(pen) „In Zukunft soll die allgemeine Schule gemeinsames Lernen von allen Kindern und Jugendlichen ermöglichen. Die Eltern von Kindern mit Beeinträchtigungen haben das Recht zu wählen, ob ihr Kind eine Förderschule oder eine allgemeine Schule besuchen soll.“ Gisela Lücke-Deckert vom Ministerium für Schule und Weiterbildung machte diesen - so wörtlich - „Paradigmenwechsel“ in der Schulpolitik gleich zu Beginn ihres Referates deutlich. Ihre Zuhörer, 150 Vertreter von Schulen und Kommunalverwaltungen informierten sich auf Einladung des Regionalen Bildungsbüros des Ennepe-Ruhr-Kreises über die Neuerungen des kürzlich vom Landtag beschlossenen Inklusionsgesetzes.
Lücke-Deckert stellte auch klar: „Die Wahl haben ab dem kommenden Schuljahr auch Schülerinnen und Schüler, die in die Klasse 5 wechseln. Dabei haben die Eltern das Recht eine bestimmte Schulform zu wählen, sie haben allerdings keinen Anspruch auf eine bestimmte Schule.“
Im Schulzentrum in Gevelsberg drehten sich viele Gespräche um die Fragen, was das Mitte Oktober vom Landtag beschlossene Gesetz zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention für den Auf- und Ausbau eines inklusiven Schulsystems im Ennepe-Ruhr-Kreis bedeutet, wie die Rahmenbedingungen im Einzelnen aussehen und ob es schon erste Aussagen dazu gibt, wie die Ausbildungsordnung „sonderpädagogische Förderung“ novelliert werden soll. Ebenfalls diskutiert wurde darüber, wie die Ressourcen für Sonderpädagogik zukünftig aussehen und verteilt werden. Antworten lieferten neben Lücke-Deckert die Schulräte Vera König und Joachim Niewel sowie Christoph Dicke, der Inklusionskoordinator für den Ennepe-Ruhr-Kreis.
Deutlich wurde im Rahmen der Veranstaltung: Um ein vielfältiges, inklusives und umfassendes Angebot zu ermöglichen, sollen sich Städte und Kreise als Schulträger austauschen und die Einrichtung von Standorten für „Gemeinsames Lernen“ abstimmen. Um diesen Prozess zu begleiten, führt das Schulamt mit den Vertretern der Schulträger, den Sprechern der Schulformen und anderen Beteiligten Regionalkonferenzen durch, in denen diese Entscheidungen bis zum Februar, dem Stichtag für die Anmeldungen, getroffen werden sollen. „Damit verfügen wir dann auch über die Informationen, die wir brauchen, um die Orte, an denen Kinder mit und ohne Beeinträchtigung gemeinsam lernen wollen, mit sonderpädagogisch geschultem Personal zu versorgen“, machte König deutlich.
Stichwort UN-Konvention
Seit März 2009 ist die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Kraft getreten. Zielsetzung der Konvention ist es, die volle und gleichberechtigte Ausübung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten. Sie verpflichtet alle Staaten zu einem inklusiven Schulsystem und fordert für Kinder mit Behinderungen den diskriminierungsfreien Zugang zu einem hochwertigen, inklusiven Bildungssystem. Die Zuständigkeit für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Schulbereich fällt in der innerstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik in die Hoheit der Länder.
Im nordrhein-westfälischen Gesetz heißt es dazu unter anderem: „Die Schule fördert die vorurteilsfreie Begegnung von Menschen mit und ohne Behinderung. In der Schule werden sie in der Regel gemeinsam unterrichtet und erzogen (inklusive Bildung). Schülerinnen und Schüler, die auf sonderpädagogische Unterstützung angewiesen sind, werden nach ihrem individuellen Bedarf besonders gefördert, um ihnen ein möglichst hohes Maß an schulischer und beruflicher Eingliederung, gesellschaftlicher Teilhabe und selbstständiger Lebensgestaltung zu ermöglichen.“