers / Abdruck honorarfrei
Actionfiguren
Bekannte Helden und Schurken als Actionfigur (v.l.): Darth Vader (Star Wars), Raphael (Hero Turtles), Optimus Prime (Transformers) und
He-Man (Masters of the Universe) sind die Stars der Ausstellung "Actionfiguren und ihre Geschichte(n)" im Niederrheinischen Freilichtmuseum des Kreises Viersen.
Foto: Benedikt Giesbers
Herausgeber:
Kreis Viersen - Der Landrat
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