Zurück im Leben

Die Gartensaison läuft auf Hochtouren. Am Alster Kirchweg in Bracht ist jede Menge zu tun im Gewächshaus, den Beeten und am Biotop. Allerdings: Die 5400 Quadratmeter große Anlage der Jugendwerkstatt an den Brachter Sportplätzen ist keine gewöhnliche Gärtnerei. „Wir stehen nicht in Konkurrenz zum Gartenbau der Region, sondern bieten Jugendlichen ohne Job eine Perspektive“, sagt Vera Böhmer, Gartenbautechnikerin der Einrichtung in Trägerschaft des Kreises Viersen.

Einer dieser arbeitslosen Erwachsenen ist Christian Fincken. Der 20-Jährige aus Breyell besucht die Einrichtung seit Februar 2013. „Jetzt bin ich auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz im Gartenbau“, sagt er. In den 15 Monaten in Brüggen hat der Gesamtschulabsolvent (10B) viel mehr gelernt als allein die handwerklichen Grundkenntnisse, Bezeichnungen von Pflanzen und Erstellen von Tagesberichten: Selbstbewusstsein, Sozialkontakte pflegen und Verantwortung für sich selbst, die Arbeit und die Pflanzen zu übernehmen sind wichtigere Lernziele.

„Unser Teilnehmer haben die unterschiedlichsten Lebensläufe“, sagt Gartenbautechnikerin Vera Böhmer. „Sie trauen sich wenig zu, finden nach der Schule keine Ausbildung.“ Pünktlich zur Arbeit kommen, Aufträge annehmen und umsetzen sowie gemeinsam Mittagspause halten – das sind wichtige Lernfortschritte. Die Pflege der Pflanzen, Gehölze und Anlage ist da nur Mittel zum Zweck. Die Jugendwerkstatt bereitet fürs Leben vor – nicht für einen bestimmten Beruf.

Benjamin (19) aus Waldniel zieht es beispielsweise in die Elektronik-Branche. Er hat ein Händchen, technische Geräte zu reparieren. Nachdem der Schüler vom Gymnasium St. Wolfhelm abgegangen war, verbrachte er Monate zu Hause – ohne Aufgabe. Jetzt ist Benjamin seit rund fünf Monaten in der Jugendwerkstatt untergebracht und entwickelt Selbstbewusstsein, weil sowohl die Arbeit an den Geräten wie auch die Theorie funktioniert.

Bei Leonardo (19) aus Amern und Christoph (23) aus Grefrath sieht es ähnlich aus: Nach der Schule gab es kaum Struktur im Leben. Durch die Arbeit im Garten entwickeln sie nach und nach Verantwortungsbewusstsein für die Pflanzen, die Anlage und die Einrichtung. Fachabiturient Christoph überlegt derzeit, ob er eine Ausbildung oder ein Studium beginnen möchte.

Ebenfalls kurz davor, die Jugendwerkstatt zu verlassen, steht Ekaterina. Die 18-Jährige aus Vorst strebt nach Drogen- und Gewalt-Vergangenheit nun eine eigene Wohnung, einen Job und eine selbstständiges Leben an. „Wenn dies gelingt, ist es der schönste Lohn für unsere Arbeit“, sagt Vera Böhmer.

Wer sich ein Bild von der gepflegten Anlage machen möchte: Am Freitag, den 27. Juni von 12  bis 18 Uhr, sowie Samstag, den 28. Juni von 10 bis 16 Uhr, ist Tag der offenen Tür in der Gärtnerei der Jugendwerkstatt, Alster Kirchweg. Die Besucher können sich mit Stauden zu kleinen Preisen eindecken.

Wer darüber hinaus mit Praktikumsplätzen oder einer Ausbildung im Gartenbau für Christian

Fincken weiterhelfen möchte, kann sich unter Telefon 02157/1249932 oder E-Mail

vera.boehmer@kreis-viersen.de melden.

www.kreis-viersen.de/jugendwerkstatt