(pen) „Als Ärzte erleben wir täglich, wie viele Berufstätige pflegebedürftige Angehörige versorgen. Dies bedeutet für diese Menschen eine erhebliche Mehrbelastung. Wir möchten unseren Mitarbeitern in diesen Situationen helfen, ihnen signalisieren, dass wir ein offenes Ohr für sie haben und bereit sind, gemeinsam nach flexiblen Lösungen zu suchen:“ Auch wenn es in der Gemeinschaftspraxis von Dr. Sebastian Volkmann und Dr. Jörg Woeste in Wetter aktuell keinen Beschäftigten gibt, der Angehörige pflegt, möchten die beiden durch das Mitmachen bei der vom Netzwerk W(iedereinstieg) Ennepe-Ruhr initiierten Kampagne „Pflege und Beruf“ ein Zeichen setzen.
Als Unterstützer der kreisweiten Kampagne „Pflege und Beruf“ dokumentieren sie ab sofort nach außen. „Wir möchten einen Beitrag leisten, um das Bewusstsein für die Bedürfnisse pflegender Angehöriger zu steigern, sie zum Thema in Betrieb und Öffentlichkeit zu machen. Fakt ist nämlich immer noch: Während es quasi selbstverständlich ist, andere an der Geburt eines Kindes Anteil haben zu lassen, hängt es am Arbeitsplatz kaum jemand an die große Glocke, wenn der Alltag plötzlich Kopf steht, weil Eltern oder Angehörige nicht mehr allein zurechtkommen“, machen Volkmann und Woeste deutlich. „Seit der Unterzeichnung der Teilnahmeerklärung haben wir das Thema wiederholt im Team angesprochen. Unser Mitarbeiter sollen erst gar nicht das Gefühl haben, mehrfach belastet zu sein und allein gelassen zu werden.“
Alle Unterstützer der Kampagne, neben der Gemeinschaftspraxis aus Wetter sind es kreisweit inzwischen 15, sind sich einig: Nur diejenigen, die sich den mit dem demografischen Wandel verbundenen Herausforderungen stellen, werden zukünftig Chancen haben, gute Mitarbeiter zu finden und zu halten. „Häusliche Pflege von Angehörigen ist hier ein ganz wichtiger Aspekt“, weiß Christa Beermann, Demografiebeauftragte des Ennepe-Ruhr-Kreises. Sie verweist auf folgende Fakten, die eine bundesweite Studie geliefert hat: Pflegebedürftige Angehörige werden in zwei von drei Fällen in der Familie betreut, dies wird vor allem von Frauen geleistet und aktuell liegt der Anteil der Frauen, die zu Hause pflegen und auswärts arbeiten bei 42 Prozent. 73 Prozent der Frauen, die versuchen, beide Aufgaben unter einen Hut zu bringen, treffen bei ihren Arbeitgebern zwar auf Verständnis. Über die Hälfte findet es aber dennoch schwierig, die Herausforderungen an Arbeitsplatz und Pflegebett miteinander zu vereinbaren, reduziert die Arbeitszeit und muss mit der Doppelbelastung fertig werden.
Zahlen aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis unterstreichen: Diese Erkenntnisse gelten auch vor Ort. Bereits heute werden zwischen Ennepetal und Hattingen, Herdecke und Schwelm mehr als 7.000 Menschen zuhause gepflegt, jede zehnte Beschäftigte kümmert sich um Angehörige. Tendenz steigend.
Stichwort „Kampagne Pflege und Beruf“
Auf Postkarten und Plakaten auch im Internet unter www.arbeiten-pflegen-leben.de demonstrieren nicht nur Unternehmen ihre Unterstützung für pflegende Beschäftigte. Tenor: „Sie pflegen? Wir unterstützen sie“. Mit der Aussage „Ich pflege meine Mutter“ wollen Pflegende anderen Pflegenden Mut machen und dazu beitragen, die Öffentlichkeit für das Thema und die Belastungen der Betroffenen zu sensibilisieren. Initiiert wurde die Kampagne vom Netzwerk W(iedereinstieg) Ennepe-Ruhr. Um für das Anliegen zu werben fanden in den letzten Monaten auch zahlreiche Informationsveranstaltungen statt. Zielgruppe waren unter anderen Verwaltungen und Unternehmen.
Unternehmen, die die Kampagne unterstützen, im Überblick
AVU Gevelsberg, hwg Hattingen, HAZ Arbeit + Zukunft/Hattingen, VHS Witten/Wetter/Herdecke, IG Metall Bildungszentrum Sprockhövel, SIHK zu Hagen, biw Isolierstoffe/Ennepetal, DRK Witten, Stadt Gevelsberg, AHE Entsorgungsfachbetrieb/Wetter, Sparkassen Ennepetal-Breckerfeld, Zentrum für individuelle Prävention/Wetter
Stichwort Netzwerk W(iedereinstieg) Ennepe-Ruhr
Das Netzwerk ist eine Initiative regionaler Akteure. Es engagiert sich für den Wiedereinstieg von Frauen ins Erwerbsleben und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, insbesondere auch um die Vereinbarkeit von Beruf und Angehörigenpflege. Das Netzwerk wird koordiniert von der Demografiebeauftragten des Ennepe-Ruhr-Kreises, Christa Beermann, Tel.: 02336/93 22 23, Email: C.Beermann@en-kreis.de.